06.12.2014 - 22:18 Uhr
DuftJunkie
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DuftJunkie
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15
Opa, Bist Du Es ?
... und der kleine Junge presste seine Nase gegen den dezent nach Waschmittel duftenden Pullover seines Großvaters; nicht ahnend, daß er ihn nie wieder sehen würde.
Der kleine Junge freute sich schon riesig. Er war mit seiner Mutter unterwegs in das Heimatdorf seines Vaters im zentralanatolischen Hochland. Nein, sein geliebter Vater war nicht dort. Der war im fernen Deutschland. Aber jemand anders, den er ebenso liebte war in jenem Dorf: sein Großvater.
Die Mutter des kleinen Jungen freute sich weniger über diese kleine Reise vom Stadtzentrum Ankaras in die Provinz. Sie mußte nämlich dem alten Mann eine Hiobsbotschaft überbringen. Ihr Mann hatte nämlich beschlossen, wegen des Bürgerkriegs die Familie nach Deutschland, zu sich zu holen.
Das schöne Dorf an einem Berghang war erreicht. Als die Türen des Busses öffneten, rannte der kleine Junge auch schon auf dem Feldweg in Richtung Dorf. In der Ferne, eingangs des Dorfes sah er eine Gestalt und konnte nicht genau erkennen, wer es war. Er lief darauf zu und erkannte die Silhouette seines 'Dede', was Großvater bedeutet. Um sicher zu sein, rief er: »Opa, bist Du es?«. Die Gestalt in Form eines alten Mannes kniete nieder und breitete die Arme aus. Opa und Enkel schlossen sich in die Arme. Umhüllt vom erdigen Duft, der aus den nahegelegenen Feldern herüber wehte. Als der Junge in die vor Freude strahlenden Augen seines Opas schaute, vernahm er noch den Duft von Heu aus den Scheunen und den von ihm geschätzten, leichten Mistgeruch aus den Stallungen. Dung war auf dem Land wertvoll und vielseitig. Im Frühjahr auf dem Acker eingesetzt, wurde er im Sommer getrocknet und jetzt im Herbst als Brennstoff benutzt.
Nachdem Mutter und Opa über die bevorstehende Emigration ins ferne Deutschland gesprochen hatten, kam der Opa zum kleinen Jungen. Es schien als hätten sich ein paar Tränen unter den strahlenden Augen des Opas versteckt. Verständlich wäre es; war dieser Junge doch der jüngste Sohn seines jüngsten Sohnes. Nach seinem Fortgang hätte der alte Mann keine Enkel mehr in seiner Nähe. Die anderen Enkelkinder waren schon weit weggezogen. Der Opa drückte seinen jüngsten Enkel an seine Brust und rief dabei seiner Frau zu, sie möge doch die Gänse wegscheuchen. Der kleine Junge ahnte Böses und riss sich vom Opa los. Er schrie: »Nein, sie soll den Gänsen nichts tun!« Der Opa erstaunte und versicherte dem Jungen, es ginge nur um ein Ei. Kurz darauf wurde auf einer Brennstelle im Freien auch schon ein Spiegelei (der besonderen Art :-) zubereitet. Der Junge wunderte sich, wie ein einziges Ei eine ganze Pfanne ausfüllen konnte. Der Duft vom Kienholz, das zum Anfeuern benutzt wurde, ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. Auch 35 Jahre später würde er diesen Holzduft lieben, selbst wenn Viele ihn nur für Sägespäne halten.
Abends wurde es auf dem Land immer sehr kühl. Der kleine Junge dachte, daß sogar die Maultiere besser gegen die Kälte gewappnet waren. Sie hatten ihr Fell praktisch immer dabei, und obendrein noch einen Sattel aus Leder. Sein geliebter Opa hatte nur einfache Handschuhe aus zweifädigem Wollgarn. Doch ein Trost für den Kleinen war, daß Opa bei Bedarf eine Zigarette oder eine Pfeife anzünden konnte, wenn ihm zu kalt wurde. Und nachts hätte dieser ja seine Frau, die liebe Omi, an seiner Seite. Eben die Frau, die scheinbar jeden Abend den Pullover des Gatten wusch, sodass dieser einfache Pulli am Tag darauf dezent und angenehm nach Waschmittel duftete.
Der unvermeidliche Tag des Abschieds kam. Der Opa drückte seinen jüngsten Enkel gefühlvoll an seine Brust, und der kleine Junge presste seine Nase gegen den dezent nach Waschmittel duftenden Pullover seines Großvaters; nicht ahnend, daß er ihn nie wieder sehen würde.
