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Top Rezension
Die Ritter der Ananas - Eine Abrechnung
Engel 1: Lass es. Schreib diesen Kommentar nicht. Es gibt schon 105 Kommentare. Zu Aventus noch mehr zu schreiben, ist wie eine Tasse Wasser ins Meer schütten. Sei nicht eitel. Es ist schon alles zu diesem Duft gesagt. Verwende deine Zeit für etwas Nützlicheres!
Engel 2: Lass es. Schreib diesen Kommentar nicht. Er wird Polemik enthalten. Du hast jetzt 20 freundliche Kommentare geschrieben, warum solltest du mit dem einzundzwanzigsten jetzt anderen auf die Füße treten. Sei nicht arrogant. Schweige einfach, das ist genug.
FvSpee: Video meliora, proboque, deteriora sequor! ("Ich sehe das Bessere, erkenne es an, und folge doch dem Schlechteren" - Ovid)
Dieser ordentliche Duft besteht für mich im Wesentlichen aus zwei Phasen, einer ersten sehr fruchtigen Phase mit viel Ananas, die hart an der Grenze zur übertriebenen, süßlichen Fruchtigkeit laviert, und die zwar nett, aber jedenfalls nicht erotisch ist, und danach einer recht langandauernden, dann aber auch ziemlich linearen Phase. Dieser eignet eine schwer definierbare, eher glattpolierte und unspezifische gezähmte Männlichkeit, die mich von ferne an das von mir geschätzte "Tabac Original Cologne" erinnert, wobei Aventus feiner und haltbarer ist, ich "Tabac" aber trotzdem wesentlich lieber mag und männlicher finde. Alles in allem kann ich verstehen, wenn man diesen Duft mag, ich kann alle Bewertungen zwischen 3 und 8 Punkten irgendwie nachvollziehen, bei 9 wird es schwer für mich; warum es ein Spitzenduft sein sollte, den man mit 10 bewertet und für den man Höchstpreise bezahlt ist mir schleierhaft. Aber gut, ich muss ja auch nicht alles begreifen.
Nachdem ich jetzt 3 oder 4 Düfte von Creed ausprobiert habe und keiner mich wirklich restlos oder auch nur ganz überwiegend überzeugt hat, schreibe ich die Marke für mich persönlich ab. Insoweit bin ich ganz froh, dass sich die riesige Welt der Parfüms für mich nun ein ganz kleines Stück übersichtlicher gestaltet, das Leben ist sowieso zu kurz, um alle auszuprobieren.
Nachbemerkungen:
1. Das Marketing finde ich grob bescheuert. Erstens passt die Farbe nicht (dieser helle und teils recht süße Duft ist nun wirklich alles andere als "schwarz"), und zweitens passen der Name "Aventus" und das Symbol des Ritters nicht zur Komposition. In der ersten Stunde ist das zum großen Teil ein Ananas-Parfum, und die Ananas ist eine amerikanische Frucht, die erst nach Kolumbus nach Europa kam. Da gab es hier schon keine Ritter zu Rosse mehr, die Latein gesprochen oder "Aventuren", also Abenteuer, das Wort dürfte auch daher kommen, erlebt hätten. Mir tun solche vorne und hinten nicht zusammenpassenden Symbole in den Augen und im Kopf weh, aber vielleicht bin ich da auch etwas komisch. Ich würde ja auch nie in eine Wohnung ziehen, die in einer Straße mit einem beknackt klingenden Straßennamen liegt.
