Fracas Robert Piguet 1948 Eau de Parfum
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Top Rezension
En fracarde!
Meine Lieblingskollegin ist fortwährend auf der Suche nach Tuberose-Düften. Von Fracas fiel ein winziges Restchen für mich ab, welches gleichwohl – und damit ist bereits ein Hinweis zu hinreichender Dosis gegeben – für mehrere Test-Tage völlig genügte.
Ein-Auftakt-Knaller. Unmittelbar ist die Tuberose da. Die Hyazinthe als Profi-Stinker dient vermutlich nur zum Aufpimpen, eigenständig erriechen kann ich sie nicht. Mission Aufpimp ist tadellos geglückt. Dass Fracas (wie mich der Online-Übersetzer lehrt) ‚Krach‘ heißt, glaube ich an dieser Stelle sofort. Ungeachtet des massiven Auftritts bleibt mir die Weichkäse-Note erspart, die ich bei kräftig dosierter Tuberose sonst oft verspüre. Das ist ein ordentlicher Pluspunkt.
Innerhalb der ersten halben Stunde wird die Tuberose um Zitronenbonbon ergänzt. Recht frisch-fruchtig kommt sie nun für eine Weile daher und keineswegs mehr derart heftig wie zu Beginn. Im Gegenteil: Nach zwei Stunden wirkt Fracas, jedenfalls im Vergleich zum Start, geradezu zurückhaltend. Zwar hängt in der Projektion unverändert eine gute Portion in der Luft, trotzdem ist die Präsenz nicht störend. Einmal davon abgesehen, dass ob so viel Blymeranz gewisse Irritationen meiner weit überwiegend duft-un-affinen Kollegen-Schar vorprogrammiert sind. Dabei handelt es sich aber sicherlich nicht mehr um ein „Was ist denn das?“, sondern um ein „Der schon wieder…“. Sollen sie. Wer nie was sagt, kann keine voraus-eilende Rücksichtnahme erwarten. En fracarde!
Die meisten der genannten Noten empfinde ich – sofern ich sie überhaupt konkret identifizieren kann – als Beiwerk, wenngleich teils durchaus charaktervoll. Die Bergamotte indes wird nach drei Stunden ein spitzer und einzig ernstzunehmender Widerpart der Weißblüher-Fraktion, welche sich ihrerseits via Orangenblüte verstärkt hat.
Erstaunlich wuchtig wölbt sich um die Mittagszeit der Pfirsich. Er erinnert aufgrund der unterschwellig weiterhin vorhandenen Bonbon-Begleitung allerdings sehr an die rosa-gelben Haribo-Fruchtgummi-Dinger. Hätte ich nicht gedacht, dass ich das aus der gebotenen Gemengelage heraus separat in dieser Deutlichkeit vorgeführt bekommen würde.
Am Nachmittag macht sich allmählich die moosige Unterlage breiter. Ganz sachte, in kaum merklicher Langsamkeit, zieht sie den Duft für einige Stündchen ins Herb-Würzige. Auch die Unterstimme ist in der Projektion stärker ausgeprägt als in der Selbst-Wahrnehmung. Und im Büro hängt immer noch eine inzwischen orangig-pfirsichhaft überlagerte Tuberose.
Nach acht Stunden ist Fracas vollends mild geworden. Die Frucht-Note hat nun allermindestens ebenso viel mit Campino-Frucht-Bonbons wie mit Tuberose gemein. Lustigerweise erinnert mich der Duft in dieser letzten Phase an Precious Oud von Van Cleef & Arpels. Der schickt freilich ohne Umwege eine komplett harmlose Tuberose ins…äh…in den Spaziergang. Dass sich Fracas derlei erst in der hinterletzten Ecke leistet, bestätigt die von Beginn an empfundene Qualität.
Fazit: Ein kräftiger, aber runder und charaktervoller Duft für richtige Frauen.
Ein-Auftakt-Knaller. Unmittelbar ist die Tuberose da. Die Hyazinthe als Profi-Stinker dient vermutlich nur zum Aufpimpen, eigenständig erriechen kann ich sie nicht. Mission Aufpimp ist tadellos geglückt. Dass Fracas (wie mich der Online-Übersetzer lehrt) ‚Krach‘ heißt, glaube ich an dieser Stelle sofort. Ungeachtet des massiven Auftritts bleibt mir die Weichkäse-Note erspart, die ich bei kräftig dosierter Tuberose sonst oft verspüre. Das ist ein ordentlicher Pluspunkt.
Innerhalb der ersten halben Stunde wird die Tuberose um Zitronenbonbon ergänzt. Recht frisch-fruchtig kommt sie nun für eine Weile daher und keineswegs mehr derart heftig wie zu Beginn. Im Gegenteil: Nach zwei Stunden wirkt Fracas, jedenfalls im Vergleich zum Start, geradezu zurückhaltend. Zwar hängt in der Projektion unverändert eine gute Portion in der Luft, trotzdem ist die Präsenz nicht störend. Einmal davon abgesehen, dass ob so viel Blymeranz gewisse Irritationen meiner weit überwiegend duft-un-affinen Kollegen-Schar vorprogrammiert sind. Dabei handelt es sich aber sicherlich nicht mehr um ein „Was ist denn das?“, sondern um ein „Der schon wieder…“. Sollen sie. Wer nie was sagt, kann keine voraus-eilende Rücksichtnahme erwarten. En fracarde!
Die meisten der genannten Noten empfinde ich – sofern ich sie überhaupt konkret identifizieren kann – als Beiwerk, wenngleich teils durchaus charaktervoll. Die Bergamotte indes wird nach drei Stunden ein spitzer und einzig ernstzunehmender Widerpart der Weißblüher-Fraktion, welche sich ihrerseits via Orangenblüte verstärkt hat.
Erstaunlich wuchtig wölbt sich um die Mittagszeit der Pfirsich. Er erinnert aufgrund der unterschwellig weiterhin vorhandenen Bonbon-Begleitung allerdings sehr an die rosa-gelben Haribo-Fruchtgummi-Dinger. Hätte ich nicht gedacht, dass ich das aus der gebotenen Gemengelage heraus separat in dieser Deutlichkeit vorgeführt bekommen würde.
Am Nachmittag macht sich allmählich die moosige Unterlage breiter. Ganz sachte, in kaum merklicher Langsamkeit, zieht sie den Duft für einige Stündchen ins Herb-Würzige. Auch die Unterstimme ist in der Projektion stärker ausgeprägt als in der Selbst-Wahrnehmung. Und im Büro hängt immer noch eine inzwischen orangig-pfirsichhaft überlagerte Tuberose.
Nach acht Stunden ist Fracas vollends mild geworden. Die Frucht-Note hat nun allermindestens ebenso viel mit Campino-Frucht-Bonbons wie mit Tuberose gemein. Lustigerweise erinnert mich der Duft in dieser letzten Phase an Precious Oud von Van Cleef & Arpels. Der schickt freilich ohne Umwege eine komplett harmlose Tuberose ins…äh…in den Spaziergang. Dass sich Fracas derlei erst in der hinterletzten Ecke leistet, bestätigt die von Beginn an empfundene Qualität.
Fazit: Ein kräftiger, aber runder und charaktervoller Duft für richtige Frauen.
17 Antworten

