15.03.2025 - 15:34 Uhr

Mairuwa
50 Rezensionen

Mairuwa
Sehr hilfreiche Rezension
7
In der Räucherkammer des Ullr
Yeti, Yatagan, Yggdrasil, Yria. Wohlklingende Namen mit Y sind (nicht nur) in der Parfümerie beliebt, lassen sie doch an Exotisches denken, wenn nicht gar an Mythologisches. Die Marke Yves Saint-Laurent hat den Namen des Schöpfers erst zu YSL akronymisiert, bis schließlich nur noch ein Y reichte, um den Mythos heraufzubeschwören. Immer wieder gibt es auch Versuche, den Vetiver zum Vetyver zu veredeln. Allein der Ysop fristet als Duftnote seltsamerweise ein eher unbedeutendes Dasein.
Ydalir. Hier befinden wir uns nun ganz tief in der nordischen Mythologie. „Ýdalir heißt es, wo Ullr hat / Den Saal sich erbaut“ – so steht es in Grímnismâl, dem Lied des Grímnir in der Edda. Ullr war ein Stiefsohn von Thor und Ydalir seine Heimstatt. Der Name leitet sich vom altisländischen Wort für Eibental ab und bezieht sich wohl auf die Bögen aus Eibenholz, die Ullr, als Gott der Jagd, Attribut sind. Klangvoll ist der Name zweifellos.
Mit nordischer Mythologie dagegen hatte ich lange Zeit so meine Probleme. Wahrscheinlich einerseits wegen Wagners allzu arischen Arien und ihrem Pathos, andererseits wegen ihrer anhaltenden Vereinnahmung durch Rechte und Neurechte. Wenn man dann aber mal an die Originalquellen geht, findet man tatsächlich einen recht wohltuenden Humor, der zwar oft düster und etwas derb ist, aber von archaischer Wucht.
Auch „Ydalir“ ist düster und etwas derb und von einer Wucht, für die das Attribut archaisch sicher nicht überzogen ist. Humor allerdings kann man diesem Duft nicht unbedingt attestieren. Da gibt es nichts Gefälliges, nichts Verspieltes, ja nicht einmal Zweideutigkeiten.
Der Duft wird bestimmt von einer überwältigenden, dunklen Rauchigkeit, die nur ganz zu Beginn von frisch ätherisch glänzenden Schlaglichtern von Nadelharzen erhellt wird. Diese leuchten kurz und irisierend auf und lokalisieren die Heimstatt des Ullr ganz treffend in kühlem Waldesdickicht. Doch sowie man sich dem Ort selbst nähert, lässt die zunehmend dominante Rauchnote kaum mehr eine andere Assoziation zu, als ein offenes Holzfeuer. Etwas später wird der Rauch dann zunehmend aromatisch und lässt an Räucherschinken denken, was angesichts der gelisteten Note „geräucherter Wacholderteer“ durchaus plausibel erscheint. Eine Art Nordmänner-Version einer Gourmand-Note also? Vielleicht ist darin noch am ehesten ein Funke von Ironie zu erahnen. In jedem Fall ist der Palast des Ullr ganz eindeutig eine Räucherkammer.
Die Konzentration auf diese authentische Rauchnote macht den Duft über jeden Verdacht des Gefälligen erhaben. Der erklärte Anspruch des Herstellers war es hier auch, einen urtümlichen Duft zu schaffen, und das ist sicher gelungen. Ob es unbedingt nötig war, zum Untermauern dieses Anspruchs darauf hinzuweisen, dass der fossile Amber, der hier auch Verwendung findet, 35 Millionen Jahre alt ist? Diesen Superlativ hätte man sich sicher sparen können, zumal die Amberbasis auch keine ausgeprägte Rolle spielt. Die konsequente Reduktion ist schon bemerkenswert genug und wer einen authentischen Rauchakkord im Flakon sucht, ist hier sicher gut beraten.
Wollte man sich mit solch schlichter Urwüchsigkeit nicht begnügen, sondern kritisch auf klassischen Kriterien für Duftverläufe beharren wollen, so könnte man bemängeln, dass „Ydalir“ seine unterschiedlichen Facetten nicht ganz ausgewogen zum Ausdruck bringt, dass der nadelharzige Kopf zu schnell verflogen ist und die Moos- und Amberbasis nie wirklich greifbar wird. Man könnte zu dem Fazit kommen, dass das Ganze doch eher ein gelungener, aber etwas monothematischer Konzeptduft von einem aromatischen Holzfeuer ist, als tatsächlich ein Parfum. Aber das ist ja auch schon nicht wenig und an sich nicht schlecht. Von der Darreichungsform her handelt es sich bei „Ydalir“ um ein Duftöl aus rein natürlichen Rohstoffen; als Träger wurde Wiesenschaumkrautöl verwendet.
Seit 2009 bringt Sharra Lamoureaux mit ihrem Alkemia Label in geradezu inflationärer Weise Düfte auf den Markt. Parfumo listet derzeit 586 (!) Parfums der Marke, darunter eine ganze Reihe durchaus authentische Naturdüfte und originelle Konzeptdüfte. Viele Kreationen lassen allerdings den Hang ihrer Schöpferin zum Esoterischen erkennen. Begriffe wie „mysterious“, „magic“, „primal“, „ritual“, „ancient“ oder „divination“ sind für die Marketingprosa prägend und es gibt Tipps, welche Düfte zu welchem Tierkreiszeichen passen. Das muss man schon mögen. Ansonsten kann man es aber auch selektiv ausblenden und sich auf den Duft selbst konzentrieren.
