Precious
Precious’ Blog
vor 10 Jahren - 06.10.2014
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​Manchmal denke ich, dass das Leben gar nicht ausreicht...

Manchmal denke ich, dass das Leben gar nicht ausreicht, um alle wunderschönen und kostbaren Düfte auszuprobieren. So anerkennenswert wie ich es einerseits finde, wenn man einem einzigen Duft über viele Jahre treu bleibt, so bedauernswert finde ich es gleichfalls, denn dieser treue Duftverwender wird nicht in den Genuss kommen, den wir hier bei Parfumo so lieben, nämlich möglichst viele legendäre oder außergewöhnliche Düfte kennen zu lernen.

Mir ist selbstverständlich klar, dass ich niemals in meinem Leben alle auf dem Markt befindlichen Wohlgerüche ausprobieren kann. Das bedauere ich auch gar nicht. Manchmal irritiert mich zu viel Information und Wissen auch oder es überreizt meine Sinne. Und doch bleibt der Anspruch und die Sehnsucht, die wichtigsten großen Düfte der Duftgeschichte einmal gerochen zu haben. Diesen lustvollen Wunsch hatte ich schon immer. Vor 40 Jahren gab es längst nicht dieses Angebot, das wir heute haben, und es war beinah möglich, alle legendären Duftdiven kennen zu lernen. Ein Herzenswunsch von mir war, alle namhaften Guerlains mal schnuppern zu wollen. Das exotische Nahema hatte es mir neben Shalimar und Chamade sofort sehr angetan. Und auch Jicky u. Vol de Nuit mussten probiert werden. Allein die wohlklingenden französischen Namen waren wie lieblichste Musik in meinen Ohren.

Heute gibt es so viele Shalimar Flanker, dass ich mich nicht mehr auskenne und mir das Ganze auch zu unübersichtlich geworden ist. L'Heure Bleue, Mitsouko, Habit Rouge, Jardins de Bagatelle und einige andere Guerlains wurden von mir intensiv getestet und völlig überzeugt gekauft, bzw. ließ ich sie mir schenken. Ich dachte, nun das Feinste vom Feinen zu besitzen. Düfte von Guerlain zu kennen und zu tragen, war Mitte der 70er Jahre etwas sehr Luxuriöses.

Eines Tages wurde ich von meiner kleinen Parfumerie, in der ich regelmäßig rumschnupperte, zu einem Guerlain-Werbeabend eingeladen. Ich war so begeistert und aufgeregt. Für mich bedeutete dieser unvergessliche Abend kurz vor Weihnachten, unbeschreiblich viel. Es war für mich ein kleines Stück vom Himmel. Ich hatte drei Eintrittskarten für diese Veranstaltung erhalten und zwei liebe Freundinnen begleiteten mich überaus gern. Wir machten uns ganz schick und als wir dort in die Räume eintraten, roch es umwerfend verführerisch. Alle Flakons wurden wundervoll dargeboten und entzückten unsere Augen und Nasen. Die vornehme Darbietung der berühmten Düfte war einfach nur zauberhaft. Genau erinnere ich mich nicht mehr, denn es ist wirklich eine Ewigkeit her, aber wenn ich zurückschaue, dann ist alles in goldenes Licht gehüllt. Ich meine mich zu erinnern, dass viele Kerzen brannten und für eine besonders schöne und festliche Atmosphäre sorgten und dass man, eingehüllt in diese duftgeschwängerte Luft, fast keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Auch die anderen Gäste seufzten leise, verführt von dem herrlichen, warmen Guerlain Duftgemisch. Wir waren alle betört. Solch einen exklusiven Abend sollten wir nie wieder erleben. Vielleicht ist er uns so eindrucksvoll in Erinnerung geblieben, weil wir noch jung waren und nicht so verwöhnt wie heute. Zum Abschied gab es noch kleine Pröbchen und Hochglanz-Broschüren. Dass Guerlain für mich das beste und luxuriöste Parfumhaus der Welt war, stand an diesem Abend außer Frage.

Etwas später entdeckte ich *Parure*, für den ich eigentlich noch viel zu jung und mädchenhaft war. Und dennoch, um mich im Arbeitsleben behaupten zu können, war dies ein sehr geeigneter Duft. Er stärkte mir den Rücken und half mir, ein professionelles Benehmen an den Tag zu legen. Wer Parure trägt, den muss man ernst nehmen, auch wenn er noch sehr jung ist.

Erst in den kommenden Jahren begriff ich, dass es noch einige andere wundervolle und bemerkenswerte Parfumhäuser gab. Ich lernte sie dem Namen nach fast alle kennen. Ich las wissbegierig über COTY, Houbigant und testete Chanel-Düfte. Erfuhr von Caron, zu deren ausgefallenen Kreationen ich nie einen richtigen Zugang bekam, so sehr ich mir das auch wünschte. Dafür lernte ich die intensiven, kraftvollen und ausdrucksstarken Düfte von Estée Lauder kennen und lieben. Für mich waren sie einfach wunderbar und alle so einzigartig im Duft. Es gab in den 70er Jahren nicht solche Unmengen von Parfums. Trug eine Frau *Estée Super*, dann roch und erkannte man das. Da musste man nicht fragen, wonach sie so hinreissend duftete. Duftkenner erkannten die originellen Lauder-Kreationen sofort. Mein Traum war, sie alle kennen zu lernen, und so entschied ich mich für Youth Dew und Cinnabar. Alliage war mir zu grün und kühl, obwohl ich seinen einzigartigen Duft sehr mochte. Würzig-warme-vanillige Düfte sollten meine Favoriten werden und bis heute bleiben. Blumige Parfums wollten auch nicht so recht zu mir passen; auch das ist bis heute so geblieben.

So schnupperte ich mich seit Kindertagen durchs Leben und fand so manches Juwel, das ich noch heute besitze und liebe. Ich fand Chantilly und ich fand Tabu. Eine meiner größten Entdeckungen und damals noch ein Geheimtipp. Ich entdeckte Aromatics Elixir für mich, und es war keine Liebe auf den ersten Blick. Ich musste mich anfangs erst auf ihn einlassen, erhielt allerdings derart viele Komplimente für diesen Chypre, so dass er einige Jahre mein täglicher Begleiter wurde. Auch das alte Halston, das man zunächst nur in USA bekam, war ebenfalls ein feiner Duft, den ich gern trug. Noch heute erinnert mich der etwas sonderbare Flakon an diese Zeiten. Obwohl ich den Duft immer noch gern mag, vollzieht sich nicht mehr dieser Zauber in meinem Kopf... so, als hätte der Duft seine Magie verloren. Er katapultiert mich nicht in die Vergangenheit und schenkt mir nicht das Lebensgefühl dieser Zeit.

Seit vielen Jahren lese ich alles Wissenswerte in den unterschiedlichsten Parfum-Foren über erfolgreiche Mainstream Parfums. Seit fast einem Jahr bin ich Mitglied bei Parfumo und lese auch eine Menge über Nischendüfte. Ich wollte mich dem anfangs entziehen, aber das kann man gar nicht, denn dazu gibt es zu viele gut geschriebene Kommentare, die ich gern lese.

Ob Mainstream oder Nische, für mich ist entscheidend, dass der Duft mir sehr gefallen muss und es eine Freude ist, ihn zu tragen.

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