Da scheint's ja wirklich zwei Fra(cas)ktionen zu geben. Ich find den Duft toll in jeder Lebenlage. Zeitlos und sehr weiblich!

er entlockte mir Entsetzensschreie und dann flog auch ich aus den Schuhen. Barfuss zur Toilette renn....

Mich hat die Tuberose aus den Schuhen gehauen :o)

Klingt ja nicht schlecht - aber nix für mich :-)

Jetzt erst gelesen.Klasse!

Mir war der zu blumig.

So stelle ich mir den Duft auch vor ;-) Mich würde der in Ermangelung meiner Vollweibigkeit vermutlich wohl plattmachen *g*

Klasse Kommentar-ich liebe diesen Duft, musste mir aber schon öfter anhören, dass er wie "Klospray" riecht. Was soll´s... und ich finde, dass er für sein Alter so gar nicht nach "old-school" riecht

Ich meine, irgendwo schlummert ein Pröbchen....

Wundervoll beschrieben! Einer, von dem ich vorher nie gedacht hätte dass ich ihn mögen würde. Von Beginn an weiche, cremige Tuberose in meiner Nase. Die anderen Komponenten nehme ich kaum wahr. In kleiner Dosierung ein Immergeher. Pokal für Dich!

Mit Tuberose kann man nicht das Meer teilen aber offensichtlich die Community. Wohl was Tubetose als auch die alten Piguets insgesamt betrifft, da gehöre ich wohl zur anderen Hälfte.

Kokos & Pfirsich = Tuberose. Bravo! Tuberose ist sehr schwierig. Kopfschmerzen oder Spaziergang? Du hast Dich entschieden: Spaziergang ... Für mich jedenfalls ein sehr 'schöner' Spaziergang :-).

Ist schon ein toller Kracher.

Tuberose. Weia, weia - ich oute mich da auch mal als Eher-Weichei. Aber das, was Du nach dem heftigen Auftakt beschreibst, klingt so gut, auch ob der ungewohnten Reihenfolge im Auftritt, da werde ich wohl doch meinen Mut zusammenkratzen...

Tuberose - für mich IMMER!!

Bei dem habe ich Schnapp-Atmung bekommen ,aber für Tuberose-Fans ist er ein heiliger Gral....

Feiner, differenzierter Kommentar. Ich mag die Piguet-Düfte sehr. Mit dem tue ich mich schwer. Meine Lieblings-Frau-Kollega, mit der ich regelmäßig Parfums testen gehe, hat's bei Fracas aus den Pumps gehauen (wie bei jeder Tuberose).