21.05.2014 - 10:51 Uhr
Alan
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Alan
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Heute bin ich eine herausgeputzte Köchin
Jede Generation wächst mit bestimmten Gerüchen auf und entwickelt dazu auch bestimmte Assoziationen. Ähnlich wie unsere Sprachmuster und Dialekte von unserer Herkunft und unserem Alter geprägt werden, unterliegen auch unsere Duftassoziationen gewissen Prägungen. Lässt uns Nelkenöl an den Zahnarzt denken? Flieder an Raumspray? AXE-Schwaden an Horden pubertierender Teenager? Zitronenduft an Putzmittel? Wäre es Sitte, Tuberose auf Toiletten zu versprühen, sicherlich hatte Flieder einen besseren Ruf. Auch Bergamotte blieb von diesen Modeschwankungen nicht verschont, wusste doch Dr. med. Hermann Klencke in "Diätetische Kosmetik oder Gesundheits-und Schönheitspflege der äußeren Erscheinung des Menschen" über jene zu sagen:
"Besonders vermeide eine feine Person in luxuriöser Toilette nach billigem Bergamottöl zu riechen, denn dieses, so angenehm es auch an sich riecht, ist zur Zeit das Parfüm der unteren Stände, namentlich der Dienstmädchen geworden, und eine Dame ohne Nasencultur könnte leicht für eine herausgeputzte Köchin gehalten werden." (Herzlichen Dank an PontNeuf, die Auszüge des Buches auf ihrem Blog für uns lesbar gemacht hat.)
Heute verbinden wir Bergamotte nicht mit Dienstmädchen, sondern mit Earl Grey, und genau das war mein erster Gedanke, nachdem ich "Bergamote Boisée" auf dem Arm hatte. Für meine Nase unterscheidet sich Bergamotte deutlich von anderen Zitrusfrüchten, sie wirkt auf mich grün-golden schimmernd und transparent, mit einer leicht pfeffrigen Note, fähig, jedem Parfum etwas Leichtigkeit zu verleihen. Rieche ich hier tatsächlich leicht rauchige Teenoten oder dichtet mein Kopf sie aus Gewohnheit hinzu? Ich erahne auch eine florale Note, die ich als falsche Akazie einordnen würde, aber das mag ein Trick des Honigs sein, der sich bald zeigt. Doch er hält sich zurück und mildert nur die Bitterkeit etwas, die Eichenmoos im Hintergrund ins Spiel bringt. Der Duft ruht auf einer Basis aus heller Zeder und der Gesamteindruck ist erfrischend, herb, aber dennoch von einer gewissen Tiefe. Ab und zu rieche ich eine rasierwasserähnliche Note heraus, auf die ich gut verzichten könnte und die den Duft für mich ein wenig trübt.
"Bergamote Boisée" ist ein simpler Duft, der keine große Entwicklung durchmacht. Die Bergamotte zieht sich etwas zurück, verlässt uns aber nie ganz, der Teeakkord, dessen ich mir nun sicher bin, tritt stärker hervor, und ab und zu glaube ich interessanterweise einen Hauch von Bitterschokolade zu erschnuppern. Mit seiner herben Frische scheint dieser Duft für Sommerwetter gemacht zu sein, doch dank der Teenoten kann ich ihn mir auch überraschend gut in der kalten Jahreszeit vorstellen. Würde mir nicht manchmal die Verwandtschaft zu Rasierwasser gar ein wenig zu eng erscheinen, würde ich diesen Duft noch ein wenig lieber mögen, doch auch so erhält "Bergamote Boisée" von mir ein solides "gut". Denn in einem hatte unser Schreiberling recht: Bergamotte verbreitet einen angenehmen Geruch, Punkt. Und nun entschuldigt mich, ich muss meine Schürze suchen.
"Besonders vermeide eine feine Person in luxuriöser Toilette nach billigem Bergamottöl zu riechen, denn dieses, so angenehm es auch an sich riecht, ist zur Zeit das Parfüm der unteren Stände, namentlich der Dienstmädchen geworden, und eine Dame ohne Nasencultur könnte leicht für eine herausgeputzte Köchin gehalten werden." (Herzlichen Dank an PontNeuf, die Auszüge des Buches auf ihrem Blog für uns lesbar gemacht hat.)
Heute verbinden wir Bergamotte nicht mit Dienstmädchen, sondern mit Earl Grey, und genau das war mein erster Gedanke, nachdem ich "Bergamote Boisée" auf dem Arm hatte. Für meine Nase unterscheidet sich Bergamotte deutlich von anderen Zitrusfrüchten, sie wirkt auf mich grün-golden schimmernd und transparent, mit einer leicht pfeffrigen Note, fähig, jedem Parfum etwas Leichtigkeit zu verleihen. Rieche ich hier tatsächlich leicht rauchige Teenoten oder dichtet mein Kopf sie aus Gewohnheit hinzu? Ich erahne auch eine florale Note, die ich als falsche Akazie einordnen würde, aber das mag ein Trick des Honigs sein, der sich bald zeigt. Doch er hält sich zurück und mildert nur die Bitterkeit etwas, die Eichenmoos im Hintergrund ins Spiel bringt. Der Duft ruht auf einer Basis aus heller Zeder und der Gesamteindruck ist erfrischend, herb, aber dennoch von einer gewissen Tiefe. Ab und zu rieche ich eine rasierwasserähnliche Note heraus, auf die ich gut verzichten könnte und die den Duft für mich ein wenig trübt.
"Bergamote Boisée" ist ein simpler Duft, der keine große Entwicklung durchmacht. Die Bergamotte zieht sich etwas zurück, verlässt uns aber nie ganz, der Teeakkord, dessen ich mir nun sicher bin, tritt stärker hervor, und ab und zu glaube ich interessanterweise einen Hauch von Bitterschokolade zu erschnuppern. Mit seiner herben Frische scheint dieser Duft für Sommerwetter gemacht zu sein, doch dank der Teenoten kann ich ihn mir auch überraschend gut in der kalten Jahreszeit vorstellen. Würde mir nicht manchmal die Verwandtschaft zu Rasierwasser gar ein wenig zu eng erscheinen, würde ich diesen Duft noch ein wenig lieber mögen, doch auch so erhält "Bergamote Boisée" von mir ein solides "gut". Denn in einem hatte unser Schreiberling recht: Bergamotte verbreitet einen angenehmen Geruch, Punkt. Und nun entschuldigt mich, ich muss meine Schürze suchen.
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