Precious
Precious’ Blog
vor 10 Jahren - 23.03.2014
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Wenn Düfte uns betören

Wenn ich hier bei Parfumo so schaue, dass von den meisten Usern täglich ein anderer Duft getragen wird, dann finde ich das interessant, erstaunlich und auch bemerkenswert. So bemerkenswert, dass ich dazu etwas schreiben möchte.

Ich liebe Parfums schon seit ich denken kann und ich teste schon seit 40 Jahren so ziemlich jeden Duft, den ich unter meine Nase bekomme. Die, die mir gefallen, kommen in meine Sammlung. Die, die ich über alles liebe, muss ich sicherheitshalber horten, damit ich diesen Duft immer verwenden kann. Das hat sich in der Vergangenheit schon bewährt. Einige meiner gehorteten Düfte gibt es inzwischen nicht mehr und sind heute gesuchte Raritäten. Wenn sich mein Geschmack geändert haben sollte, und ich den Duft nicht mehr so mag, kann ich ihn immer noch verkaufen. Das war vor Ebay nicht möglich.

So freue ich mich zum Beispiel, noch das alte Opium zu besitzen und mich bis an mein Lebensende daran ergötzen zu können. Wie nun das modernisierte Opium duftet, weiß ich nicht und es interessiert mich auch wenig, denn ich möchte nur das Original. Ich habe damals miterlebt, wie Opium auf den Markt kam. Es war eine Sensation! Und es interessierte und betörte fast alle Frauen. Allein sein Name war reine Provokation. Die Werbung mit Jerry Hall, die sich auf orientalischen, luxuriösen Kissen räkelte, war sündig und schön zugleich. Ich verwendete damals mit großer Begeisterung Shalimar und Youth Dew und ich weiß noch genau, wie ich das brandneue Pröbchen "Opium" in den Händen hielt und es zum ersten Mal auf meinem Handrücken ausprobierte. Skeptisch war ich, da ich damals schon nicht für solchen Hype war. Ich entschied selber, mit welchen Düften ich mich parfumieren wollte und ließ es mir schon damals nicht von der Werbung vorschreiben. Ich tröpfelte mir das köstliche Düftchen auf die Hand und roch vorsichtig schnuppernd daran. Und was soll ich sagen? Ich war überhaupt nicht hin und weg. Er gefiel mir zwar, denn es gab durchaus eine Ähnlichkeit zu Youth Dew, aber mein geliebtes Youth Dew erschien mir so viel vertrauter und schöner. Es gab also für mich keinerlei Grund, Yves Saint Laurents Opium zu kaufen. Also blieb ich völlig entspannt. Auch war es super teuer und ich noch sehr jung. Ich hätte es mir ohnehin schenken lassen müssen. So vergaß ich den Duft einfach wieder .

Aber es gab kein Entkommen. Jede Frau, die etwas auf sich hielt, wollte gern Opium tragen und trug ihn auch. An manchen Damen roch er muffig und ungepflegt. Aber bei anderen entfaltete er sich geradezu himmlisch und unwiderstehlich. Zimtig-würzig und so süß, wie eine kostbare, leckere Versuchung, die jedoch nicht gourmandig war. Solche Düfte sollten erst sehr viel später den Markt erorbern. Opium kam zu einer Zeit auf den Markt, als Modeschöpfer sich noch trauten, ausgefallene und ungewöhnliche Düfte zu lancieren. Ich finde, dass Yves Saint Laurent sich mit Opium, Paris und Yvresse ein Denkmal in der Parfumgeschichte gesetzt hat. Opium wurde in Windeseile auf der ganzen Welt berühmt und jede Frau trug ihn, manche auch nur, um "in" zu sein. Das konnte einem den Duft etwas verleiden. Man roch ihn an jeder Ecke und er verlor dadurch seine Exklusivität. Der Ruhm von Opium war vergleichbar mit dem späteren Erfolg von Angel. Beide sind sie Meilensteine in der Parfumeriegeschichte, die viele andere Duftkreationen beeinflusst haben und einen ganzen Trend auslösten. Irgendwann wollte ich diesen schönen Orientalen auch besitzen und so wurde ich zu einer sehr begeisterten, wenn auch etwas späten Anhängerin dieses großartigen Parfums.

