Mourant

Mourant

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Mourant vor 8 Tagen 11 12
8.5
Duft
Ich war im Schimmelhimmel...
Ich habe diesen Duft zum ersten Mal getestet, als mir mit dem Flakonroller etwas auf einen Teststreifen gestrichen wurde. Wochenlang lag dieser auf meinem Küchentisch und strömte das himmlischste, gruftigste Kellerpatchouli aus, das ich jemals gerochen habe. Absoluter Beute-Alarm also, er hatte sich definitiv in meinem Kopf festgefressen und ich flatterte um den Streifen wie die Motto zum Licht, bis diese Kerze verlosch, was wie gesagt recht lange dauerte.

Etwa ein Jahr später hatte ich die Chance, hier eine Abfüllung zu erstehen. Es handelte sich zweifelslos um den gleichen Duft, mein Eindruck war aber nun, auf Haut als auch Papier, dauerhaft leider ein etwas anderer:
Dunkel-ätherisch, wie „Erkältungs-Salbe“. Irgendwie "chemisch", aber noch auf ungiftige Art, lässt sich aushalten. Holzig-scharf schimmerndes Grün, das in der Dunkelheit leuchtet. Balsamisch-dicht, fast cremig, dennoch klar, streng. In der Basis pudriger, erdiger, frischer Vetivermoder, leicht rauchig, holzig, ledrig. Das trotz der Herbheit auf eine eher "sanfte" Art (gemessen an der Ausrichtung).
Ich finde, dass die Noten hier stark verblendet sind, somit einen eigenständigen Duft erzeugen und kann nichts bzw. nicht viel einzeln herausriechen außer wie gesagt Patchouli und Vetiver. Dass hier in der Pyramide Vetiver, Patchouli und Hölzer hervorgehoben stehen, halte ich also für nachvollziehbar.
Der einzige Vergleich, der mir käme, wäre Humus aufgrund der strengen, natürlichen, ätherischen, grünen, erdigen, eher kühlen Ausrichtung, wobei beim Sorcinelli Kiefer keine Rolle spielt.
Wenn man dem Marketing in die Hände spielen wollte, könnte man zumindest im Auftakt auch noch eine gewisse Nähe zu Poppers herstellen, aber derartige Forcierungen mit Vorsicht genießen, vor allem da Sorcinelli für die "X SÉ"-Reihe, der vorliegender Duft entstammt, mit popper-pop eigens einen Poppersduft kreiert hat, den ich zwar noch nicht gerochen habe, der dem Thema aber sicherlich näher kommt als cruising-area.

Apropos Cruising. "Cruising-Gebiet" ist recht unspezifisch, meist handelt es sich um Wäldchen. Was der gute Mann für eine Vorstellung von Cruising-Gebieten hat oder ob/wo er cruisen geht, weiß ich natürlich nicht. Kann mir allerdings schwer vorstellen, dass es Cruising auf dem Friedhof oder in schimmligen Kellergewölben gibt. Aber wer weiß, wie mann das so in Italien handhabt. Wie dem auch sei, den Namen finde ich dementsprechend etwas weit hergeholt. Passt für mich nicht wirklich zum Duft.
Im Werbetext liest man unter anderem etwas von versteckten, unterirdischen Orten mit dunklen Passagen, schimmligen Wänden voller flüchtiger Lüste, wo persönlicher Ruhm vergessen ist, um Raum für die eigenen Nacktheit zu lassen. ("It is that hidden, underground space, with inaccessible and dark passages, with moldy walls and full of ephemeral pleasure, where personal stardom is abandoned to leave room for one’s own nakedness without ever questioning who one really is." von https://filipposorcinelli.com/en/products/cruising-area). Nun, ich würde sagen, die erste Hälfte des Konzepts ist erfolgreich umgesetzt. Den menschelnden, lüsternen Teil kann ich weniger nachvollziehen, der Duft riecht für mich eher unmenschlich, unmenschelnd, stattdessen atmosphärisch.

Letztlich eine interessante Erfahrung, aber für mich eher Schublade "Kunstduft". In der Öffentlichkeit würde/werde ich ihn nicht tragen. Was vielleicht widersprüchlich wirken mag, da mir Patchouli nicht gruftig genug sein kann. Schlussendlich ist mir die "erkältungssalbige" Facette hier aber zu dominant und überwiegend. Ich wünschte, mein erster Eindruck würde wiederkehren... Ich war im Schimmelhimmel!
12 Antworten
Mourant vor 2 Jahren 34 36
9
Duft
Amber Wein in neuen Schläuchen
Ja, im Hause Bianchi füllt man mal wieder alten Wein in neue Schläuche, aber es ist zumindest ein guter Wein. ;)

