Parma
Top Rezension
15
Casual-Vetiver
Jeans, T-Shirt, Sneakers, Tacit.
Ein wunderbar entspannter, zeitgemäßer und natürlich wirkender Vetiverduft.
Trotz klassisch dunkelgrasig-holzigwürziger Ausprägung ungewöhnlich optimistisch und unkompliziert interpretiert. Mit einer entwaffnenden Direktheit.
„No worris!“ hätte auch auf dem Flakon stehen können. In Anlehnung an die Herkunft der Marke.
Apropos Name. Der Begriff „tacit“ bezeichnet im Englischen alles implizit und nonverbal Ausgedrückte. Also das, was über Körpersprache und nicht gesprochenes Verhalten transportiert wird. Das passt natürlich perfekt zu Funktion und Wirkung von Parfum. Die australische Marke ließ sich laut eigener Homepage für dieses von den frischen Zitrusnoten klassischer Eau de Colognes und der sanft duftenden mediterranen Küstenvegetation inspirieren. Ich hatte keine der beiden Assoziationen beim Tragen, aber abwegig sind sie nicht. Für den Bezug zu klassischen Zitrusnoten wirkt es zu modern und straight. Für den Mittelmeerbezug etwas zu dunkel im Verlauf. Aber der Reihe nach.
Tacit startet mit strahlenden Zitrusnoten und dezent grünem Einschlag. Mich erinnert das an eine Mischung aus Zitrone und Mandarine samt zugehöriger Blätter (laut Aesop wurde die Yuzufrucht verwendet). Weitab von Reinigerassoziationen, da mit einer gewissen Saftigkeit versehen. Direkt mit vernehmbar ist etwas Holziges, Moschiges und eine sehr weiche Würze. Ausgesprochen aromatisch, rund und frisch. Mit angedeuteter Tiefe. Dieser Teil gefällt mir am besten. Recht schnell schält sich nun aus der weichen Würze ein dominanter, den Mittelteil beherrschender Basilikumton heraus. Ätherisch mit einer etwas spitzen, leicht süßlichen und minimal bitteren Würzigkeit. Die zitrische Note ist weiter vorhanden, schwächt sich aber immer mehr ab. Im Drydown gibt es einen schleichenden Übergang von der frischen Basilikumwürze zur zunehmend grasiger werdenden Vetivernote. Diese steht im lang anhaltenden Abgang im Vordergrund. Beide Bestandteile wecken bei mir in Kombination zarte Assoziationen an Wald. Durch die leichte Ätherik, Bitterkeit und Süße entsteht der Eindruck von Harzigkeit wie sie Pinien- bzw. Zypressennadeln verströmen. Zusammen mit der würzigen Holzigkeit erhalte ich diesen hellwaldigen Vibe. Vergleichbar in Ansätzen mit dem in Bottega Venetas ‚Pour Homme Essence Aromatique‘. Aber mit Vetivereinschlag. Je näher es dem Ende zugeht, desto süßlicher scheint er, ohne allerdings wirklich süß zu werden. Es ist eher eine dezente Färbung. Irgendwie orangig und im Ansatz balsamisch (daher der moschige Eindruck im Auftakt). Hier wirkt das Zusammenspiel dann wie eine Mischung aus süßlichen Tabakblättern und grasig-holzigem Vetiver. In aufgehellter Façon. Ohne die abschließende Dominanz des Süßgrases hätte man von einem mediterranen Duft sprechen können. So ist er - für meinen Geschmack - trotz aller Aufhellungen, einen Tick zu abgedunkelt dafür.
Die Verblendung und Passung der Inhaltsstoffe finde ich gelungen. Sehr eigenständig macht ihn dabei aus meiner Sicht die Betonung des Basilikums. Ich kann mich nicht erinnern, mal einen Duft mit ähnlich intensiver Basilikumnote gerochen zu haben. Hier fügt sie sich wunderbar ein. Viel mehr als die drei bzw. vier angegebenen Duftbestandteile braucht es dann auch nicht, um ein gelungenes Parfum zu entwerfen. Simplistisch ohne einfältig zu sein. Lediglich die erstaunlich lange Haltbarkeit bei fast gleichbleibend hoher Frequenz der Noten ermüdet mich auf Dauer etwas. Und die Vetivernote ist mir trotz der casualen Anlage des Duftes im Endeffekt zu klassisch und dominant (was hier beides zur Abwertung führt, da ich ein ambivalentes Verhältnis zum Süßgras habe - stark zitrisch ausgelegte Varianten wie z.B. Armanis ‚Vetiver d‘Hiver‘ sind mir deutlich lieber und auf eine solche hatte ich hier gehofft).
Daher ist er aus meiner Sicht eine gute Wahl für Leute, die einen sehr umgänglichen, eigenständigen, eher hellen und zeitgemäßen Vetiverduft suchen.