2. Die "Batch"-Debatte (deutsch sagt man für "Batch" übrigens glaube ich "Los") finde ich bizarr. Ich nehme mal an, es ist eine Massensuggestion, dass verschiedene Lose dieses Duftes ganz verschieden riechen sollen. Das würde ja heißen, dass entweder die Produktion nicht funktioniert, oder dass Creed absichtlich je nach Lust und Laune mal ein paar Zutaten weglässt. Sollte das aber (was ich nicht vermute) wirklich stimmen, so sollte es für jeden normalen Menschen ein Grund sein, diesen Duft, zumal zu diesem Preis, sofort zu meiden. Man stelle sich vor, es kommt eine Luxus-Cola auf den Markt für 30 Euro die Blechbüchse, und jede zehnte Dose schmeckt super, viel besser als Coke oder Pepsi, aber jede dritte schmeckt auch wie Scheiße mit Himbeeren. Wer würde dieses Produkt (für diesen Preis) kaufen, statt angeekelt den Kopf über soviel Dekadenz zu schütteln?
3. Noch bizarrer finde ich die ganze Flachleger-Nummer. Ich würde noch weiter gehen. All die Kommentare (nicht nur bei Aventus), die Geschichten über einen netten Flirt enthalten, der durch den Duft angestoßen wurde, und die dann mit so Formeln wie "über den Rest schweige ich hier" enden, halte ich, auch wenn sie auf den ersten Blick harmlos und irgendwie "nett" scheinen, für im Grunde verlogen. Einschub: Das gilt nicht für die seltenen Fällen, in denen der Autor deutlich macht, dass der Flirt respektive dessen Endergebnis nicht wirklich inhaltlich auf den Duft zurückging. Man kann ja auch schreiben, dass man den Duft so toll findet, weil er einen immer an den Abend erinnert, an dem man seine Traumfrau erobert hat, dagegen hab ich natürlich nichts. Einschub-Ende. Solche "Augenzwinker-Kommentare" implizieren immer, dass ein mehr oder weniger gerader Weg von einer Parfumbenutzung zum Erfolg im Bett führe. Leute, so etwas gibt es nicht! Nein. Ehrlich nicht. Glaubt es einfach nicht. Stellt euch mal einen Pornofilm vor (und in diesem Genre werden ja - wie ich gehört habe, ähem - schon äußerst lebensfremde und unwahrscheinliche Geschichten erzählt), in dem die heiße Braut zum Macker sagt: "voll geiler Duft" und dann (und deswegen) sich nackisch macht und über ihn herfällt. Das würde man nicht mal in dieser Art von Film durchgehen lassen, sondern für Blödsinn halten. Zu Recht. Klar kann die Mieze dich auch im realen Leben ansprechen und sagen: "Hey, du riechst aber gut!" Das wird sie aber schon nicht tun, wenn du aussiehst wie der Glöckner von Notre Dame. Und wenn sie es dann gesagt hat, dann landet ihr trotzdem nicht im Bett, wenn du auf ihr Intro (sozusagen die "olfaktorische Eröffnung") eine saublöde Antwort gibst oder dich ihr gegenüber benimmst wie der letzte Honk. Wenn du aber im Gegenteil ansprechend aussiehst, schlagfertig bist und dich ordentlich zu benehmen weißt, meinst du dann nicht, du hast auch ganz ohne Duft Chancen bei der Schnitte?
4. Wenn ich lese, dass finanziell nicht so gut aufgestellte Duft-Fans wochenlang um den Aventus-Flakon rumschleichen, um dann schließlich doch ihr halbes Monats-Azubi-Gehalt dafür auf den Tisch zu blättern, finde ich das einerseits wirklich (ironiefrei) schön und rührend. Man könnte das Geld ja auch für etwas wesentlich Schlimmeres ausgeben, und es hat natürlich auch etwas sehr poetisches, den Duft vors Essen zu setzen. Andererseits fällt mir da, gerade in Verbindung mit diesem nun wirklich nicht herausragenden Duft, auch das Fazit ein, das Steven Runciman am Ende seines Standardwerks zu den Kreuzzügen (ha! vielleicht ist der Reiter ja weder Alexander der Große noch Napoleon, sondern Gottfried von Bouillon!) zieht: "Eine großartige Leidenschaft, die eines besseren Zieles würdig gewesen wäre".
Ein ganz klein bisschen höre ich doch noch auf die Engelchen und mach jetzt Schluss...
