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Top Rezension
Ein Hütchenspiel
Ich glaube, alle kennen diese Hütchenspieler, die auf öffentlichen Plätzen geschickt kleine, hohle Kegel verschieben, während das Publikum raten soll, unter welchem Kegel nun der Ball ist. Die geschickten Hütchenspieler setzen ihre Tricks zunächst überwiegend aus und lassen die Menge im Glauben, das Raten sei recht einfach, denn der Ball ist häufig unter dem Hütchen, unter dem man ihn auch vermutete. So ist man versucht, mitzuspielen. Doch Achtung - sobald man das tut, setzt der Hütchenspieler seine Tricks ein und der Ball ist plötzlich nie mehr dort, wo man ihn doch mit ziemlicher Sicherheit erwartete.
Imitation Woman ist ein brillianter Hütchenspieler, der alle Register zieht.
Es fängt damit an, dass unter dem Kopfnotenkegel nicht die erwarteten, in der Pyramide aufgeführten Blüten sind, sondern ein imposanter Johannisbeerstrauch und irgendetwas Muffiges, das mich an den etwas stinkigen Geruch mancher Korbblütler erinnert, wenn man mit der Nase ganz nah heran geht. Uff, dachte ich spontan, das wird kein weiterer Amouage-Liebling von mir. Die Johannisbeere ist in Blüte, Blatt und Frucht gleichzeitig vorhanden und in der Tat fällt mir das erste Mal auf, dass dieser Geruch von Johannisbeersträuchern eine Ähnlichkeit mit Lakritz hat. Das finde ich interessant und bin gleichwohl froh, dass die Lakritzanklänge im Hintergrund bleiben. Schleichend und wie von Geisterhand bewegt, mäßigt sich das Stinkige langsam und ich erahne etwas Blumiges.
Das Blumige wird stärker und nach etwa 2 Stunden rieche ich satten, intensiven Blütenduft, den ich seltsamerweise keinen spezifischen Blumen zuordnen kann. Aber eines wird deutlich: Hier haben wir den Herznotenkegel, unter dem der Hütchenspieler geschickt den üppigen, als “Kopfnote“ beschriebenen Blumenstrauß hervorzaubert. Nun beginnt der Duft mir immer besser zu gefallen. Dass ich die Blumen nicht wirklich im Einzelnen zu benennen wüsste, schreibe ich Aldehyden zu, die sanft und strahlend dem Duft Klasse und einen Hauch der Erinnerung an elegante, aber fröhliche Damenparfums der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts verleihen. Dennoch wirkt Imitation nicht wie ein Klassiker oder gar altbacken, denn nun kommt nach und nach eine Honigsüße dazu, die man damals in Düften noch nicht fand. Auch ist immer noch ein Rest von Johannisbeerstrauch nach, was ihm eine gewisse Herbheit verleiht. Auch das hatten die Düfte von damals so nicht. Das aldehydige Blütenfüllhorn unter dem Herznotenhütchen bekommt noch einen Hauch von Zimt und gefällt mir ausgesprochen gut. Schon hat der Hütchenspieler mich völlig verwirrt: Sollte ich diesen Duft doch so sehr lieben lernen, dass ich ihn gern öfter tragen möchte?
Überraschung! Das Basisnotenhütchen enthält ebenfalls nicht das Erwartete: Anstelle von Weihrauch und Sandelholz erscheinen in meiner Nase Tonka, etwas Moschus und mehr Honig mit Zimt. Der Moschus wirkt wie der Moschus aus den 70ern, aber nicht die Variante, die an Haarspray erinnert, sondern eher einer mit einem Anklang an „Wild Love“ von Nerval. Es ist eine der wenigen Moschusnoten, die ich rundum mag. Das Muffige ist vollkommen verschwunden und auch der Johannisbeerstrauch ist nun kaum noch bemerken, von Lakritz ganz zu schweigen.
Ab und zu blitzen noch brillante Blumen hervor. Einzig wie erwartet macht sich eine feine und dezente Note von Patchouli bemerkbar.
