Divergent – die zweite Lage
Vor rund einem Jahr durfte ich erstmals Düfte von „Divergent“ testen und später per Blog vorstellen. Nun geht’s an die zweite Lage. Wiederum Blindtests, zu denen Parfümeur ‚Tomaya‘ auch dieses Mal im Nachgang ein paar Anmerkungen beigetragen hat, die in eckigen Klammern eingefügt sind.
< Mantis > - In Garten und Natur
[Hier gleich mal die Pyramide…
Minze, Grapefruit, rote und schwarze Johannisbeeren - Johannisbeerblüte und -blatt, Tomaten- und Birkenblatt, Labdanum - Moos, Vetiver, silbriger Amber
… wobei ich ja nicht der größte Fan von Pyramiden bin, da sie immer nur die grobe Richtung transportieren können, in die ein Duft geht, wie ich finde. Grundsätzlich zeigen sie immer nur einen Bruchteil der verbauten Noten, sind Zusammenfassungen, Umschreibungen, Interpretationen. Bei meinen fünf Neuen sind z. B so im Schnitt 40 Komponenten drin, was jetzt nicht ungewöhnlich oder besonders viel ist.
Um die Gesamtkomposition geht‘s - zumindest für mich. Wie die verschiedenen Komponenten interagieren, sich ergänzen oder kontrastieren, Harmonie und Dissonanz, das Neue, das dadurch entsteht, Spannung; wie ich so gern sage: 1+1=3. Und was die individuellen Nasen und Gehirne daraus machen, steht ja auch nochmal auf einem ganz anderen Blatt!]
Eine bis ins Teerige reichende grüne Frische eröffnet, könnte vom drastischen Blattgrün Schwarzer Johannisbeere stammen. Dafür wäre schließlich der sacht beerige Anflug kurz danach die korrekte Ergänzung. Außerdem umweht was Ätherisches die Nase, nach ein paar Minuten denke ich an Minze. Eine Spur Holz stützt von unten. Außerdem wittere ich eine sachte, würzige Süße, im Stil nahe am Zimt, nur vermag ich dessen Aroma nicht zu entdecken.
Das Beißende ist rasch verschwunden, der Duft wird einfach frisch-grün. Gartenhaft, völlig un-artifiziell. Ist wohl doch ein anderes Blattgrün, „die Schwarze“ ist einfach heftiger. „Rote“ vielleicht, dazu passt auch die Art der Hauch-Beere einen Zacken besser. Wir halten zum Auftakt fest: Ein Gartenduft für Hart-Eier, die gefälligst selbst die Schere schwingen und auch mal beherzt in einen Brombeerstrauch fassen.
Wieder und wieder grübele ich über meine Spur Süße (siehe oben) [Ist evtl. eine Kombination aus Labdanum und Vanille.]. Ich lande deswegen stets aufs Neue bei einer Winzigkeit Zimt und bin beim Nachriechen ebenso rasch immer wieder davon weg. Gewürznelke? Lorbeer?
Im Laufe des Vormittags weicht das Grün allmählich dem Würzigen - die Frische scheint mehr und mehr dem ätherischen Öl eines Gewürzes zu entstammen. Der Lorbeer-Gedanke gewinnt neue Nahrung. Von Frucht bemerke ich schon lange nichts mehr.
Am frühen Nachmittag rieche ich einen Bezug zu einem Verwandten: „Im tiefen Wald“. Denn hinter der nelkig-lorbeerig-zimtig-wasweißichigen Würze wittere ich dessen Waldesnote - inklusive des…„Wildschweinhaars“. Da ist doch eine Spur animalischen Stinks beteiligt! [Animalische Komponenten verwende ich gern, sind in dieser Komposition aber nicht drin. Vielleicht sorgt so manche dunkelgrüne, erdige Zutat, wie Galbanum, für die Assoziation.]
Im weiteren Verlauf entsteht ein balsamisch-ambratischer Einschlag, bisschen Vanille. Trotzdem bleiben die ätherisch-nadelig-würzigen Aspekte stark. Und während Letztere langsam holziger, trockener und brauner werden, denke ich plötzlich an den spätsommerlich-glutvollen Auftritt etwa im zweiten Teil von Miller Harris‘ Le Petit Grain. Warmwürzig-gestrüppig endet der Duft. Irgendwie mag ich diese abendlich-heimelige, strauchige Wärme, die ich – in unterschiedlicher Intensität – zuweilen bereits kennenlernen durfte, neben dem Harris etwa in Citron Boboli (Le Jardin Retrouvé) oder Rosa Alba (Annette Neuffer).
