Casamorati 1888

Casamorati - Casafutura 2021

Smoetn
27.11.2021 - 00:44 Uhr
21
Top Rezension
4
Preis
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft

Zurück in die Zukunft

In Vorbereitung auf diesen Duft habe ich mir das 40-Minuten Video von „The Perfume Guy“ angesehen, in dem er Sergio Momo (Gründer von Xerjoff) zu Casamorati - Casafutura interviewt. Damit ihr euch dieses doch etwas langweilige Video nicht auch ansehen müsst, hier eine kleine Zusammenfassung :)

Es handelt sich bei dem Duft um einen Casamorati-Duft (nicht Xerjoff) und der Name soll ein Wortspiel zwischen dem Dufthaus und der Kunstbewegung Italiens Anfang des 20. Jahrhunderts darstellen. Der Duft selbst verfolgt laut Aussage von Sergio Momo einen Vintage-Ansatz mit einem klassischen Start von Bergamotte und Lavendel, sowie etwas Rosmarin. Das Interessanteste an dem Duft ist aber die Skelettblume, welche durchsichtige Blätter hat und dadurch ihren Namen erhalten hat. Insgesamt soll der Duft wohl die Atmosphäre der Ära Anfang des 20. Jahrhunderts einfangen und widerspiegeln.
Eine interessante Fragestellung drehte sich noch um das Thema, warum Sergio Momo den Duft unter Casamorati und nicht unter der Marke Xerjoff veröffentlichte. Dies hängt laut Aussage des Gründers damit zusammen, dass Casamorati traditionell eher mediterrane Düfte auf den Markt brachte und er nun das Duftlabel Casamorati wieder ein Stück zu den ursprünglichen Wurzeln zurückbringen wollte, da der Duft sehr gut zu den (Original-)Anfängen der Marke passt (nachdem Casamorati mit Casamorati - 1888 und anderen Düften eine eher andere Richtung eingeschlagen hatte). Quasi „Zurück in die Zukunft“, was Herr Momo jetzt nicht erwähnte, aber ich kann mir diese Anspielung leider nicht verkneifen :)

Das wars. Mehr gibt das Video in seinen 40 Minuten nicht her. Der Rest dreht sich um Flakongrößen, die Eröffnung neuer Läden in Europa und den Launch von Xerjoff-Duftkerzen (mit wohl neuen Düften), sowie neue Xerjoff Düfte (Sketchbook, Torino21). Ein interessanter Aspekt war noch die Nennung und Erläuterung der „Blends Collection“. Hier geht es wohl darum, Düfte mit anderen Kunstformen, bspw. Musik oder Kunst zu verbinden. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird dabei immer ein Parfüm kreiert und zeitgleich aber auch ein anderes Kunstobjekt, sei es ein Bild, Architektur oder ein Musikstück, wir jetzt ganz aktuell Tony Iommi Monkey Special.

Nun aber zum Duft.
In der Tat startet der Duft mit Lavendel und einer gehörigen Portion Rosmarin, wie von Sergio Momo selbst beschrieben. Die Skelettblume kann ich nicht herausriechen, da ich auch gar nicht weiß, wie diese riecht. Aber der Duft wird nach dem Opening definitiv blumig und die Rose kann man indes sehr gut herausriechen.

Bis hierin müsste mir der Duft eigentlich sehr gut gefallen, da ich Chypre und Fougère sehr mag und auch Rose als Duft nicht abgeneigt bin. Allerdings bin ich etwas zwiegespalten. Die Rose ist für mich etwas zu dominant und ein wirklicher Chypre-Vibe will sich bei mir nicht einstellen. Andererseits entfaltet sich die Rose toll und zusammen mit dem Rosmarin und – mag es die Skelettblume sein? – ergibt sich ein sehr stimmiges, fast ätherisches Bild. Hier erinnert der Duft eher an eine Wellness-Oase / Spa, denn an irgendeine Kunstbewegung. Wenn man allerdings böse sein möchte, könnte man auch behaupten der Duft hätte etwas von Mückenspray oder auch Wick Vaporub, wie ich in einigen Kommentaren lesen konnte. Dennoch – mir gefällt der Duft bis hierhin besser als erwartet; er ist aromatisch, würzig und blumig. Rosmarin und Rose harmonieren hier hervorragend und es erinnert ein wenig an ein rosengeschwängertes Dampfbad. Ähnlichkeiten zu Savoy Steam Eau de Parfum gibt es wohl nicht nur auf dem Papier, wie ein wenig Recherche im Internet zeigt. Und da dieser Duft hier auf Parfumo um einiges besser bewertet ist, fragt man sich schon, ob bei Casafutura nicht auch eine unverhältnismäßig hohe (und dann enttäuschte) Erwartungshaltung an Xerjoff mit in einige Bewertungen eingeflossen ist.