Knapp 2 Stunden stinkiger Unterton neben beeindruckender Johannisbeere scheint mir angesichts weit über 10 Stunden traumhafter, brillianter Blüten und wunderbar weicher Honig-Tonka-Moschus-Zimt-Patchouli-Basis plötzlich irgendwie bedeutungslos.
Alle Achtung, dieses Hütchenspiel hat es in sich: Man weiß nicht mehr wo einem die Kopfnote steht und ob die Herznote am richtigen Fleck sitzt. Nach diesem geschickten Dreh, die beiden zu vertauschen, denkt man, wenigstens kann unter dem dritten Hütchen ja nur noch das Erwartete sein - aber denkste!
Faszinierend und schillernd wie sein Flakon hat mich dieser Zauber jetzt gepackt und ich spiele wieder und wieder mit.
Ich danke Frlsmilla für das Sharing nicht ohne eine Warnung auszusprechen: Vorsicht, Hütchenspiel kann süchtig machen!
Imitation Woman ist ein brillianter Hütchenspieler, der alle Register zieht.
Es fängt damit an, dass unter dem Kopfnotenkegel nicht die erwarteten, in der Pyramide aufgeführten Blüten sind, sondern ein imposanter Johannisbeerstrauch und irgendetwas Muffiges, das mich an den etwas stinkigen Geruch mancher Korbblütler erinnert, wenn man mit der Nase ganz nah heran geht. Uff, dachte ich spontan, das wird kein weiterer Amouage-Liebling von mir. Die Johannisbeere ist in Blüte, Blatt und Frucht gleichzeitig vorhanden und in der Tat fällt mir das erste Mal auf, dass dieser Geruch von Johannisbeersträuchern eine Ähnlichkeit mit Lakritz hat. Das finde ich interessant und bin gleichwohl froh, dass die Lakritzanklänge im Hintergrund bleiben. Schleichend und wie von Geisterhand bewegt, mäßigt sich das Stinkige langsam und ich erahne etwas Blumiges.
Das Blumige wird stärker und nach etwa 2 Stunden rieche ich satten, intensiven Blütenduft, den ich seltsamerweise keinen spezifischen Blumen zuordnen kann. Aber eines wird deutlich: Hier haben wir den Herznotenkegel, unter dem der Hütchenspieler geschickt den üppigen, als “Kopfnote“ beschriebenen Blumenstrauß hervorzaubert. Nun beginnt der Duft mir immer besser zu gefallen. Dass ich die Blumen nicht wirklich im Einzelnen zu benennen wüsste, schreibe ich Aldehyden zu, die sanft und strahlend dem Duft Klasse und einen Hauch der Erinnerung an elegante, aber fröhliche Damenparfums der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts verleihen. Dennoch wirkt Imitation nicht wie ein Klassiker oder gar altbacken, denn nun kommt nach und nach eine Honigsüße dazu, die man damals in Düften noch nicht fand. Auch ist immer noch ein Rest von Johannisbeerstrauch nach, was ihm eine gewisse Herbheit verleiht. Auch das hatten die Düfte von damals so nicht. Das aldehydige Blütenfüllhorn unter dem Herznotenhütchen bekommt noch einen Hauch von Zimt und gefällt mir ausgesprochen gut. Schon hat der Hütchenspieler mich völlig verwirrt: Sollte ich diesen Duft doch so sehr lieben lernen, dass ich ihn gern öfter tragen möchte?
Überraschung! Das Basisnotenhütchen enthält ebenfalls nicht das Erwartete: Anstelle von Weihrauch und Sandelholz erscheinen in meiner Nase Tonka, etwas Moschus und mehr Honig mit Zimt. Der Moschus wirkt wie der Moschus aus den 70ern, aber nicht die Variante, die an Haarspray erinnert, sondern eher einer mit einem Anklang an „Wild Love“ von Nerval. Es ist eine der wenigen Moschusnoten, die ich rundum mag. Das Muffige ist vollkommen verschwunden und auch der Johannisbeerstrauch ist nun kaum noch bemerken, von Lakritz ganz zu schweigen.
Ab und zu blitzen noch brillante Blumen hervor. Einzig wie erwartet macht sich eine feine und dezente Note von Patchouli bemerkbar.