Engel 2: Lass es. Schreib diesen Kommentar nicht. Er wird Polemik enthalten. Du hast jetzt 20 freundliche Kommentare geschrieben, warum solltest du mit dem einzundzwanzigsten jetzt anderen auf die Füße treten. Sei nicht arrogant. Schweige einfach, das ist genug.
FvSpee: Video meliora, proboque, deteriora sequor! ("Ich sehe das Bessere, erkenne es an, und folge doch dem Schlechteren" - Ovid)
Dieser ordentliche Duft besteht für mich im Wesentlichen aus zwei Phasen, einer ersten sehr fruchtigen Phase mit viel Ananas, die hart an der Grenze zur übertriebenen, süßlichen Fruchtigkeit laviert, und die zwar nett, aber jedenfalls nicht erotisch ist, und danach einer recht langandauernden, dann aber auch ziemlich linearen Phase. Dieser eignet eine schwer definierbare, eher glattpolierte und unspezifische gezähmte Männlichkeit, die mich von ferne an das von mir geschätzte "Tabac Original Cologne" erinnert, wobei Aventus feiner und haltbarer ist, ich "Tabac" aber trotzdem wesentlich lieber mag und männlicher finde. Alles in allem kann ich verstehen, wenn man diesen Duft mag, ich kann alle Bewertungen zwischen 3 und 8 Punkten irgendwie nachvollziehen, bei 9 wird es schwer für mich; warum es ein Spitzenduft sein sollte, den man mit 10 bewertet und für den man Höchstpreise bezahlt ist mir schleierhaft. Aber gut, ich muss ja auch nicht alles begreifen.
Nachdem ich jetzt 3 oder 4 Düfte von Creed ausprobiert habe und keiner mich wirklich restlos oder auch nur ganz überwiegend überzeugt hat, schreibe ich die Marke für mich persönlich ab. Insoweit bin ich ganz froh, dass sich die riesige Welt der Parfüms für mich nun ein ganz kleines Stück übersichtlicher gestaltet, das Leben ist sowieso zu kurz, um alle auszuprobieren.
Nachbemerkungen:
1. Das Marketing finde ich grob bescheuert. Erstens passt die Farbe nicht (dieser helle und teils recht süße Duft ist nun wirklich alles andere als "schwarz"), und zweitens passen der Name "Aventus" und das Symbol des Ritters nicht zur Komposition. In der ersten Stunde ist das zum großen Teil ein Ananas-Parfum, und die Ananas ist eine amerikanische Frucht, die erst nach Kolumbus nach Europa kam. Da gab es hier schon keine Ritter zu Rosse mehr, die Latein gesprochen oder "Aventuren", also Abenteuer, das Wort dürfte auch daher kommen, erlebt hätten. Mir tun solche vorne und hinten nicht zusammenpassenden Symbole in den Augen und im Kopf weh, aber vielleicht bin ich da auch etwas komisch. Ich würde ja auch nie in eine Wohnung ziehen, die in einer Straße mit einem beknackt klingenden Straßennamen liegt.
2. Die "Batch"-Debatte (deutsch sagt man für "Batch" übrigens glaube ich "Los") finde ich bizarr. Ich nehme mal an, es ist eine Massensuggestion, dass verschiedene Lose dieses Duftes ganz verschieden riechen sollen. Das würde ja heißen, dass entweder die Produktion nicht funktioniert, oder dass Creed absichtlich je nach Lust und Laune mal ein paar Zutaten weglässt. Sollte das aber (was ich nicht vermute) wirklich stimmen, so sollte es für jeden normalen Menschen ein Grund sein, diesen Duft, zumal zu diesem Preis, sofort zu meiden. Man stelle sich vor, es kommt eine Luxus-Cola auf den Markt für 30 Euro die Blechbüchse, und jede zehnte Dose schmeckt super, viel besser als Coke oder Pepsi, aber jede dritte schmeckt auch wie Scheiße mit Himbeeren. Wer würde dieses Produkt (für diesen Preis) kaufen, statt angeekelt den Kopf über soviel Dekadenz zu schütteln?