Fazit: Ganz, ganz stark. Gleich der erste aus der Reihe legt die Latte mächtig hoch. [Finde, er ist besonders an einem heißen Sommertag guter Begleiter: Aufs Fahrrad, an einen kleinen See, und am frühen Abend in einen kastanienbeschatteten Biergarten.]
Technische Daten: Duft – 9.0; Sillage – 8.0; Haltbarkeit – 9.0
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< Gaztelugatxe > - extravagante Creme
[Zitrone, Bergamotte, Gischt - Algen, Meeresluft, Felsen, Kräuter, Treibholz - Rauch, sakraler Weihrauch, Myrrhe]
Der Auftakt ist säuerlich-fischig. Räucher-Makrele? Erinnert mich an den allerdings deutlich heftigeren 1805 Tonnerre von Beaufort. Vielleicht haben wir es heute bloß mit gebratenem Axolotl zu tun, um mal einen Bezug zum lustigen Namen des Duftes zu versuchen - der indes (tja, ins Klo gegriffen…) eine baskische Insel bezeichnet, wie ich eben nachgelesen habe.
Binnen Minuten beruhigt sich das Säuerliche und damit das Fischige ohnehin etwas und es entsteht eine seltsame Mischung aus staubigem Holz, einer Spur Grün und irgendwas aus der harzig-rauchigen Ecke; Letzteres fügt sich in den Säuerlich-Gedanken des Beginns. Vielleicht ein verzerrter Weihrauch, dessen Nebenaspekte „sauer“ und „grün“ in den Vordergrund gestellt sind, während die Sakral-Ecke konsequent ausgeblendet ist. Vom Rauch ist es optisch nicht weit zum Nebel und in einem solchen stochere ich hier halt herum. Eine cremige Schicht mildert ab, als sei ein besänftigender Schleier über das Duftgeschehen gelegt. Trotzdem ist es mittlerweile relativ frisch, ein ätherischer Hauch wabert durch die Abstrahlung. Eine äußerst extravagante Hautcreme wäre das, eben mit Räucherfisch-Aroma. Wenn die Nische eine Nische hat - hier ist sie.
Im Laufe des Vormittags verliert sich das Fischige. Aus holzigem Untergrund tritt eine anscheinend würz-gespeiste Frische hervor. Doch Gaztelugatxe zeigt mir vor allem Holz, hell und trocken, zunehmend nadelig, inklusive Harz. [Das dürfte zumindest teils vom dem herrühren, was in der Pyramide unter „Kräuter“ zusammengefasst ist: Thymian, Rosmarin, Fenchel, Wacholderbeeren, Lorbeerblätter.] Ich stehe allerdings eher im Sägewerk als im Wald. Der harzig-rauchige Beitrag zieht sich am Nachmittag auf die Haut zurück.
Balsamisches sorgt für einen entspannten Abschluss, tatsächlich bilde ich mir einen Hauch milchig-schokoladiger Noten ein, während die Rest-Säure sich auf ihre alten Tage noch an einer Obst-Ähnlichkeit versucht. Gleichzeitig grübele ich über eine Spur Grün und kriege den weißen Rauch nicht aus dem Kopf. Welch‘ eine schräge Wendung! Wer hören will, wie sowas wirkt, kriegt jetzt was auf die Ohren: Den Schluss von Charles Ives‘ Symphonie Nr. 2 (youtube.com/watch?v=ztLr3kaN4_c) etwa ab 41:32 min.
Obwohl ich es mit dem dominanten, hellen Holz sonst nicht so habe, empfinde ich den zweiten Teil des Duftes als stimmiger, allerdings auch unspannender. Dennoch: Nix gegen extravagante Ideen, aber mit „Nivea – Richtung Räucheraal im Gras“ hatte ich Schwierigkeiten. [Deine Beschreibung hat mich amüsiert. Faszinierend, was verschiedene Nasen und Hirne (wie oben schon erwähnt) aus demselben Duft machen können. Bin mittlerweile der Meinung, dass Duft und Individuum da gern mal gleiche Teile beitragen.]
Technische Daten: Duft – 6.5; Sillage – 6.0; Haltbarkeit – 8.0
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< Peitschenschlag > / < metamorph > - der Verwandelte
Während eines Parfüm-Entstehungs-Prozesses in zwei Stadien Pröbchen gezapft zu bekommen, ist natürlich spannend. Ohne es zu wissen, hatte ich - wenngleich mit monatelangem Abstand - denselben Duft zweimal unter der Nase, nur eben verschiedene Entwicklungs-Stufen davon; die erste hieß noch < Peitschenschlag >, die zweite < metamorph >. Immerhin wurde mein Geteste im Ergebnis nicht völlig peinlich. Soll heißen: Auf eine enge Verwandtschaft bin ich von allein gekommen.
