Meggi
09.11.2017 - 14:31 Uhr
Top Rezension
6.5Duft 6Haltbarkeit 6Sillage 8Flakon

Generation Eins

Timbuktu gehört zur Generation Eins meines halbwegs ernsthaft betriebenen Duft-(Er)-Lebens. L’Artisan ist Teil des Sortiments jener Parfümerie, die meine Frau und ich an einem schicksalhaften Sommertag anno 2013 betraten. Mehrere Jahre Nachwuchs-Pause lagen hinter uns; davor hatten wir zwar dies und das an Parfüm gehabt, doch insgesamt nur wenig und nichts war mit Hintergrund oder gar besonderer Leidenschaft gewählt gewesen. In besagtem Sommer nun waren die Kinder erstmals beide bei den Großeltern (zwei Wochen!); wir bummelten in ungewohnter, beinahe vergessener Ruhe vor uns hin und aus einer plötzlichen Laune heraus spazierten wir in den Laden. Damit hatte ich den Salat, aber das ist ein anderes Thema.

Ich weiß nicht mehr, ob ich Timbuktu bereits am selben Tag beschnuppert hatte, ansonsten war es ganz sicher an einem der folgenden, denn wir waren fortan häufig dort – infiziert! Genau weiß ich freilich noch, dass ich schon beim ersten Test neben einer gewissen Faszination ein Störgefühl hatte, dessen Ursache ich damals bloß nicht hätte benennen können. Seither habe ich Timbuktu als etwas gleichsam Unerledigtes im Gedächtnis behalten und mich daher sehr gefreut, dass ich von Tiara (vielen Dank!) ein Pröbchen für einen ausführlichen Test bekommen habe. Ich vermute, dass es sich um die un-reformulierte Variante handelt, es riecht nämlich so, wie ich es von meinen Laden-Tests vor rund drei Jahren in Erinnerung habe.

Heute kann ich mein Störgefühl umreißen. Die Kombination aus eher frisch-säuerlichem, gleichzeitig fast ledrig-lakritzhaftem Vetiver und dem bitter-distanzierten Weihrauch nehme ich als sperrig und unzugänglich wahr. Allein, dass der Eindruck nach mittlerweile hunderten von getesteten Düften, darunter fraglos manchen sperrigen und unzugänglichen Gesellen, weiterhin da ist, zeigt im Umkehrschluss, dass es sich bei Timbuktu um einen echten Charakterkopf handeln muss, der unbeachtlich persönlichen Missbehagens eine einigermaßen anständige Bewertung verdient.

Lakritz ist überhaupt das Stichwort, das mir seinerzeit nicht einfiel. Timbuktu riecht nach Lakritz mit Weihrauch. Dem heftigen dänischen Salz-Lakritz, versteht sich. Gegen solche Aromen habe ich per se nichts einzuwenden, im vorliegenden Fall allerdings wirkt der gemeinsame Auftritt auf mich kühl und distanziert. Nahezu metallisch. Seltsamerweise – oder eben gerade nicht - hatte meine Lieblingskollegin dasselbe Empfinden einer unnahbaren Aura.

Die Fruchtnote (von allein wäre ich auf Mango nie gekommen, hätte Pfirsich getippt) ist allzu dezent und zu sauer und vor allem zu spät dran, als dass sie vermittelndes Element sein könnte. Im Laufe des Vormittags ist sie ohnehin verschwunden. Schließlich schwindet allmählich auch die Kluft zwischen Vetiver und Weihrauch; sie wird mit cremig-harzig-holzigen Noten verfüllt, die nur eines auslassen: Süße. Der Duft bleibt von vorne bis hinten völlig unsüß. Direkt auf der Haut erdet ihn nunmehr eine kompakte Holznote, die mir Lichtjahre entfernt scheint von den weit verbreiteten Kunstholz-Basen, die mir zunehmend auf die Nerven gehen.

Ab dem frühen Nachmittag beginnt der Duft sozusagen zu zerfallen. Als hätten ungefähr ab der sechsten Stunde die Bestandteile ihren „Zusammenhalt im Gegensatz“ verloren und würden bloß noch einzeln still vor sich hin duften. Vetiver, Weihrauch, Erd-Holz. Timbuktu weiß, was er uns zeigen will, Flatterhaftigkeit ist ihm jedenfalls nicht vorzuwerfen.

