PBregovich
PBregovichs Blog
vor 8 Jahren - 01.12.2017
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Gestern Abend im Wiener Musikverein

Anlässlich des Nationalfeiertags Rumäniens am 01. Dezember war ich mit meiner Freundin bei einer Aufführung der Staatsphilharmonie Transsilvaniens. Mit dabei waren zwei große Stars, einmal Dirigent Gabriel Bebeşelea und Pianistin Alexandra Dariescu.

Das Konzert war grandios und trotz schlechter Plätze ist die Akustik der Säle im Wiener Musikverein unglaublich. Die Einrichtung und Verzierung des Saales ist hell und einladend, nobel und stilvoll zugleich.

Was mir jedoch als angehender Parfumo aufgefallen ist, war die Vielfalt an Düften, die sich in diesem Saal breitmachten. Es war, als würden die Düfte sich für ihre ganz eigene, parallel laufende Symphonie aufstellen. Selbstverständlich mehrmals vertreten, wie bei einer Philharmonie die Streicher, war "Terre d'Hermès (Eau de Toilette)" mit seiner unverkennbaren Vetiver-Frische. "La nuit de l'homme (Eau de Toilette)" von Yves Saint Laurent habe ich auch deutlich herausriechen können. Wie das Fagott war es eher im Hintergrund, aber bei genauer Aufmerksamkeit unverkennbar. Wie bei einer echten Philharmonie ist es oft schwierig die genauen Elemente aus dem Ensemble herauszupicken. War das ein "Aventus", der gerade an mir vorbeigezogen ist? Ein "Tobacco Vanille (Eau de Parfum)", der im Hintergrund mitschwingt?

Die Duftverteilung war sehr unterschiedlich, da nun einerseits Repräsentanten der rumänischen Botschaft Wiens, unter anderem auch der Botschafter selbst, andererseits aber auch 'ganz normale' rumänische Staatsbürger dabei waren, welche lediglich ihre Herkunft und ihren Nationalfeiertag zelebrieren wollten. Dementsprechend gab es da ganz pompöse und aufdringliche Düfte, aber auch synthetische Geruchscocktails. An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass der Preis des Parfums hierbei nicht ausschlaggebend ist! Manche der Pelz tragenden Damen hatten so extreme Duftbomben aufgetragen, dass ich beim Vorbeigehen eine kurze Asphyxie erlitt. Und wiederum manche Männer des 'normalen' Bürgertums konnten mit der frischen Aquatik eines nicht so teuren Bvlgari "Aqva pour homme (Eau de Toilette)" überzeugen.

Während der Aufführung waren alle Augen auf die Musiker gerichtet, alle Ohren für die Musik gespitzt. Aber die Nase des Autors allein war es, die den hier anwesenden Düften Aufmerksamkeit geschenkt hat. Dabei war das ja eigentlich der Teil des Konzerts, wo jeder mitmischen konnte. Ein free-for-all, jeder ist willkommen! Meine Freundin und ich haben natürlich auch mitgespielt. Ich war mit meinem "Dior Homme Intense (2011)" anwesend, der in seiner Schwerfälligkeit doch eine gewisse Grazie aufweist. Ein Kontrabass vielleicht? Meine Begleitung trug "So First" von Van Cleef & Arpels, die blumige Süße, welche ich mit einer sorgenlos klingenden Querflöte assoziieren würde.

Fazit? Durch Parfumo ist ein ohnehin schon sehr beeindruckender kultureller Abend um eine Ebene reicher geworden. Applaus für alle Anwesenden!