Knapp 2 Stunden stinkiger Unterton neben beeindruckender Johannisbeere scheint mir angesichts weit über 10 Stunden traumhafter, brillianter Blüten und wunderbar weicher Honig-Tonka-Moschus-Zimt-Patchouli-Basis plötzlich irgendwie bedeutungslos.
Alle Achtung, dieses Hütchenspiel hat es in sich: Man weiß nicht mehr wo einem die Kopfnote steht und ob die Herznote am richtigen Fleck sitzt. Nach diesem geschickten Dreh, die beiden zu vertauschen, denkt man, wenigstens kann unter dem dritten Hütchen ja nur noch das Erwartete sein - aber denkste!
Faszinierend und schillernd wie sein Flakon hat mich dieser Zauber jetzt gepackt und ich spiele wieder und wieder mit.
Ich danke Frlsmilla für das Sharing nicht ohne eine Warnung auszusprechen: Vorsicht, Hütchenspiel kann süchtig machen!
19 Antworten
Loveluxury vor 4 Jahren
1
Toller Kommentar, ich finde den Brombeerstrauch zu üppig. Metallisch modern, zu kühl für mich. Pokal für dich.
Augusto vor 5 Jahren
Tolle Beschreibung, danke!
FlirtyFlower vor 8 Jahren
Sehr lustig beschrieben. Pokal für dich
Sweetsmell75 vor 8 Jahren
ich bin auch schon sehr gespannt, befürchte aber das er mir zu blumig ist. Danke für den feinen Kommi
Can777 vor 8 Jahren
Ich mag ja solche verschlagene Düfte,bei den man nie ganz sicher ist was er macht. Sehr ausführlicher Kommentar,...danke!
Zora vor 8 Jahren
Mit Hütchenspiel kriegt man mich nicht, beim Duft wäre ich mir da nicht sicher:). Wird auf jeden Fall getestet. Ganz toll beschrieben.
Jumi vor 8 Jahren
Auf dieses Spiel lasse ich mich gerne ein! Ich meine den Duft, nicht die Hütchen :) Danke für die ausführliche, nicht getrickste Duftbeschreibung ;)
Meggi vor 8 Jahren
Eine tolle Bild-Idee.
Sinioerkel vor 8 Jahren
Ganz, ganz toller, hilfreicher Kommentar. Ich rieche den Duft förmlich vor mir. Vielen Dank und ein Hütchen für dich.
0815abc vor 8 Jahren
Deinen Kommentar hab ich sehr gern gelesen. Bütenzauberpokal.
ClarasTante vor 8 Jahren
Dankeschön für den Kommentar und die Warnung. Ich überlege schon mal, was ich in den ersten zwei Stunden mache ;-) Pokal!
Snoopy vor 8 Jahren
Ganz toll beschrieben, auch der Stil, klasse! Konnte ihn schon testen, entspricht genau meinem Empfinden, kann leider nicht so treffend schreiben!
Frlsmilla vor 8 Jahren
Toll beschrieben, ja, am Anfang mit Ecken und Kanten und später rund und anschmiegsam....
Kovex vor 8 Jahren
Sehr informativer Kommentar. Ich hoffe, die Herrenversion geht in eine andere Richtung.
Etamher vor 8 Jahren
hütchenspieler...ganz schlechte erinnerungen !!! vielleicht werden sie ausgelöscht. vielen dank für den informativen erstkommentar !
Igli vor 8 Jahren
Uh, wenn mir ein Duft nicht gleich nach, bzw. ziemlich schnell nach dem Aufsprühen nicht gefällt, hat der bei mir keine guten Karten. Hütchen.
Kylesa vor 8 Jahren
Du hast ihn ganz wunderbar beschrieben! :-)
ExUser vor 8 Jahren
Auf den freue ich mich schon. Und dein Kommentar macht das Warten noch spannender. Danke!
Gschpusi vor 8 Jahren
Klingt sehr gut. Ist ein Wunschkandidat. Allerdings empfinde ich Johannisbeersträucher überhaupt nicht lakritzig:-)