Heute, nach mehr als 35 Jahren sitzt der kleine Junge, aus dem nun ein reifer Mann im besten Alter geworden ist, da auf einem Stuhl und sprüht sich etwas von Brosius' Greenbriar 1968 auf. Der erste Gedanke, der ihm dabei durch den Kopf schießt, ist: »Opa, bist Du es?«
-Herzlichen Dank an Yatagan, für diese schöne olfaktorische Erfahrung-
Der kleine Junge freute sich schon riesig. Er war mit seiner Mutter unterwegs in das Heimatdorf seines Vaters im zentralanatolischen Hochland. Nein, sein geliebter Vater war nicht dort. Der war im fernen Deutschland. Aber jemand anders, den er ebenso liebte war in jenem Dorf: sein Großvater.
Die Mutter des kleinen Jungen freute sich weniger über diese kleine Reise vom Stadtzentrum Ankaras in die Provinz. Sie mußte nämlich dem alten Mann eine Hiobsbotschaft überbringen. Ihr Mann hatte nämlich beschlossen, wegen des Bürgerkriegs die Familie nach Deutschland, zu sich zu holen.
Das schöne Dorf an einem Berghang war erreicht. Als die Türen des Busses öffneten, rannte der kleine Junge auch schon auf dem Feldweg in Richtung Dorf. In der Ferne, eingangs des Dorfes sah er eine Gestalt und konnte nicht genau erkennen, wer es war. Er lief darauf zu und erkannte die Silhouette seines 'Dede', was Großvater bedeutet. Um sicher zu sein, rief er: »Opa, bist Du es?«. Die Gestalt in Form eines alten Mannes kniete nieder und breitete die Arme aus. Opa und Enkel schlossen sich in die Arme. Umhüllt vom erdigen Duft, der aus den nahegelegenen Feldern herüber wehte. Als der Junge in die vor Freude strahlenden Augen seines Opas schaute, vernahm er noch den Duft von Heu aus den Scheunen und den von ihm geschätzten, leichten Mistgeruch aus den Stallungen. Dung war auf dem Land wertvoll und vielseitig. Im Frühjahr auf dem Acker eingesetzt, wurde er im Sommer getrocknet und jetzt im Herbst als Brennstoff benutzt.
Nachdem Mutter und Opa über die bevorstehende Emigration ins ferne Deutschland gesprochen hatten, kam der Opa zum kleinen Jungen. Es schien als hätten sich ein paar Tränen unter den strahlenden Augen des Opas versteckt. Verständlich wäre es; war dieser Junge doch der jüngste Sohn seines jüngsten Sohnes. Nach seinem Fortgang hätte der alte Mann keine Enkel mehr in seiner Nähe. Die anderen Enkelkinder waren schon weit weggezogen. Der Opa drückte seinen jüngsten Enkel an seine Brust und rief dabei seiner Frau zu, sie möge doch die Gänse wegscheuchen. Der kleine Junge ahnte Böses und riss sich vom Opa los. Er schrie: »Nein, sie soll den Gänsen nichts tun!« Der Opa erstaunte und versicherte dem Jungen, es ginge nur um ein Ei. Kurz darauf wurde auf einer Brennstelle im Freien auch schon ein Spiegelei (der besonderen Art :-) zubereitet. Der Junge wunderte sich, wie ein einziges Ei eine ganze Pfanne ausfüllen konnte. Der Duft vom Kienholz, das zum Anfeuern benutzt wurde, ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. Auch 35 Jahre später würde er diesen Holzduft lieben, selbst wenn Viele ihn nur für Sägespäne halten.
Abends wurde es auf dem Land immer sehr kühl. Der kleine Junge dachte, daß sogar die Maultiere besser gegen die Kälte gewappnet waren. Sie hatten ihr Fell praktisch immer dabei, und obendrein noch einen Sattel aus Leder. Sein geliebter Opa hatte nur einfache Handschuhe aus zweifädigem Wollgarn. Doch ein Trost für den Kleinen war, daß Opa bei Bedarf eine Zigarette oder eine Pfeife anzünden konnte, wenn ihm zu kalt wurde. Und nachts hätte dieser ja seine Frau, die liebe Omi, an seiner Seite. Eben die Frau, die scheinbar jeden Abend den Pullover des Gatten wusch, sodass dieser einfache Pulli am Tag darauf dezent und angenehm nach Waschmittel duftete.
Der unvermeidliche Tag des Abschieds kam. Der Opa drückte seinen jüngsten Enkel gefühlvoll an seine Brust, und der kleine Junge presste seine Nase gegen den dezent nach Waschmittel duftenden Pullover seines Großvaters; nicht ahnend, daß er ihn nie wieder sehen würde.
Heute, nach mehr als 35 Jahren sitzt der kleine Junge, aus dem nun ein reifer Mann im besten Alter geworden ist, da auf einem Stuhl und sprüht sich etwas von Brosius' Greenbriar 1968 auf. Der erste Gedanke, der ihm dabei durch den Kopf schießt, ist: »Opa, bist Du es?«
-Herzlichen Dank an Yatagan, für diese schöne olfaktorische Erfahrung-
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