Jazzbob
Jazzbobs Blog
vor 5 Jahren - 21.11.2018
14 49

Impressionen aus einem Parfum-Workshop

Zu meinem letzten Geburtstag hat mir meine Freundin einen Gutschein für die Teilnahme bei einem Parfum-Workshop geschenkt, den ich kurz vor Ostern einlösen konnte. Einige von euch werden sicherlich Ähnliches schon selber erlebt haben, aber für diejenigen, die es interessiert, möchte ich kurz meine Erfahrungen wiedergeben.

Der Workshop begann damit, dass jeder der circa zehn Teilnehmer über 60 nummerierte Duftnoten und Akkorde riechen, bewerten und gegebenenfalls Notizen dazu machen sollte. Das Gute hieran: Vorher wurden die Namen der Duftnoten nicht preisgegeben, sodass man sich einzig und allein auf seinen Geruchssinn verlassen musste. Viele Noten habe ich dabei wiedererkannt (Hesperiden, Lavendel, Minze, Galbanum, Ambra, Aqua-Akkord, Sandelholz, Leder, …), aber bei manchen wusste ich nicht genau, was es war. So roch Wacholder für mich interessanterweise nach Sauna (Menthol-frisch-ätherisch-harzig) und dunkler als erwartet – weniger wie die Gewürzbeeren. Einige waren nicht zu benennen (v.a. Florales – Rose z.B. eher weniger wie ich sie kenne; Vetiver wirkte viel dunkler). Noten wie Oud, Labdanum, Weihrauch usw. fehlten leider. (Generell ist anzumerken, dass es sich ausschließlich um synthetische Duftstoffe handelte, die von einem der großen internationalen Produzenten bezogen wurden.)

Anschließend wurde von den beiden Damen ein Vortrag gehalten, der für die meisten gut informierten Parfumas und Parfumos weniger interessant sein dürfte, denn hierbei wurde jeweils ein wenig von der Parfum-Geschichte, -Produktion und von den großen Herstellern erzählt. Danach ging es darum, endlich sein eigenes Parfum zu kreieren. Zunächst sollten dafür, der Einfachheit halber, 100 Tropfen aufgeteilt werden auf die verschiedenen Duftnoten, die man sich herausgesucht hatte. Einige der Teilnehmer brauchten diesbezüglich Hilfe, um herauszufinden, was zusammen passen könnte; für mich war das natürlich nicht so schwer vorzustellen – zumal ich keine Experimente wagen wollte, sondern erstmal das zu kombinieren versuchte, was mir gut gefällt und was bekannterweise harmoniert. Nicht so simpel war es, die richtige Dosis zu finden – wohl deshalb und auch, um eventuell weitere Noten und Akkorde beizumischen, sollten es erst einmal nur 100 Tropfen sein. Von Bergamotte benötigt man beispielsweise schon eine ganze Menge, damit sie deutlich in der Kopfnote herausragt. Mit Amber habe ich mich eher vertan, denn ein wenig Mazeration findet auch bei einer rein synthetischen Mixtur statt, sodass die süßlich-vanillige Facette desselben in meiner Kreation etwas zu kräftig ist. Da mir der Duft insgesamt etwas zu dünn wirkte, empfahl mir eine der beiden Damen den Baumwolle-Akkord hinzuzufügen, was letztendlich passte, aber vielleicht überdeckt dieser dann doch zu sehr andere Noten. Nachdem also die Endmenge erreicht worden war, wurde entsprechend Alkohol aufgefüllt.

Die genauen Mengenverhältnisse weiß ich nicht mehr, aber die Duftnoten/-Akkorde:


KOPF: jede Menge Bergamotte


HERZ: Gras (kein geschnittenes, eher grün-transparent), sehr wenig Lavendel


BASIS: relativ viel Amber (weniger dunkel, eher vanillig), Zeder (kein Bleistift, eher sanft-trocken-holzig), etwas Patchouli (dunkel-holzig, dezent erdig – keine modrige Variante)


AKKORDE: Aqua (nicht salzig, einfach frisch), Baumwolle (sauberer Moschus-Akkord)


Das Endergebnis würde ich kurz folgendermaßen beschreiben:

Es beginnt mit leicht fruchtiger Bergamotte, aber auch die frischeren Noten/Akkorde sind recht dominant, sodass die Kopfnote etwas weniger zitrisch duftet. Mit der Zeit sind die eher trockenen Hölzer wahrzunehmen, aber nicht so stark vordergründig, da sich die süßliche Seite des Ambers dazu gesellt. Die Gras-Note ist hintergründig vorhanden, eine aquatische Seite hingegen überhaupt nicht. Insgesamt wirkt der Duft eher sauber, grün, holzig und leicht vanillig. Keine Offenbarung, aber wirklich Ähnliches kenne ich bisher nicht.

Dafür, dass der kreative Prozess hier kurz und knapp ausfiel und sich keineswegs mit dem eines echten Parfumeurs und dessen Fülle an Ressourcen und Wissen vergleichen lässt, bin ich mit dem Ergebnis relativ zufrieden. Man merkt allerdings, dass zu den einfachen Duftbausteinen noch weitere Chemikalien nötig sind – beispielsweise als Fixative, um für mehr Transparenz zu sorgen oder eine wirkliche Duftentwicklung zu ermöglichen. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht und währenddessen und hinterher habe ich mich noch angenehm mit einem anderen Teilnehmer unterhalten und ihm logischerweise Parfumo empfohlen.

14 Antworten

Weitere Artikel von Jazzbob