Meine Notizen zu < metamorph >:
[Krause Minze, Honigmelonenfruchtfleisch - Honigmelonenschale, Karottensamen, Iris, Gummi - hartes Leder, weiches Leder, milchiges Sandelholz]
Die fruchtig-kotzige Note aus Peitschenschlag eröffnet. [Das dürfte Galgant sein. Der CO2-Extrakt, den ich einsetze, hat eine sehr ausgeprägte, bittere Säure. Das kappt der Frucht die intensiv süßen Spitzen, sorgt für Spritzigkeit und Authentizität. Und eben bei manchen für eine kotzige Assoziation.] Binnen Minuten schält sich daraus die vertraute Melone hervor. Holzgestützt, Zeder. Ein cremiger Beitrag mildert den Duft in der ersten Stunde ab, ich wittere eine Spur Süße.
Ansonsten nehme ich wenig Entwicklung wahr. [Echt? Für mich macht der sogar ne gewaltige Wandlung durch (daher auch die Namensgebung), nur gaaaanz langsam, besonders gegen Ende. Erst die spritzig-frische Frucht, dann die herb-trockene Schale, das intensive Leder und schließlich das milchige Sandelholz.] Ich habe es mit einem sacht – und in Gestalt von Melone allemal originell! - angefruchteten holzig-cremigen, relativ hautnahen Duft zu tun. Für ein Augenzwinkern sorgt das ebenfalls bereits aus Peitschenschlag bekannte Senfgürkchen, das mir aus der grundsätzlichen Melone zuweilen zuwinkt. Und obwohl Tomaya – soweit ich weiß – viel Synthetik einsetzt [Jede Komposition braucht was anderes; im Schnitt halten sich bei mir synthetische und natürliche Duftstoffe etwa die Waage. Ich habe großen Respekt vor denen, die ausschließlich auf natürliche Rohstoffe setzen. Leichter macht man es sich dadurch nicht. Auch reine Synthetik hat ihren Reiz. Für meine Arbeit ist eine Kombination am besten.]: Es riecht nicht nach Baumarkt, denn dem Holz ist eine Spur Wärme eigen, wie von einem Beitrag behutsam zuckrigen Ambers. Und das ist überhaupt die Idee. Die Süße wirkt auf mich amber-mäßig.
Am frühen Nachmittag denke ich an Kakao. Eine Andeutung von Leder erscheint in der Süße und erinnert mich abermals an Peitschenschlag.
Und an dieser Stelle war die Nachfrage per PN fällig, der kurze Dialog verrät alles Weitere:
„Sachma, kann es sein, dass metamorph seeeeeehr eng mit dem Peitschenschlag verwandt ist? Ich kann das nicht mehr direkt prüfen, weil P. bereits weitergezogen ist, aber meine Erinnerung sprang gleich an mehreren Stellen an: Melone, Senfgürkchen, Holz etc. Wenn ich mir meine Notizen zum P. so ansehe, ließe sich m. als vielleicht etwas disziplinierterer Bruder bezeichnen.“
„< metamorph > ist der endgültige Name, in feingetunter Ausführung. Die erste, kleine Charge ist ja komplett als Proben in die Welt gezogen. In größeren Dimensionen kann man halt noch feiner arbeiten. U. A. bissl differenziertere, feiner modellierte Melone, a wenig mehr Leder ;)“
„Von mehr Leder hätte ich der Erinnerung nach nicht gesprochen, muss ich heute Nachmittag nochmal genauer hinriechen… [Dass von dem Leder auch beim zweiten Riechen nur recht wenig bei Dir ankommt, ist schon bemerkenswert. Ich empfinde das Leder als Eckpfeiler und habe über den auch schon etwas in der Richtung gehört: „Der taugt mir an sich schon, aber das Leder ist mir einfach zu krass.“] Das mit der feiner modellierten Melone sehe ich aber genauso. Der Duft hat (‘tschuldigung) zu Beginn immer noch kurz was Kotziges, aber das ist jetzt viel schneller weg. Und weniger Senfgurke ist auch gut. Das war zwar lustig, aber auch etwas irritierend.“
Technische Daten: Duft – 7.5; Sillage – 7.0; Haltbarkeit – 8.0
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< Aufheller > - zweimal Aufheller, zweimal Abdunkler
Und die zählen wir gleich durch.