Quelle des Bildes: musikverein.at


22 Antworten
AromanticaAromantica vor 8 Jahren
Danke, dass Du uns mitgenommen hast! So hat das Erlebnis gleich noch eine zusätzliche Ebene ;)
MelisandeMelisande vor 8 Jahren
Das hab' ich sehr gern gelesen. Ach, was sag ich, für einen kurzen Moment war ich dabei und mittendrin!
FvSpeeFvSpee vor 8 Jahren
Schöner Beitrag, danke!
MonsieurMonsieur vor 8 Jahren
Bei solchen Anlässen ist das Risiko, einer alles vernichtenden Bombe exponiert zu werden, leider vielfach größer als in jeder Disco - im Theater waren die Götter einmal wirklich gnädig mit mir und haben die aufgetakelte Dame in unmittelbarer Nähe auf einen freien Platz weiter vorne gelockt, wo sie andere unschuldige Zuschauer quälen konnte; die paar Minuten waren dennoch unerträglich...
-> in keiner Disco der Welt ist Monsieur jemals solch eine Schandtat ins Näschen gekommen
AndrulaAndrula vor 8 Jahren
. . ein sehr schöner Konzertsaal , der mich an viele beeindruckende Abende erinnert . Applaus für deinen tollen Bericht !
PBregovichPBregovich vor 8 Jahren
Allerherzlichsten Dank an alle und danke auch an Parfumo für den speziellen Platz auf der Startseite. Ist das Studieren also doch zu etwas gut!
MichHMichH vor 8 Jahren
Ein sehr schöner Bericht, der dank eines gekonnten Schreibstils uns Leser in seinen Bann zieht. Vielen Dank dafür!
TurbobeanTurbobean vor 8 Jahren
Die Symphonie der Düfte. Klasse Bericht!
NerolineNeroline vor 8 Jahren
Ein sehr schöner Bericht! Vielen Dank dafür.
TinaPianoTinaPiano vor 8 Jahren
Merci frumos pentru acest articol foarte interesant. Und den duftbehangenen Pelzhybrid - halb Mensch, halb Moschus - zu diesem Anlass kann ich mir leibhaftig vorstellen...
ChanniChanni vor 8 Jahren
Der Musikvereinssaal hat tatsächlich akustisch nur gute Plätze - wirklich beeindruckend! Es gibt aber einen besten Platz: Auf der Orgelbank (= oben neben der Orgel) und dann "Also sprach Zarathustra"... das werde ich nie vergessen, der Orgelklang ging durch den ganzen Körper, ohne dabei die anderen Instrumente in den Hintergrund zu drängen! Danke für den Beitrag!!!
SerloSerlo vor 8 Jahren
Schon alleine weil ich recht empflindlich bin, achte ich darauf, nur sehr dezent parfümiert zu sein, wenn ich solche Veranstaltungen besuche. Ehrlich gesagt war es mir einmal sogar selbst recht unangenehm, als ich Dior Homme EdT bei einem Konzert getragen hatte, da ich die Sillage zu stark empfand und mich wohl in der Dosis vergriffen hatte... Deswegen greife ich eigentlich immer zu hautnahen Düften, oder nehme for akute Notfälle (s. unten) eine kleine Probe eines für mich angenehmen Duftes mit.
SerloSerlo vor 8 Jahren
Ach ja, mir hat einmal eine kleine Probe von "Menthe Fraîche" einen Festspielbesuch (und damit Don Giovanni) gerettet, da die Dame neben mir etwas... wie sagt man das jetzt nett... unter der Hitze außerhalb des Festspielhauses gelitten hat, das schulterfreie Abendkleid die Bahn frei gemacht hat für Geruchsentwicklung und das Mittagessen wohl auch Knoblauch enthalten hat.
BabbalinaBabbalina vor 8 Jahren
Wow, hätte mich auch brennend interessiert als Musikerin! Wenn ich ehrlich bin, stören mich bei solchen Anlässen aber meist die "Düfte"/ Gerüche, und wenn man Pech hat, sitzt man 2 Std. oder länger genau hinter einer Person, die ein derart penetrantes Parfum trägt, dass man versucht ist spätestens in der Pause zu gehen... Hier gilt aber offenbar noch nicht das Gleiche wie für Knoblauch (man hält sich zurück, um andere nicht zu belästigen)....?
StulleStulle vor 8 Jahren
Ich habe schon sehr viel Gutes über die Akustik im Musikvereinssaal gehört, der sollte dann bei meinem nächsten Wienbesuch wohl eingeplant werden. Allerbesten Dank für den schönen Bericht!
JumiJumi vor 8 Jahren
Woran erkennt man eine/n echte/n Parfumo/Parfuma? Daran, dass jeder noch so kleine oder grosse Event automatisch zum Dufterlebnis wird :) Sehr gerne gelesen!
BelAmiBelAmi vor 8 Jahren
Danke für dieses Duftkonzert! Mir ging es kürzlich so ähnlich bei der Affordable Art Fair. So viele (zumeist schöne) Parfums, einige wahre Duftkunstwerke zwischen all der ausgestellten Kunst. Für uns Parfumos wohl in doppelter Hinsicht ein genussvolles Erlebnis :-)
PBregovichPBregovich vor 8 Jahren
Danke an alle für die netten Kommentare! :)
@Seerose: Das stimmt schon, manchmal war es echt ein bisschen zu viel, insbesondere vor der Garderobe. Während des eigentlichen Konzerts waren um mich rum glücklicherweise nicht so viele stark Parfümierte.
DonVanVlietDonVanVliet vor 8 Jahren
Toller Artikel, vielen Dank!
SeeroseSeerose vor 8 Jahren
Natürlich: Pokal, da hast Du mir bestätigt, was ich eher störend: Es beeinträchtigt mir zuweilen auch meine Wahrnehmung der Musik auf die ich mich gefreut habe.
SeeroseSeerose vor 8 Jahren
Das ist genau, was ich bei solchen festlichen Veranstaltungen bedrängend wahrnehme: Die enormen Sillagemonstermischungen der Herrendüfte, leider auch die dazu "passende" Duftkakophonie von vielen, dezent gesagt, nicht gerade guten, sehr fetten Damendüften. Mein eigenes sorgfältig ausgewähltes, zurückhaltend dosiertes Parfüm nehme ich nur kaum oder nicht wahr, es wird mir oft lange Zeit verleidet. Daher: Nur noch für mich ganz leise=irispudrig-holzig, weih-rauchig-balsamisch-ambrig-Oud.
NikEyNikEy vor 8 Jahren
Ein Lesevergüngen, toller erster Blogeintrag! Was die alte Dame mit Pelz wohl trägt...