BYZANTINE AMBER zeigt sich für mich bereits im Auftakt von seiner besten Seite: Goldene Ambra, leicht rauchig, schmierig und süffig, zitrisch in Form gehalten. Ich mag den (stechenden) Geruch von Bergamotte isoliert und zu dominant eingesetzt nicht, hier erfüllt sie dezent und geschickt einen wichtigen Zweck, verleiht eine Klarheit schaffende Glasur, was den Duft (zumindest zunächst) nicht in die in sich zusammenfallende Schwammigkeit abdriften lässt (etwas, das mich an bisher getesteten Bianchis mit Ausnahme vom wunderbar harten, klar konturierten The Black Knight störte). Da mir vor allem der Auftakt zusagt, empfiehlt sich in einem solchen Fall wohl vorwiegend das Sprühen auf Haar/Kleidung.
Und ich könnte schwören, da ist schon wieder Bianchis obligatorische Irisbutter drin. ;) Vielleicht ist das aber auch eine cremige Ledernote oder die zimtige Pudrigkeit in Kombination mit der Rosengeranie oder es liegt an der (Gesamt-) Zusammenstellung (der Harze). Wie dem auch sei, man wird an andere Düfte erinnert:
Statements erwähnten bereits die Ähnlichkeit zu Düften wie The Lover's Tale , The Dark Side , Under My Skin . Alle Genannten konnten mich nicht gänzlich abholen. Die Amber/Ambra-Note verleiht BYZANTINE AMBER jedoch trotz Ähnlichkeit zum Bekannten das mir bisher fehlende I-Tüpfelchen, weshalb er mir deutlicher zusagt.

Ich hätte mir nach dem (für meinen Geschmack mit genau den richtigen Schlagwörtern ausgestatteten) Pressetext noch etwas mehr von der Gesamtwirkung des Duftes jenseits des wunderbaren Auftakts erhofft und bin mir noch nicht sicher, ob ich die Note noch ändern werde und ob er Ambra Aurea für mich „vom Thron stoßen“ kann (und ob er das überhaupt muss, fraglich in beiden Fällen): Ich finde BA im bisherigen Vergleich nicht ganz so opulent, dekadent und archaisch wie AA und wie erwartet, was allerdings auch ein Vorteil sein kann, je nach Anlass und Geschmack.
Wenn ich BA etwas vorwerfen würde, dann dass er als geballte Harz-Balsam-Bombe im Verlauf eine Spur zu süß und monoton wird und dass das Leder (zumindest an mir) nicht wirklich spürbar zum Tragen kommt.

Ich empfand Bianchi-Düfte bisher nie als sonderlich komplex und raffiniert, sondern eher fragmentarisch, rau, grob. Ohne Wertung zu verstehen. Manchmal sucht man und manche suchen ja genau so etwas. BA reiht sich für mich in diesen Stil ein. Ein solider, schöner Duft, man sollte jedoch nichts bahnbrechend Neues erwarten bzw. kann genau das erwarten, was man von Bianchi gewohnt ist.

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Von der Sillage und Haltbarkeit werde ich bei normaler Dosierung nicht erschlagen, obwohl Bianchis Düfte berüchtigt für ihre Intensität sind. Hier liegt meiner Meinung nach zum einen Wahrheit, zum anderen Missverständnis/Misseinschätzung [/Missbrauch? ;)] vor: Bianchis Düfte sind ja tatsächlich Extraits (daher intensiv), sollten aber genau deswegen sehr sparsam dosiert werden, hierzu wird sogar auf offizieller Seite explizit in den Begleittexten geraten. Weniger ist hier deutlich mehr (weshalb ich die kleinen 30 ml-Flakons begrüße). Erschlagen zu werden oder nicht, hat man hier also meiner Meinung nach selber in der Hand/den Fingern. ;)
Für wen die Parfums dennoch zu heftig, aber nach wie vor interessant sind: Zu manchen Düften der Marke gibt es übrigens auch Sublime Oil-Versionen, die geringere Konzentrationen aufweisen als die Parfums. Sehr kulant. ;)
36 Antworten
Mourant vor 3 Jahren 16 13
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Florale Falle und paradiesische Perversion
obscuratio, lat. - 1. Verdunkelung, Verfinsterung 2. das Unbemerktbleiben

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Damit hätte ich nicht mehr gerechnet. Doch die Falle fiel zu und nun zieh ich mir diesen blutorangen Blütenstaub die Nase hinauf.
Wie ein berauschender, heißer Schwall von Türkenbundlilien raubt er mir den Atem, nur um ihn wieder einzuhauchen.
Meine Lider fallen, während die paradiesische Perversion dieses Nektars meine Synapsen bestäubt und sich in einer warmen Wolke aus Ocker, Vanille und Pollen aushaucht.
In der roten Aura eines zeitlosen Nachmittags unter einem zwielichtigen Blätterdach, dort aale ich selige Schlange mich im Dreiklang aus edler Exotik, erdigem Atem und samtiger Würze, geduldig witternd und wartend auf Adams Neu-Gier...

