Global Art of Perfumery - Messe-Rundgang 2012

Was für ein Wochenende! Die GAoP ist vorbei – Zeit für einen kleinen Bericht. Dankenswerterweise haben es die Kollegen übernommen, offizielle Parfumo Interview-Termine mit den Parfumeuren und Markenvertretern zu machen. So konnte ich mich etwas treiben lassen und das Ambiente genießen. Es ist immer wieder toll, sich aus erster Hand informieren zu lassen. Alle sind hilfsbereit und geben sich viel Mühe.

So bin ich denn als Parfumo-Biene von Blüte zu Blüte geflogen und habe überall Informationen für euch aufgesogen. Hier meine Übersicht:

Micallef

Diese wunderbare Marke aus Grasse ist mittlerweile Stammgast auf der GaoP. Ihre oft überreich mit Svarovski-Kristallen verzierten Flakons sind immer ein willkommener Anblick. Zur Messe präsentierte Micallef eine interessante Kollektion von Vanille-Düften, mit denen sie offenbar Guerlain ein wenig Konkurrenz machen wollen.

Ihr neuer Damenduft “Ylang in Gold” hingegen gewann den zweiten Preis beim Prix de Parfum Artistique. Pazuzu hat Parfumo ja in der Jury würdig vertreten (Schreib mal was!). Ylang in Gold besitzt ein nettes Gimmick. Die zunächst goldene Füssigkeit wird beim Schütteln des Flakons milchig-weiß!

Änderungen gibt es im Sortiment: G.Nejman ist als eigenständige Marke aufgegeben worden, und die Düfte sind nun in den bekannten runden Micallef Glasflakons erhältlich. Diese waren bislang vielleicht kein Highlight unter den ansonsten sehr künstlerisch gestalteten Flakons. Nunmehr hat man sie überarbeitet, sie sind richtig schick geworde. Den “Emir” fasst man jetzt auch gerne an!

Vielleicht lohnt es, nach Schnäppchen Ausschau zu halten. Aoud Man, Aoud Gourmet und natürlich die G.Nejman Düfte in den alten Verpackungen könnten eventuell hier und da preiswert abverkauft werden.

Jovoy

Ein radikaler Wechsel: das komplette Sortiment wurde eingestellt; dafür gibt es jetzt eine ganz neue Serie. Jovoy hat sich von den kugelförmigen Flakons verabschiedet, das neue Design ist geschwungen rechteckig. Das wirkt weniger feminin, sodass zukünftig Herren sicher nicht mehr abgeschreckt werden.

Jovoy hat den ersten Preis gemacht mit “L'Enfant Terrible”. Meine Aufmerksamkeit richtete sich allerdings auf zwei andere düfte der Serie. Das Feigenblattparfum “L'Arbre de la Connaissance“ ist einen genaueren Blick wert. Es scheint zusätzlich fruchtige und sehr saftig wirkende Anklänge zu haben. Dem Papierstreifen nach zu urteilen wird hier wohl eine neue Facette von Feigenblatt-Duft gezeigt.

Sehr interessant ist “La Liturgie des Heures“, inspiriert von einem belgischen Kloster. Ich weiß ja, dass ausgesprochene Weihrauchparfums viele Parfumo-User aufhorchen lassen. Dieses hier scheint nach erstem Eindruck ein feinerer zu sein als etwa Montale's Full Incense.

Parfumerie Générale

Schade, Pierre Guillaume war diesmal nicht persönlich da, und es wurden nur einige Düfte präsentiert. Erwähnenswert ist “Corps et Ames”. Dieser Duft wurde für 2012 komplett neu aufgesetzt, es ist ein gänzlich anderes Parfum als vorher: ein schöner Zitrusduft mit durchaus wahrnehmbarer Tiefe. Wie man hört, soll er “Yuzu ab Irato” ersetzen. Na ja, ich freuemich, dass vom Yuzu eine große Flasche in meinem Schrank steht.

Farmacia SS. Annunziata

Gute Nachrichten aus Florenz: Bei dieser traditionsreiche Marke hat man sich nun doch dazu durchgerungen, die produzierten Düfte tatsächlich auch verkaufen zu wollen. Endlich sind Vertriebsaktivitäten in Deutschland spürbar, und AusLiebezumDuft hat sie bereits im Sortiment.

Lubin

Längeres Gespräch mit dem sympathische Inhaber Gilles Thevenin: Er präsentierte u.a. “Idole de Lubin” und das neue weibliche Pendant “Idole de Lubin (Eau de Parfum)“ .

Die IFRA macht mal wieder Ärger. Das schöne „L'Eau Neuve“ enthält jede Menge Eichenmoos (Evernia Prunastri). Er wird seinen Bestand noch abverkaufen, kann aber nicht mehr nachproduzieren. Zur Zeit bemüht man sich beiLubin händeringend um eine gleichwertige Reformulierung – doch bisher ohne Erfolg. Gerade das Eichenmoos, so Thevenin, sei für die Eleganz von L'Eau Neuve verantwortlich. Schnell nachkaufen!

Und außerdem: Angeblich plane die IFRA das Verbot natürlicher Rosenessenzen zugunsten der synthetischen Ersatzstoffe. Angesichts der Personenidentität der IFRA mit dem Management der bekannten großen Dufthersteller ist wohl weiterhin Lobbypolitik unter dem Deckmantel der Gesundheitsvorsorge zu befürchten. Höchste Zeit, gegen diesen Filz aufzustehen.