[westindisches Orangenöl, grüne Mandarine - Tulsi, Zimt, Ingwer, Kardamom, Vanille, Lavendelöl, Lavendelabsolue, Oud - Texaszeder, Benzoe, Samt, Moschus]
Es eröffnet was Zitrisches, sauer und spitz, Grapefruit vielleicht. Rasch erinnert das an nimm2, wie etwa in Grand Neroli (Neroli mag überhaupt ein Stichwort sein [Stimmt, auch was von drin!]) von Atelier Cologne, Aria di Capri von Carthusia, Summer Limes von Floris etc.
Darunter liegt irgendwas Holzig-würzig-Grünes und fängt die Säure und das Bonbonhafte ein wenig ein – im Sinne einer Stabilisierung. Das fängt gut an, die „Saldo-Frischlinge“ mit bombastischer Superfrische vornean und dann raschem Abfall ins Naja stimmen schließlich eher traurig. Der < Aufheller > (Aufheller eins) bleibt demgegenüber relativ still, aber konstant. Knapp zwei Stunden sind bereits vergangen.
In der dritten Stunde dunkelt der Duft ein (Abdunkler eins). Aus nimm2 wird eher Bitterorange, als schiebe sich eine Spur Harz/Amber darunter. Wird es tatsächlich ein bisschen rauchig? Ich hoffe, mir das nicht bloß einzubilden, denn der Pfad Zitrus und Rauch (vgl. „Sancti“ und „Italian Citrus“) bietet noch Stoff zur Entfaltung. Ich bin begeistert und in gleichem Maße, in dem der Duft sich verfinstert, hellt sich meine Miene auf (Aufheller zwei). [Auf eine erhellte Miene spielt auch der Name an. Mich lässt der Duft immer breit grinsen - ein Stimmungsaufheller eben.]
Nach einiger Zeit verfalle ich auf Patchouli [versteckt sich auch drin...], den Duftstoff mit den zig Facetten; beim zweiten Test rieche ich ihn deutlich früher. Hier wäre er mit rauchigen Aspekten am Start. Dazu gar was Schokoladiges, Kakaohaftes [...und das auch…]. Ab dem Nachmittag beteiligt sich ein Hauch von Vanille, dazu vielleicht eine staubige Variante von Amber. Womöglich was Weißrauchiges? Ich finde, eher nicht, aber meine Frau nörgelte wieder mal von Kirche. Seufz… (Abdunkler zwei).
Der Duft hält bis weit in den Abend hinein und bleibt hochwertig mit dunklem Patchouli und ernsthafter Vanille. Bisschen was Wächsernes dabei. Klasse!
Technische Daten: Duft – 9.0; Sillage – 8.0; Haltbarkeit – 9.0
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< Ein lächelndes Biest > - oder gleich ’ne ganze Bande
[Rhododendron, Zibet - Honig, dunkle Schokolade, Tuberose, Zibet, Castoreum - Hyraceum, Castoreum, schwarzer Moschus, Amber]
Wer kennt das nicht: Stau, alle halbe Minute geht es ein paar Meter voran. Ein Schild verheißt den nächsten Rastplatz mit Klo in 5 Kilometern. Bis dahin brauche ich locker noch ne Stunde! Und ab dem ersten Gedanken daran wird es schlimmer und schlimmer. Endlich, eineinviertel Stunden später, die Erlösung. Ein Lächeln.
Exakt das ist das Lächeln dieses Biests. Das Tier springt nämlich praktisch aus dem Röhrchen heraus und muss sich direkt erstmal erleichtern. Katzenpipi auf einer wächsern-erdigen Unterlage, an der Patchouli einigen Anteil haben dürfte; Letzteres wird mich durch den gesamten Verlauf begleiten. Alsdann nimmt sich das Viehzeug (dieses spezielle Viehzeug!) ein bisschen zurück und etwas Süßes, Karamelliges tritt in den Duft, er kriegt allmählich geradezu was Likörhaftes, das wiederum seinerseits in eine schokoladig-kakaomäßige Richtung driftet. Dazu eine Spur jener seltsamen bissigen (Amber?)-Zuckrigkeit, wie sie über einem Glas mit dunklem Kandis liegt.
Oder besser: Jener nicht minder seltsame, stichig-animalische Einschlag am Geruch von braunem Flüssig-Honig. Das ist nahe an Kurkdjians Honig-Pipi aus Absolue pour le Soir. Auch Linien zur Dior-Urinade in Jules oder vor allem Oud Ispahan mit seinem Labdanum-Gestrulle lassen sich ziehen, wenngleich mit deutlich mehr Abstand. Trotzdem hat’s hier ‘ne Piss-Ecke. Nicht Hauseingang während Kieler Woche oder Schlagermove, sondern dezenter (und tragbarer!), aber: Piss-Ecke. Gefällig geht definitiv anders. [Da hast Du absolut recht. Der Duft sollte definitiv sehr weit gehen mit seiner animalischen Breitseite. Honig, Kakao, Florales, Malziges spielen mit dieser rohen Animalik und halten sie im Zaum.] Der Gesamteindruck ist allerdings vorrangig dunkel, malzig, erdig.