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Die perfekte akkustische Untermalung dieses Dufts stellt für mich das Lied "Duality" von DIE FORM dar.
OBSCURATIO ist für mich die Dualität von Gefahr und Verführung, Sünde und Sinnlichkeit, Eleganz und Überfall. Eine florale Falle, die zu fällt. Schwere, doch Schwebezustand.

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Ich erwähnte in meinem Statement bereits die Ähnlichkeit zu BLACK ORCHID, den ich zwar interessant doch übelerregend fand und mit dem ich die explizit blumige Richtung für mich quasi bereits endgültig ad acta gelegt hatte. Ich sah ihn mehr oder weniger als meine letzte Hoffnung in dieser Hinsicht. Für mich besitzt OBSCURATIO jedoch alle guten Seiten von BLACK ORCHID und entbehrt die schlechten. Weder Fäulnis noch schwarzer Schimmel oder Biomüll hier, denn diese dunkle Blume steht nicht nur in aromatischer, regenfrischer Erde, sondern auch in vollem Saft, der in ihren dickfleischigen Blütenblättern pulsiert, vitalisiert, aphrodisiert!

Sillage und Haltbarkeit scheinen mir zu changieren, ich würde sie allgemein im guten Durchschnitt ansiedeln.
Das matt leuchtende Orange der Blume auf Flakon und Verpackung in Kontrast zum dunklen Hintergrund ist überaus treffend gewählt, genauso riecht das Parfum.
Der Preis hatte mich zunächst abgeschreckt, ich finde ihn zu hoch gegriffen. Zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass der Duft einen wirklich sehr natürlichen und hochwertigen Eindruck macht. Da ich außerdem in meiner Sammlung noch Platz für einen vorwiegend blumigen Duft hatte, ließ ich also mal Fünf (naja, etwas mehr) gerade sein.

Danke nochmal an FrauKirsche für die zufällige Probe! Ich hätte etwas in dieser Richtung nach meinem Black Orchid-Trauma wahrscheinlich nicht mehr von mir aus getestet. Man weiß wirklich nie, was da draußen noch in der Obskurität schlummert und unbemerkt auf einen wartet. ;)
13 Antworten
Mourant vor 4 Jahren 22 20
Blümerante Blume oder Die Schwester des schwarzen Schimmels
Du schwarzer Rebell unter den blumigen Düften, du scheinbar letzte Hoffnung für Verschmäher blumiger Düfte, ich hoffte, du würdest mich in Poison Ivan verwandeln. Doch Erwartungen sind allzu oft die fauligen Wurzeln der Enttäuschung.

Denn du verpestetest meine Nase durch
süßliche... feuchte... fruchtige... pflanzliche...
Fäulnis
bananiger Blumen mit schwitzender, brauner, labberiger Schale...
Black Biomüll.

blümerant, Adjektiv
Bedeutung: flau, unwohl, übel
Herkunft: aus französisch bleu mourant = sterbendes (= blasses) Blau
- Wenn ich Black Orchid rieche und es nicht besser wüsste, könnte ich glatt eine etymologische Verwandschaft zwischen "Blume" und "blümerant" annehmen.

Nun, Thema getroffen. Diese Orchidee ist schwarz. Weil sie verwest. Weil sie gammelt. Weil sie verreckt ist.
Jetzt sitzt sie auf dem Endgegner-Thron der zwei Düfte, die mir bisher den Magen umgedreht haben, neben Encre Noir als Schwester des schwarzen Schimmels, er der trockene, sie der feuchte (Ja, Sie lesen einen 2-in-1-Verriss). Und beide lachen wie zwei hinterlistige Flaschengeister: "Was denn!? Du hast dir doch was Morbides gewünscht, da haste."
Ne, ihr treibt's zu weit. "Morbid" heißt nicht "tot", sondern "auf dem Weg dahin"!
Da bleib' ich lieber beim gruftigsten Patchouli, das mich gleich dem poetischen Zerfall des Herbstes bezaubert statt mich mit der Nase in die Verwesung zu drücken!