Von den Parfümeuren und den unabhängigen Parfummarken ist jedoch wenig zu erhoffen – die haben derzeit soweit ich weiß nicht mal einen eigenen Verband

Officina delle Essenze

Diese Marke aus Rom war durch Maurizio Lembo bestens vertreten. Der Parfümeur präsentierte die “Puro”-Linie. Diese blitzsauberen und geradlinigen Düfte sind fokussiert auf jeweils einen Duftstoff. Solcherart Purismus liegt derzeit ja im Trend!

Montana

Totgesagte leben länger, und so gibt es auch von Montana Neues. Ihr Herrenduft “Graphite” ist das genaue Gegenteil des früheren Powerhouse-Stils. Graphite scheint sehr geradlinig einen dunklen und trockenen Akkord herauszuarbeiten, ohne viel Zitrone, Kräuter oder Blumen. Noch ein Purist!

Yosh

Sehr puristisch gibt man sich auch bei Yosh, zum Beispiel mit „Sombre Negra“. Der durfte sogar auf meine Haut. Das war richtig rauchig und erinnertemich sehr an Zigaretten. Merkwürdig: nachdem allerorts Rauchverbote herrschen, scheint es nun interessant zu werden, wie ein Raucher zu riechen. Aufbegehren mittels Parfum?

Maître Parfumeur et Gantier

Sehr willkommen war mir der Anblick dieses Standes. Diese hervorragende Marke hat endlich einen engagierten Vertrieb bekommen. Zur Zeit bemüht man sich um weitere Verbreitung. Immerhin konnte AusLiebezumDuft schon gewonnen werden.

Die neueste Veröffentlichung ist “Cuir Fètiche”, ein recht weicher Lederduft für Damen. Der wird seinen Weg machen. Mir kam er wie das feminine Gegenstück des wunderbaren “Parfum d'Habit” vor, und der war ja offenbar eine Antwort auf Guerlains Habit Rouge.Ob somit Cuir Fétiche als eine Art Habit Rouge für Damen gelten darf?

Xerjoff

Ein Höhepunkt der Messe: die Oud Kollektion von Xerjoff wurde von den anwesenden Parfumos regelrecht umlagert. Mein Eindruck: offenbar wurde tatsächlich natürliches Oud-Öl verwendet, zumindest vorwiegend. So lasse ich ausnahmsweise die exorbitanten Preise jenseits der 200 € durchgehen.

Der Ansatz dieser Kollektion scheint traditionell arabisch zu sein, also kein fragwürdiges Herumexperimentieren mit Oud. So oder so ähnlich findet man das auch im Hochpreisbereich der arabischen Marken. Mir schien, jeder einzelne dieser Düfte zitiert eine andere Facette der traditionellen Parfümerie Arabiens.

Jesus del Pozo

Von Jesus del Pozo kommt “Arabian Nights”, der mir bereits auf der Seite der arabischen Parfum-Community aperfume.info aufgefallen war. Arabian Nights ist einer unter vielen Rose-Oud-Kombinationen im Gefolge von Montale, also eigentlich nichts besonderes. Erwähnenswert ist aber der Preis: mit 99 € ein zaghafter Vorstoß in bezahlbare Bereiche.

Steve McQueen

Wer kennt noch diesen Schauspieler? Die Erben wollen seiner gedenken und gleichzeitig ein wenig Geld verdienen. Da erwartet man einen richtigen Macho im Stil eines Aromatic Fougères. Daneben! ”Steve McQueen” ist ein süßer, opulenter Orientale, recht nahe dran an Jaipur Homme EdP oder auch Charriol Gold. Viel Tagetes im Kopf!

Di Ser

Der vielleicht exotischste Stand war der von Di Ser. Die Marke kommt aus Japan, und in ihren Kimonos waren die angereisten Damen, die zum Teil nur wenig Englisch konnten, adrett anzusehen. Di Ser hat sich der Naturparfümerie verschrieben, und die präsentiert man ganz japanisch. Vieles davon hat mit Yuzu zu tun, und die Düfte sind so frisch und leicht wie Sushi. Di Ser such noch einen deutschen Vertrieb, wünschen wir Ihnen Erfolg!

Testa Maura

Naturparfümerie ist auch das Thema von Xavier Torre. Der sympathische Parfümeur lebt auf Korsika am Rande eines Naturschutzgebiets.Dort darf er Kräuter und Pflanzen sammeln, die er selbst zu Essenzen verarbeitet. So sind die Testa Maura Parfums in hohem Maße handgefertigt – mit viel Leidenschaft und Engagement, wie uns Herr Torre zu vermitteln wusste. Sein Lavendelduft “Loriani” durfte auf meine Haut, Kommentar folgt.

Alyssa Ashley

Nicht nur Nische und Hochpreisiges war vertreten. Alyssa Ashley präsentierten einen Damenduft “Ambre Gris”, der zu sehr vernünftigen Preisen erhältlich ist. Ambre Gris ist ein Orientale. Die komplette Komposition vermochte ich nicht sofort zu erfassen, drang mir doch sofort die wohlbekannte Vanillenote in die Nase, die genau so auch in dem angenehmen Alyssa Ashley Duschgel vorhanden ist. Ambre Gris scheint ein Wohlfühl- und Preistipp - zu sein!

Casino Parfum Saxonia

Ein paar Parfumfreunde haben vor nicht allzu langer Zeit diese Ost-Marke erworben, und so ist das DDR-Chefsekretärinnen-Parfum “Casino de luxe Parfum” wieder erhältlich. Das ist ein ordentliches, recht traditionelles Chypre, und keinesfalls nur für Damen tragbar. Zum Ostalgie schnüffeln!

Das wars - bis zum nächsten Jahr!

Apicius für ParfumoBlog

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