Precious
Precious’ Blog
vor 9 Jahren - 16.01.2015
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Manchmal kann man selbst der eigenen Nase nicht trauen...

Als ich Aromatics Elixir Anfang der 70er Jahren in London bei Harrods zum ersten Mal roch, da dachte ich: WAS ist DAS? Ich fand den Duft so grässlich und für meinen Geschmack regelrecht "verkehrt". Er wurde extremst beworben und eben auch als eine Art "Aromatherapie" lanciert. Ich war jung, meine Nase noch unerfahren und kam aus der süß-würzigen Shalimar-Youth Dew-Ecke. So etwas Herbes und "Unterkühltes" war mir noch nie unter meine Nase gekommen. Egal wie oft ich an dem schlichten Flakon roch, der Duft gefiel mir einfach nicht. Nee - den wollte ich nicht für Geld und gute Worte an mir haben.

Einige Jahre später entdeckte ich für mich "Aramis 900", die männliche Version von Aromatics Elixir. Aber das wusste ich damals natürlich noch nicht. Ich hatte ein Pröbchen von meiner Parfumerie erhalten und war erst einmal nur mäßig begeistert. Ich sprühte es im Büro aus Spaß an mich und bekam beinah sofort begeisterte Komplimente für diesen strahlend klaren Herrenduft. Alle mochten ihn auf Anhieb so gern an mir riechen, was natürlich klasse war, und so gab ich ihm eine faire Chance. Vielleicht hatte ich ja ein falsches Bild von mir und ein Chypre passte möglicherweise viel besser zu meiner Person? Lange Rede ... Aramis 900 und ich wurden ein Dreamteam, das jahrelang zusammenhielt. Viele Jahre habe ich ihn mit Freude getragen und auch heute noch in meiner Sammlung. Er war mein Allrounder- und Signature-Duft und ich fühlte mich mit ihm immer richtig angezogen, glücklich und selbstsicher. Später kaufte ich mir auch Aromatics Elixir, der kaum einen Unterschied aufwies, nur noch etwas intensiver war.

Manchmal wundert man sich eben über sich selbst. Ein ähnliches Erlebnis hatte ich mit "Giorgio" von Beverly Hills. An mir ging dieser Mainstream-Wahnsinn glücklicherweise völlig vorbei. In einer amerikanischen "Architectural Digest" rubbelte ich den Teststreifen, lange bevor Giorgio in Deutschland lanciert wurde und dachte bedauerlicherweise sofort an einen WC-Stein, so schrecklich fand ich den Duft. Später trugen ihn die Damen in aller Welt. Ich ließ mich nicht beirren.

Jahre, wirklich Jahre später, "entdeckte" ich diesen Duft neu. Meine Hand griff zu diesem eigenartigen Flakon und sprühte zielstrebig auf meinen Handrücken. Inzwischen war Giorgio in Vergessenheit geraten, kaum jemand wollte ihn noch an sich haben, und ich fand ihn plötzlich ganz wundervoll: So aromatisch, leicht, fröhlich, etwas grün, etwas gelb, etwas weiß, ausgelassen und die sommerlichen gelben und weißen Blockstreifen auf der Verpackung passten perfekt zu ihm. Was war da in der Zwischenzeit nur mit meiner Nase passiert? Sonderbar... Auf jeden Fall kaufte ich mir ein Fläschchen Giorgio und trug den freundlichen Duft mit wahrer Begeisterung. Ich fand ihn auch gar nicht so super stark oder gar aufdringlich. Ein Wummser, wie man hier so sagt, schon, aber herrlich. Was ich damit sagen will?

Man sollte einen Duft nicht vorschnell verurteilen. Giorgio war damals wohl wie das heute so viel getragene und beschimpfte "La Vie est Belle". Ich glaube, dass Lancome da ein echter Coup gelungen ist. In spätestens fünf Jahren wird LVeB ein Klassiker sein. Versprochen. Ein polarisierender Duft ist fast immer auch ein besonderer Duft. Ein Meilenstein in der Parfumeriegeschichte. Okay - die Zeit wird es zeigen.

In jedem Fall bin ich schon für die Liebe auf den ersten Blick, aber man kann auch sehr glücklich werden, wenn man sich etwas länger beschnuppern muss, bevor man sich liebt.

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