Im Drydown wird der Duft dann noch holziger und cremiger. Ich finde aber nicht, dass es sich hier um die typische Xerjoff Basis handelt (wie mein Vorredner anbrachte), sondern vielmehr wird der Duft nochmal um einiges ruhiger und sehr hautnah. Zudem bekommt er noch eine leicht seifige Note, was gut in die Spa-Thematik passt. Leider kann der Duft aber den anfänglichen doch recht verheißungsvollen Start der Kopf-, und Herznote im Drydown dann nicht mehr aufrechterhalten und wird etwas langweilig und beliebig.

Die Haltbarkeit ist wie bei Xerjoff / Casamorati gewohnt, recht gut, wenn auch nicht dermaßen überbordend wie andere Düfte aus dem Haus; der Duft verbleibt ca. 7-8 Stunden auf der Haut. Die Sillage ist allerdings eher zurückhaltend und im Drydown habe ich persönlich Probleme, den Duft überhaupt noch vernünftig wahrzunehmen. Wie bereits erwähnt besitzt der Duft, gerade in der Herznote, etwas Ätherisches, was es teilweise recht schwer macht, den Duft zu fassen.

Der Flakon ist ein typischer Casamorati-Flakon, auch wenn dieser durch die goldene Legierung mehr ins Auge sticht als andere, was sicherlich Geschmackssache ist. Der Duft wird für Frauen und Männer gleichermaßen vermarket, hat für mich aber eher maskuline Tendenzen, trotz des blumigen Mittelteils.

Insgesamt finde ich den Duft aber gar nicht mal so schlecht und er ordnet sich im soliden Mittelfeld ein. Man muss ja auch tatsächlich festhalten, dass die letzten Xerjoff Kreationen allesamt eher enttäuschend waren. Save Me, CoExistence, und vor allem der bei mir verhasste Amabile waren nicht wirklich überzeugend. Aber was will man erwarten, wenn eine Marke wie Xerjoff jetzt mit Casamorati - Casafutura bereits den 6. Duft dieses Jahr auf den Markt bringt und Tony Iommi Monkey Special bereits die 7. Kreation markiert. Allerdings läuft Casafutura ja unter dem Label Casamorati und hier liegen die letzten Düfte bereits mehrere Jahre zurück, nämlich Casamorati - Corallo und Casamorati - Mefisto Gentiluomo aus dem Jahre 2018 (mal von der Neuauflage von Casamorati - Italica abgesehen).

Dementsprechend waren die Erwartungen auch relativ hoch, da Casamorati einige sehr schöne Düfte hervorgebracht hat, für mich bspw. Casamorati - 1888 oder eben jenen Casamorati - Mefisto Gentiluomo. Leider gibt es aber auch hier einige - ich nenne es mal sehr gewöhnungsbedürftige Düfte - wie bspw. Casamorati - Regio. Casafutura ordnet sich nun also irgendwo in der Mitte ein. Ich finde ihn insgesamt durchaus gelungen, aber an die glorreichen Düfte vergangener Tage kommt er leider nicht heran, aber einen Test ist dieser Duft allemal wert! Dennoch kann sich Sergio Momo ruhig noch etwas weiter „Zurück in die Zukunft“ begeben, um beim nächsten Casamorati vielleicht doch nochmal einen ganz großen Wurf zu kreieren.
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