Jazzbob
Jazzbobs Blog
vor 4 Jahren - 30.01.2020
47 51

Ein Parfumeur und das Internet

Aaron Terence Hughes ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr einem das Internet nutzen und gleichzeitig den Beleidigungen und Unterstellungen anderer Menschen aussetzen kann. Über den britischen YouTuber FRAG-MENTAL ist er schnell bekannt geworden und hat später sogar seinen eigenen Kanal gestartet, wo er verschiedene Düfte (eher ad hoc) beschreibt/bewertet und seine eigenen Kreationen vorstellt. Das triggert natürlich Diejenigen, die mit seiner Meinung nicht einverstanden sind, einerseits, und lässt gewisse Erwartungen aufkommen, andererseits.

Ich habe hier nun vier seiner Parfums (Santal Extreme, Cedarwood & Bergamot, Blood Orange und Slut) und muss sagen, dass sie nicht so betont anders und innovativ wirken, wie ich vielleicht vorher dachte, aber trotzdem finde ich, dass sich ein hoher Anteil an natürlichen Duftstoffen durchaus wahrnehmen lässt. Sie erscheinen mir als nicht so glatt poliert, wie viele (vor allem) Designer-Düfte und ich denke, dass das auch so gewollt ist. Ein gewisses handwerkliches Können steckt in jedem Fall dahinter. Doch darum soll es hier eigentlich nicht gehen.

Was mich vielmehr beschäftigt, ist der Umgang mit Personen wie ATH im Internet. Er ist weder Politiker, noch irgendeine besonders streitbare Person der Öffentlichkeit und trotzdem scheint es viele Menschen zu geben, die ihm ihre Abneigung deutlich zeigen müssen. Diese richtet sich gegen seine Homosexualität, gegen seine äußere Erscheinung – die Eingriffe durch Botox und plastische Chirurgie sind offensichtlich – und gegen seine Art, offen zu sagen, was er denkt. Auf Fragrantica wird er auch als Betrüger bezeichnet – ohne Belege. Sicherlich ist es etwas unkonventionell, dass er zuhause Parfums mischt und abfüllt, aber das ist wohl bei einigen Indie-Marken der Fall. Man kann bei ihm zur Zeit nur wöchentlich ab Samstagmorgen bestellen, bis Alles ausverkauft ist, und der Versand scheint auch nicht bei jedem Kunden reibungslos zu verlaufen, aber sein Unternehmen ist noch jung und er wohl auf dem Gebiet unerfahren.

ATH selbst hat mehrfach lang und ausführlich auf seinem YouTube-Kanal erklärt, dass er unter Angststörungen leide und deshalb sehr aufpassen müsse, wie viel er sich zumutet. Er blockt deswegen auch sehr schnell Personen, die ihm nicht behagen.

Für mich ist das ein mahnendes Beispiel dafür, wie wenig Empathie und Gelassenheit bei einigen Menschen vorhanden sind. Wenn selbst bei so einer eigentlich total unbedeutenden Sache wie Parfums dermaßen viele Feindseligkeiten ausgetauscht werden, macht man sich schon Sorgen. Durch die Anonymität des Internets kann auch der kleinste Wicht zum Troll werden und sich stark fühlen. In solchen Fällen hilft es nur, sich nicht von diesem Umgangston anstecken zu lassen und sich weiterhin um eine sachliche Diskussion zu bemühen. Ich denke jedenfalls, dass ATH ein interessanter, authentisch und sympathisch wirkender Gesprächspartner ist.

47 Antworten

Weitere Artikel von Jazzbob