Im Fortgang tritt warm-cremige Ambra hinzu, bisschen Rauchiges drumherum. Ich spüre nun eine Nähe zu „Ambrarem“, einem meiner Lieblings-Stinker. Nicht zuletzt wegen der kneipenhaften Attitüde - vor Einführung des Rauchverbots, versteht sich. [Klar, a bissl Rauch muss schon sein!] Diese Ähnlichkeit nimmt im Laufe der Zeit noch zu. Nicht allein wegen eines diffus-bananigen Anflugs, hinter dem ich zuweilen irgendein Kunstholz vermute (ich weiß bloß nicht welches). Nein, auch beim „Biest“ darf über einen Biber-Beitrag spekuliert werden. [Und nicht zu knapp;)] Bei aller Animalik empfinde ich den Duft dennoch nicht als schmierig-besitzergreifend, wie es mich etwa an Lutens‘ Muscs Koublaï Khan gestört hatte, sondern er bleibt distanzierter. Kleidung, nicht Haut.
Gegen Mittag schmunzele ich über eine Note wie von frischem Brot [Ich weiß genau, was Du da rausriechst und mit „frischem Brot“, genau wie weiter oben mit „etwas Karamelliges“ triffst Du den Nagel auf den Kopf. Das sind einfach Komponenten, die in dem Dunstkreis vom Honig und dem Kakao mitspielen, die etwas abrunden und differenzieren. Dass Du die so rausgefiltert hast – Respekt!]: Was Holzig-Säuerliches schiebt sich hinzu. Sauerteig im historischen Backofen? Am Nachmittag rätsele ich über einen Anflug von Frucht. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Nagarmotha Letzteres bieten kann. [Ganz toller Rohstoff, den ich sehr gerne verwende. Hier ist er zwar nicht dabei, aber beim <Aufheller>.] Vielleicht ist es das? Komplette Spekulation, ich bereue fast, das geschrieben zu haben. Den Charakter des Duftes ändern diese beiden lustigen Tupfer ohnehin nicht.
Schließlich wittere ich eine Art Moschus. Er dürfte guten Gewissens Schwarzer Moschus genannt werden. Immer rauf damit! [Wie recht Du hast!] Und das ist das letzte Stichwort, im Sinne eines…
…Fazits: Obwohl ständig drauf und drauf gepackt wird, und das nicht eben an olfaktorischen Leichtgewichten, wird es nicht zu viel. Das liebe Vieh und seine Begleiter sind durchweg hinreichend austariert, nie eine gewisse Grenze zu überschreiten – wenngleich das Biest gewiss kein Fall für türkisfarbene Regale ist. Ein Fest für Freunde kräftigen, gleichwohl stilbewussten Getiers. [Der will doch nur spielen!] Und ein würdiger Abschluss meiner kleinen Testreihe.
Technische Daten: Duft – 8.5; Sillage – 8.0; Haltbarkeit – 9.0
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Eine Bemerkung zum Schluss:
Die zweite Divergent-Lage finde ich insgesamt etwas reifer oder abgeklärter als einige der „jungen Wilden“ aus der ersten Fuhre. Zwar weisen auch die neueren Düfte anspruchsvolle Wandlungen oder gar Brüche auf, diese wirken auf mich allerdings geschmeidiger und entspannter ausgeführt. [Und ich sage vielen lieben Dank, dass Du Dir die Zeit genommen und die Mühe gemacht hast, Dich so intensiv mit meinen neuen Kreationen auseinanderzusetzen - und dann auch noch blind! War ausgesprochen spannend, Deine Duftwahrnehmungen und Eindrücke zu lesen und ich hoffe, meine Kommentare waren für Dich auch ein wenig interessant. Hat Spaß gemacht!]
Gaze(dingens-unaussprechlich)Axolotl in Freiheit(sumpfig_faszinierend)der Räuchergrill ist fern(GsD) hoff,daß dieser Duft bleibt wie er ist :-)
Das Biest ist noch unergründlich...bestellt sind(inclusive Mantis/Aufheller)alle ...
Das dürfte auch das Geheimnis der Kreationen sein, dass sie sich individuell entwickeln.
... und ein wenig beneide ich Dich, dass Du Räuchermakrele und Axolotl herausgerochen hast!