Aber ich schweife großzügig ab, es ging ja um den täglichen Wechsel von Parfums. Auch ich liebe die Abwechslung und den Luxus, unter vielen unterschiedlichen Düften jeden Tag wählen zu können. Trotzdem möchte ich nicht täglich einen anderen Duft tragen. Ich glaube, das würde mich verwirren und durcheinander bringen. Einmal, weil der Duft vom Vortag immer noch ein bisschen in meinen Kleidern und Schals hängt und auch, weil ich nicht so schnell umschalten kann. Trage ich einen meiner geliebten Düfte, dann mag ich mich auch einige Tage mit ihm identifizieren und zusammentun wie mit einem guten Freund. Mag mich mehrere Tage an ihm erfreuen. Auf jeden Fall so lange, bis ich wirklich eine Abwechslung wünsche. Ich möchte keinesfalls falsch verstanden werden. Ich liebe es, meine Düfte meiner jeweiligen Stimmung oder Unternehmung anzupassen, aber bei den starken u. unverkennbaren Parfums, die ich gern trage, sind die Düfte nicht so schnell aus der Kleidung oder meinem Haar verschwunden. Und manche Tage trage ich sogar gar kein Parfum, das mag für leidenschaftliche Parfumas nun seltsam klingen, aber es ist so. Ich muss auch mal duftfreie Tage erleben. Ich höre auch nicht jeden Tag Musik. Wenn ich Duft auftrage, dann lasse ich mich auf ihn ein. D.h. er nimmt durchaus meine Aufmerksamkeit in Anspruch. Wenn ich Musik höre, höre ich richtig hin. Auch auf den Text. Ich mag Musik gar nicht mehr im Hintergrund laufen lassen, während ich mich mit Freunden unterhalte. Mein Sprechen erscheint mir dann so hölzern und gar nicht melodisch. Ich komme dann einfach aus dem Takt.

Als ich jung war, wechselte ich kaum meine Parfums. Ich trug täglich den gleichen Duft, mit dem man mich kannte und auch erkannte. So sprühte ich eine ganze Flasche "Halston" leer oder "Aromatics Elixier", auch Aramis 900 trug ich gern im Berufsleben. Man verwendete Düfte damals ungehemmt und reichlich. Für die Zeit war es passend und mir gefiel das sehr. Niemand machte sich Gedanken. Heute sind wir so viel dezenter und rücksichtsvoller geworden, Düfte aufzutragen. Man möchte sich dem anderen Menschen nicht aufzwängen und nimmt sich zurück. Verwendet Parfum nur noch leise. Eine andere Zeit...

Fast immer den gleichen Duft zu verwenden, war auch ein schönes Dufterlebnis. Es gab keine morgendlichen Überlegungen, welchen Duft man zum Outfit tragen möchte und welcher zur Stimmung und Jahreszeit passt. Manchmal sehne ich mich nach dieser Zeit zurück, wo ich nur 3-4 Flakons besaß und einige, feine Pröbchen. Wurde mir ein Eau de Toilette geschenkt, das nicht zu mir passte, verschenkte ich es möglichst umgehend an eine Freundin, der der Duft gefiel. Ebay gab es ja noch nicht. Von manchem Duft trennte ich mich vorschnell, wie ich heute weiß. Nach so vielen Jahren des Schnupperns und Parfumierens, setze ich mich nun auch mit Düften auseinander, die nicht 100 % meine Zustimmung finden oder behalte sie in meiner Sammlung, weil ich sie interessant finde oder mir die Geschichte über sie gefällt. Das sind dann häufig die legendären Klassiker, wobei Chanel No.5 noch nie bei mir einziehen durfte. Wir zwei können nicht so gut miteinander und seit Brad Pitt für Millionen von Dollars irgendwie verloren etwas Hilfloses über diesen Duft schwurbelte, ist der mir nun ganz vergällt. Also der Duft, Brad Pitt noch nicht.

Einen ganz bestimmten Duft würde ich für mein Leben gern noch einmal riechen wollen. Das ist der Duft "Imagination" von Harriet Hubbard Ayer. Ich kaufte ihn Anfang der 70er in Paris. Er war einfach wunderbar. Ein extrem weiblicher, weicher, sahniger Duft. Lieblich und lockend. Ein kostbarer Schatz. Selbst zu seiner Zeit bekam ihn nur ganz schwer nachzukaufen. Wenn ich dann wieder eine neue Flasche über tausend Umwege an Land ziehen konnte, war ich so glücklich. Doch auf einmal war er auch in Paris nicht mehr zu haben. Diesen einmaligen Duft habe ich in großartiger Erinnerung und würde ihn sehr gern nochmal riechen. Es würde mich interessieren, wie ich ihn heute empfinden würde, wo meine Nase seitdem unzählige reizende Düfte gerochen hat. Ich vermute, er würde mir immer noch gefallen. In "Gem" von Van Cleef & Arpels glaube ich, einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben, aber ich kann mich auch täuschen.

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