3. Noch bizarrer finde ich die ganze Flachleger-Nummer. Ich würde noch weiter gehen. All die Kommentare (nicht nur bei Aventus), die Geschichten über einen netten Flirt enthalten, der durch den Duft angestoßen wurde, und die dann mit so Formeln wie "über den Rest schweige ich hier" enden, halte ich, auch wenn sie auf den ersten Blick harmlos und irgendwie "nett" scheinen, für im Grunde verlogen. Einschub: Das gilt nicht für die seltenen Fällen, in denen der Autor deutlich macht, dass der Flirt respektive dessen Endergebnis nicht wirklich inhaltlich auf den Duft zurückging. Man kann ja auch schreiben, dass man den Duft so toll findet, weil er einen immer an den Abend erinnert, an dem man seine Traumfrau erobert hat, dagegen hab ich natürlich nichts. Einschub-Ende. Solche "Augenzwinker-Kommentare" implizieren immer, dass ein mehr oder weniger gerader Weg von einer Parfumbenutzung zum Erfolg im Bett führe. Leute, so etwas gibt es nicht! Nein. Ehrlich nicht. Glaubt es einfach nicht. Stellt euch mal einen Pornofilm vor (und in diesem Genre werden ja - wie ich gehört habe, ähem - schon äußerst lebensfremde und unwahrscheinliche Geschichten erzählt), in dem die heiße Braut zum Macker sagt: "voll geiler Duft" und dann (und deswegen) sich nackisch macht und über ihn herfällt. Das würde man nicht mal in dieser Art von Film durchgehen lassen, sondern für Blödsinn halten. Zu Recht. Klar kann die Mieze dich auch im realen Leben ansprechen und sagen: "Hey, du riechst aber gut!" Das wird sie aber schon nicht tun, wenn du aussiehst wie der Glöckner von Notre Dame. Und wenn sie es dann gesagt hat, dann landet ihr trotzdem nicht im Bett, wenn du auf ihr Intro (sozusagen die "olfaktorische Eröffnung") eine saublöde Antwort gibst oder dich ihr gegenüber benimmst wie der letzte Honk. Wenn du aber im Gegenteil ansprechend aussiehst, schlagfertig bist und dich ordentlich zu benehmen weißt, meinst du dann nicht, du hast auch ganz ohne Duft Chancen bei der Schnitte?
4. Wenn ich lese, dass finanziell nicht so gut aufgestellte Duft-Fans wochenlang um den Aventus-Flakon rumschleichen, um dann schließlich doch ihr halbes Monats-Azubi-Gehalt dafür auf den Tisch zu blättern, finde ich das einerseits wirklich (ironiefrei) schön und rührend. Man könnte das Geld ja auch für etwas wesentlich Schlimmeres ausgeben, und es hat natürlich auch etwas sehr poetisches, den Duft vors Essen zu setzen. Andererseits fällt mir da, gerade in Verbindung mit diesem nun wirklich nicht herausragenden Duft, auch das Fazit ein, das Steven Runciman am Ende seines Standardwerks zu den Kreuzzügen (ha! vielleicht ist der Reiter ja weder Alexander der Große noch Napoleon, sondern Gottfried von Bouillon!) zieht: "Eine großartige Leidenschaft, die eines besseren Zieles würdig gewesen wäre".
Ein ganz klein bisschen höre ich doch noch auf die Engelchen und mach jetzt Schluss...
24 Antworten


Ich sehe betrachte damit meine Antwort auf Deinen Kommi zum Sierstorpff als erledigt:D
Ja das mit dem Pantydropperscheiß kann ich auch nicht mehr hören und lesen. Viele reviewer haben tolle Düfte damit einfach durch den dreck gezogen. (Meine Meinung)
Mir reicht es, wenn mein Duft meiner Verlobten ein rrrhhh entlockt. Das ist alles was zählt. Aber Komplimente von fremden nehme ich natürlich auch gerne entgegen :D