
Poesie kann ich
Wenn ich einen unbekannten Duft teste, mache ich mir meist eine Notiz meines ersten Gedankens dazu. Der hat selten etwas mit den einzelnen Duftnoten zu tun, häufig mit "Bildern im Kopf" oder auch Assoziationen genannt. Wenn ich die dann später lese, finde ich mich manchmal selbst putzig. Wie macht Ihr das so? Stümperhaft wie ich oder wissenschaftlich akribisch? Letzten Endes entscheidet nur "mag ich" oder "mag ich nicht" in Abstufungen. Wie nähert Ihr Euch einem Parfum?
Hier mal ein paar Auszüge meiner Notizen:
- Ich rieche nichts, gar nichts!
- Riecht wie feine Seife, feine Kernseife
- Warum versuche ich es mit Chanel, warum?
- Begreife es doch endlich, KEIN Chanel
- Gerotzter Tabak mit Salbeibonbons ausser Apotheke
- Gras auf der Gruft, ich rieche keine Blume
- Direkt nach dem Sprühen Mon Cheri, dann Würz. Und warum knallen die Oud mit rein?
- Schublade Eiche rustikal, darin liegen schon länger die feuchten Handschuhe
- 1. Test: Gebohnertes Treppenhaus, in dem mit Zitrus frisch gewischt wurde, Kellertür steht offen, leichter Kellermuff steigt auf
- Der Auftakt ist gruselig. Was immer da noch kommen mag, jetzt will ich nicht mehr. Ganz scharfes Putzmittel und dann Thai-Curry
- Zitronentee, aber der bröckelige. Und sorry, ich sehe als erstes Meister Propper vor mir. Dann rieche ich Bohnerwachs
- Harsches Vetiver
- Noch harscher
"Alkohol mit Plastik. Naja, das ist etwas zu fies. Es duftet schon auch nach Freesie, aber irgendwie dennoch nicht attraktiv."
-"Chypre auf unangenehm altbackene Art. Kann ich mich nicht mit identifizieren.
aber nach 20 Minuten, irgendwie Faszinierend schön retro! Etwas animalisch, wahrscheinlich durch Zibet.
Ich muss meine Wahrnehmung revidieren, denn nach vielleicht einer stundewird der ein TRAUM von Zimt und Zibet"
-"Riecht schon am Zerstäuber zu stark nach Zypresse. Das mag ich nicht. Ist aber nicht soooo fies wie andere.
Eine Feinanalyse der Inhaltsstoffe ist meines Erachtens auch nicht wirklich nötig. Vor 40 Jahren hat sich zum Beispiel niemand um die 'Pyramide' gekümmert, sondern um den Duft (Ein- und Ausdruck)! Die spontanen Impressionen zum Parfum sagen für mich mehr aus!
...zu den Duftbeurteilungen kommen natürlich noch Mantra-ähnliche Sätze wie, "Lass es sein! Du hast genug Tuberosen!" oder "Finger weg! Den hast du doch schon mal weggegeben!"...
Bei mit entstehen, wenn ein Duft mich entweder besonders positiv oder auch besonders negativ beeindruckt, kleine Geschichten vor meinem inneren Auge, die dann zu einem Statement werden. Manchmal folgt dann noch eine Rezension, meist aber nur, wenn der Duft sehr nachdrücklich bei mir ist.
Sehr gut finde ich "Gerotzter Tabak mit Salbeibonbons ausser Apotheke", das hat es hoffentlich in ein Statement geschafft.
Ich mach es übrigens ähnlich.
Bei mir gibts gar keine #kann weg-Box. Was ich nicht so mag, gebe ich meist meiner Freundin zum Testen - die hat einen anderen Duftgeschmack als ich und mag das meistens gerne :-)