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Keine Wertung, da ich Konzept und Duft zumindest mutig, polarisierend und eigenständig finde. Ändert nur leider nichts an der natürlichen Abwehrreaktion meines Magens. Ich wollte ihn wirklich mögen und spreche ihm eine gewisse Faszination nicht ab, doch diese pendelte bei mir leider sukzessiv zum Ekel über.
In einem Club habe ich den Duft mal an einer anderen Person gerochen und fand ihn nicht so ekelerregend wie an mir. Ein weiterer Grund, der mir eine Punktewertung erschwert.
20 Antworten
Mourant vor 4 Jahren 13 5
9
Haltbarkeit
8
Duft
Es ist Namenwahl!
Es gibt an dir nichts, was ich nicht mag. Bis auf deinen Namen. Ja, schon Shakespeare sagte: "What's in a name?". Deiner Schönheit tut dein Name keinen Abbruch, du bist auf meiner Haut und in meiner Nase mehr als willkommen. Auch wenn du noch so dreist daher kommst und versuchst, den Anhalter zu spielen, auf fremden Wellen zu reiten und reisen (so wie es allgemein für dein Haus typisch zu sein scheint). Sei's drum. Aber hast du schon mal über eine zweite Taufe nachgedacht? Die offensichtliche Ähnlichkeit zu deinem Ahnen aus dem Hause Nasomatto ist zwar so schamlos wie ehrlich, aber mit Haschisch hast du einfach nichts zu tun. Vielleicht suchen wir dir mal einen neuen Namen.

Einen, der wirklich zu dir passt,
zu deinem wehenden Lederhauch,
zu deiner belebenden Dunkelheit,
dem rauchigen Balsam,
dem rauen Braun,
das sich verflüchtigt, vergeistigt, entschwebt:
Erinnerung von Brutalität,
verblasste Schroffheit,
Androgynität,
trockenes Kraut, das in Harz aufersteht,
herber Schmelz auf der Zunge zergeht
ein Kern aus Kaffee und schwarzer Schnee.

Nimm's mir nicht krumm, doch wir taufen dich um. Jetzt sei nicht mürrisch.
Vielleicht kannst du ja deinen Vornamen behalten. Wie wär's mit... Black Haze? Black Melt? Black Core? Black Snow? Oder wir würfeln dir was aus dem folgenden Wortpool zusammen, der mir zu dir einfällt: Dark, Damp, Brown, Murky, Mud, Gloom, Somber, Saturn, Dusk... Vielleicht möchte das Publikum sich ja beteiligen? Anderweitige Vorschläge?

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Also, wie bewerte ich einen Duft, der eine offensichtlichere Kopie eines der bekanntesten Nischendüfte nicht sein könnte? Wohl nur mit meiner Nase. Es ist mir tatsächlich gleich, dass sich hier hinsichtlich des Namens und Dufts ordentlich am Vorbild bedient wird. Denn:
1. Meiner Meinung nach überfliegt BH sein Vorbild Black Afgano Extrait de Parfum . Er ist feinsinniger, luftiger, vielschichtiger. Im Vergleich dazu wirkt BA für mich etwas torfiger, kantiger, grober und schlichter. Für mich stellt BH eine Verbesserung da. BA fasziniert mich nicht annähernd so sehr.
2. Menschen, die eine günstigere Alternative zu BA suchen, werden hier fündig. Ich wüsste nicht, warum ich Nasomatto-Preise zahlen sollte, wenn ich quasi das Gleiche (in diesem Fall meiner Meinung nach sogar Bessere), mit einer übrigens grandiosen Haltbarkeit und Sillage, deutlich preiswerter bekomme.

Wie seht ihr das? Ist es legitim oder im Gegenteil sogar "verwerflich", so etwas zu unterstützen? Wenn Musizierende ein Lied covern und es dabei ohne Hinweis auf das Original als eigene Komposition ausgeben würden, würde mich das stören. Warum ist das bei einem Parfum was anderes, da es sich ebenso um ein Kunstwerk handelt? Oder ist der Name eine so offensichtliche Anspielung, dass er quasi schon als "Zugeständnis" durchgeht?
Die Marke ArteOlfatto scheint sich gerne mal von fremden Größen "inspirieren" zu lassen ( Habano Vanilla = Tobacco Vanille Eau de Parfum / Wild Orchid = Black Orchid Eau de Parfum ). Legal ist es offensichtlich. Doch ist hier die persönliche Grenze zwischen Inspiration und Kopie überschritten? Oder sind die feinen Unterschiede Legitimation genug?

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Nachtrag: Mir ist im Nachhinein aufgefallen, dass ich bei Haschisch von Cannabisgeruch allgemein ausgegangen bin. Haschisch (also das aus der Cannabispflanze gewonnene Harz) habe ich noch nie in natura gerochen, daher kann ich das also gar nicht mit dem Parfum vergleichen. Aber nach den Blättern/dem typischen Kiffgeruch riecht dieser Duft zumindest definitiv nicht.
5 Antworten
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