Fazit: Wenn sich ein Störgefühl über mehrere duft-lehrreiche Jahre hinweg zuverlässig hält, dann soll es wohl einfach nicht sein mit Timbuktu und mir.
16 Antworten
JackoJacko vor 5 Jahren
Ich glaube das isses: Zwar gefällt mir irgendwie der Duft, aber en Detail mag ich weder Lakritz noch Mango. Das "Störgefühl" konnte ich bisher nicht identifizieren. Sehr guter Kommi!
CosmicLoveCosmicLove vor 7 Jahren
Er war auch einer meiner Anfangsdüfte. Unreformuliert, klar! Und im Sommer habe ich ihn geliebt. Inzwischen füllt Myrrhe-Ardente diese Sparte für mich. Da gibt es nicht diese schwitzige Lakritzphase..
JumiJumi vor 8 Jahren
Soso, 2013. Ich dachte du wärst schon viel länger duftkrank :) Und zwischen mir und Timbuktu liegen auch Welten.
GelisGelis vor 8 Jahren
Auf den bin ich neugierig.
PlutoPluto vor 8 Jahren
Ich brauchte mehrere Anläufe, dann gefiel er mir. Aber kein wawawa....
ElysaShadesElysaShades vor 8 Jahren
Ich mag den irrsinnig gern wegen dem Weihtauch. Aber halten tut er an mir gar nicht.
Zauber600Zauber600 vor 8 Jahren
Toller Duft mit leichter Süßholznote im Start. Ansonsten ists bei mir wie bei Yatagan und der Ansicht von Palonera. daß die älteren L'AP Düfte sich ihre Träger selbst raussuchen stimme ich zu. Am extremsten ist das bei Dzongkha, der ist je nach persönlicher Laune, Temperatur und Jahreszeit jedesmal ein völlig anderer Duft. Irgendwo habe ich da mal gelesen, daß Dzongkha spricht und so ist es auch. Schade daß sich Dir nach dieser langen Pause Timbuktu nicht offenbart hat.
YataganYatagan vor 8 Jahren
Was soll ich sagen... Nach wie vor einer meiner Lieblingsdüfte und stets in meiner Sammlung!
ErgoproxyErgoproxy vor 8 Jahren
Ich mag den und kann auch nicht über die Haltbarkeit nörgeln. Hab mich aber zu Anfang schwer getan.
TaurusTaurus vor 8 Jahren
Den habe ich schon seit längerem als Abfüllung und bin immer noch nicht gekommen, den mal intensiv zu testen :-(
PaloneraPalonera vor 8 Jahren
1
Mit "Charakterkopf" hast Du ihn sehr treffend umschrieben, diesen L'Artisan. Ich habe insbesondere bei den älteren Düften dieses Hauses ohnehin den Eindruck, daß sie sich ihre TrägerIn grundsätzlich selbst suchen und nicht jede/r auf Anhieb ihre Gnade findet.
3rdear3rdear vor 8 Jahren
Er spart sich dir für ganz zuletzt auf ;)
ErnstheiterErnstheiter vor 8 Jahren
Ich habe ihn in meiner Sammlung, setze ihn aber nur sehr stiefvaeterlich ein, genau aus den von Dir genannten Gruenden. Weil ich ihn sehr innovativ finde, besitze ich ihn, ich schaetze ihn, aber es ist keine grosse Sympathie da.
Can777Can777 vor 8 Jahren
Meiner war es auch nicht,und die Haltbarkeit war auch nicht soooo gut...Da liebe ich mein Dzing!
MarWicMarWic vor 8 Jahren
Das war sehr hilfreich-den muss ich also nicht testen....
MisterEMisterE vor 8 Jahren
Schön wie Du ihn beschreibst. Tippe auf unreformuliert. Das deckt sich mit meinem Exemplar. Ich würde persönlich eine solide 7.5 vergeben, da ihm nach 6 Stunden meist die Puste ausgeht....