Für diejenigen, die beim Riechen gerne auch etwas hören, empfehle ich zur besseren Verdauung den Ritt der Walküren in der Einspielung des Uri Caine Ensembles.
Mit Dank an BeJot.
Ydalir. Hier befinden wir uns nun ganz tief in der nordischen Mythologie. „Ýdalir heißt es, wo Ullr hat / Den Saal sich erbaut“ – so steht es in Grímnismâl, dem Lied des Grímnir in der Edda. Ullr war ein Stiefsohn von Thor und Ydalir seine Heimstatt. Der Name leitet sich vom altisländischen Wort für Eibental ab und bezieht sich wohl auf die Bögen aus Eibenholz, die Ullr, als Gott der Jagd, Attribut sind. Klangvoll ist der Name zweifellos.
Mit nordischer Mythologie dagegen hatte ich lange Zeit so meine Probleme. Wahrscheinlich einerseits wegen Wagners allzu arischen Arien und ihrem Pathos, andererseits wegen ihrer anhaltenden Vereinnahmung durch Rechte und Neurechte. Wenn man dann aber mal an die Originalquellen geht, findet man tatsächlich einen recht wohltuenden Humor, der zwar oft düster und etwas derb ist, aber von archaischer Wucht.
Auch „Ydalir“ ist düster und etwas derb und von einer Wucht, für die das Attribut archaisch sicher nicht überzogen ist. Humor allerdings kann man diesem Duft nicht unbedingt attestieren. Da gibt es nichts Gefälliges, nichts Verspieltes, ja nicht einmal Zweideutigkeiten.
Der Duft wird bestimmt von einer überwältigenden, dunklen Rauchigkeit, die nur ganz zu Beginn von frisch ätherisch glänzenden Schlaglichtern von Nadelharzen erhellt wird. Diese leuchten kurz und irisierend auf und lokalisieren die Heimstatt des Ullr ganz treffend in kühlem Waldesdickicht. Doch sowie man sich dem Ort selbst nähert, lässt die zunehmend dominante Rauchnote kaum mehr eine andere Assoziation zu, als ein offenes Holzfeuer. Etwas später wird der Rauch dann zunehmend aromatisch und lässt an Räucherschinken denken, was angesichts der gelisteten Note „geräucherter Wacholderteer“ durchaus plausibel erscheint. Eine Art Nordmänner-Version einer Gourmand-Note also? Vielleicht ist darin noch am ehesten ein Funke von Ironie zu erahnen. In jedem Fall ist der Palast des Ullr ganz eindeutig eine Räucherkammer.
Die Konzentration auf diese authentische Rauchnote macht den Duft über jeden Verdacht des Gefälligen erhaben. Der erklärte Anspruch des Herstellers war es hier auch, einen urtümlichen Duft zu schaffen, und das ist sicher gelungen. Ob es unbedingt nötig war, zum Untermauern dieses Anspruchs darauf hinzuweisen, dass der fossile Amber, der hier auch Verwendung findet, 35 Millionen Jahre alt ist? Diesen Superlativ hätte man sich sicher sparen können, zumal die Amberbasis auch keine ausgeprägte Rolle spielt. Die konsequente Reduktion ist schon bemerkenswert genug und wer einen authentischen Rauchakkord im Flakon sucht, ist hier sicher gut beraten.
Wollte man sich mit solch schlichter Urwüchsigkeit nicht begnügen, sondern kritisch auf klassischen Kriterien für Duftverläufe beharren wollen, so könnte man bemängeln, dass „Ydalir“ seine unterschiedlichen Facetten nicht ganz ausgewogen zum Ausdruck bringt, dass der nadelharzige Kopf zu schnell verflogen ist und die Moos- und Amberbasis nie wirklich greifbar wird. Man könnte zu dem Fazit kommen, dass das Ganze doch eher ein gelungener, aber etwas monothematischer Konzeptduft von einem aromatischen Holzfeuer ist, als tatsächlich ein Parfum. Aber das ist ja auch schon nicht wenig und an sich nicht schlecht. Von der Darreichungsform her handelt es sich bei „Ydalir“ um ein Duftöl aus rein natürlichen Rohstoffen; als Träger wurde Wiesenschaumkrautöl verwendet.
Seit 2009 bringt Sharra Lamoureaux mit ihrem Alkemia Label in geradezu inflationärer Weise Düfte auf den Markt. Parfumo listet derzeit 586 (!) Parfums der Marke, darunter eine ganze Reihe durchaus authentische Naturdüfte und originelle Konzeptdüfte. Viele Kreationen lassen allerdings den Hang ihrer Schöpferin zum Esoterischen erkennen. Begriffe wie „mysterious“, „magic“, „primal“, „ritual“, „ancient“ oder „divination“ sind für die Marketingprosa prägend und es gibt Tipps, welche Düfte zu welchem Tierkreiszeichen passen. Das muss man schon mögen. Ansonsten kann man es aber auch selektiv ausblenden und sich auf den Duft selbst konzentrieren.
Für diejenigen, die beim Riechen gerne auch etwas hören, empfehle ich zur besseren Verdauung den Ritt der Walküren in der Einspielung des Uri Caine Ensembles.
Mit Dank an BeJot.
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