01.08.2014 - 14:50 Uhr
Palonera
467 Rezensionen
Palonera
Top Rezension
25
Zicke.
Die Erinnerung ist ein seltsam' Ding.
Manchmal springt sie uns unverhofft an, ungefragt und ungebeten, angelockt von einem Lächeln, einem Zwinkern, einem Duft.
Dann malt sie Bilder auf unsere innere Leinwand, spielt auf der Klaviatur unserer Gefühle, hebt uns in den Himmel oder wirft uns in die Schlucht.
Das kann sie gut, die Erinnerung, das tut sie gern, ob wir wollen oder nicht.
Doch so freigebig sie auch sein mag, so reichhaltig ihre Gaben oft sind: Manchmal ist sie eine Zicke.
Eine bockige, störrische, widerstrebende Zicke, die mir die kalte Schulter zeigt, die Arme verschränkt, die Augen trotzig abgewandt.
Dann, wenn ich sie am dringendsten bräuchte.
Wenn sie Rätsel lösen, Antworten liefern könnte, wenn sie nur wollte.
Aber sie will nicht.
Zicke.
Meine Mutter liebte Bartnelken.
Solange ich denken kann, gab es Bartnelkensträuße in unserer Wohnung, mal monothematisch gebunden, mal Teil eines größeren Bouquets.
Rosa, weiß und purpurfarben, zart und fein und doch so kraftvoll, so robust wirkend wie ein Mädchen vom Lande, frisch und fröhlich und wunderbar.
Blüte um Blüte, Strauß um Strauß erscheint vor meinem inneren Auge, farbintensiv und detailreich – und völlig frei von jedem Duft.
Kein noch so zarter Hauch, keine Erinnerung einer Erinnerung.
Wie dufteten sie, die Bartnelken?
Nelkig, pudrig, lieblich, herb?
Würgten sie mich, lockten sie, stachen oder stichelten sie, spielten schüchtern Verstecken?
Ich weiß es nicht, ich habe keine Ahnung.
Sie will mir nicht helfen, die Erinnerung.
Zicke!
Vor mir steht ein kleiner Behälter "Sweet William".
Fast farblos ist sein Inhalt, deutlich geschrumpft die Menge in jenen vier Tagen, die wir miteinander verbracht haben.
Wieder und wieder habe ich mich genähert, wieder und wieder meine Haut genäßt in der Hoffnung, es werde nun "klick" machen und Licht werden in der Dunkelkammer meines Gedächtnisses.
Wie riechen Bartnelken?
Sind sie holzig-herb wie die ersten Sekunden von "Sweet William" auf meiner Haut?
Ätherisch-bergamottgrün-strahlend wie die folgenden drei Minuten?
Wärmen sie Atemwege, Herz und Seele mit aromatisch-würzigen Akkorden, in deren Hintergrund ein unsüßer Pfirsich dezent den Taktstock schwingt?
Ich schließe die Augen, das Handgelenk an der Nase, und finde mich wieder unter einem alten Baum irgendwo in einem hochsommerlichen Garten, über mir ein tiefblauer Himmel, hier und dort fragil-flüchtige Federwölkchen und um mich herum das träge Summen der Insekten, die in der Hitze des Nachmittags von Blüte zu Blüte taumeln.
Ein Hauch von Haarspray, eine Prise dunkler Zimt, zwei oder drei Gewürznelken, eine Ahnung Creme und noch immer der Pfirsich, reifer nun, mit sanfter Süße, ein ganz klein wenig kratzig nur.
Sommer. Sonne. Liegestuhl.
Sonnencreme und Sonnenbrille.
Warme, weiche, goldgebräunte Haut, samtig schimmernd.
Ein Schweißtropfen, der sich langsam seinen Weg bahnt.
Bartnelken?
Wer weiß.
Sie schweigt.
Zicke.
PS: Franfan - danke!
Manchmal springt sie uns unverhofft an, ungefragt und ungebeten, angelockt von einem Lächeln, einem Zwinkern, einem Duft.
Dann malt sie Bilder auf unsere innere Leinwand, spielt auf der Klaviatur unserer Gefühle, hebt uns in den Himmel oder wirft uns in die Schlucht.
Das kann sie gut, die Erinnerung, das tut sie gern, ob wir wollen oder nicht.
Doch so freigebig sie auch sein mag, so reichhaltig ihre Gaben oft sind: Manchmal ist sie eine Zicke.
Eine bockige, störrische, widerstrebende Zicke, die mir die kalte Schulter zeigt, die Arme verschränkt, die Augen trotzig abgewandt.
Dann, wenn ich sie am dringendsten bräuchte.
Wenn sie Rätsel lösen, Antworten liefern könnte, wenn sie nur wollte.
Aber sie will nicht.
Zicke.
Meine Mutter liebte Bartnelken.
Solange ich denken kann, gab es Bartnelkensträuße in unserer Wohnung, mal monothematisch gebunden, mal Teil eines größeren Bouquets.
Rosa, weiß und purpurfarben, zart und fein und doch so kraftvoll, so robust wirkend wie ein Mädchen vom Lande, frisch und fröhlich und wunderbar.
Blüte um Blüte, Strauß um Strauß erscheint vor meinem inneren Auge, farbintensiv und detailreich – und völlig frei von jedem Duft.
Kein noch so zarter Hauch, keine Erinnerung einer Erinnerung.
Wie dufteten sie, die Bartnelken?
Nelkig, pudrig, lieblich, herb?
Würgten sie mich, lockten sie, stachen oder stichelten sie, spielten schüchtern Verstecken?
Ich weiß es nicht, ich habe keine Ahnung.
Sie will mir nicht helfen, die Erinnerung.
Zicke!
Vor mir steht ein kleiner Behälter "Sweet William".
Fast farblos ist sein Inhalt, deutlich geschrumpft die Menge in jenen vier Tagen, die wir miteinander verbracht haben.
Wieder und wieder habe ich mich genähert, wieder und wieder meine Haut genäßt in der Hoffnung, es werde nun "klick" machen und Licht werden in der Dunkelkammer meines Gedächtnisses.
Wie riechen Bartnelken?
Sind sie holzig-herb wie die ersten Sekunden von "Sweet William" auf meiner Haut?
Ätherisch-bergamottgrün-strahlend wie die folgenden drei Minuten?
Wärmen sie Atemwege, Herz und Seele mit aromatisch-würzigen Akkorden, in deren Hintergrund ein unsüßer Pfirsich dezent den Taktstock schwingt?
Ich schließe die Augen, das Handgelenk an der Nase, und finde mich wieder unter einem alten Baum irgendwo in einem hochsommerlichen Garten, über mir ein tiefblauer Himmel, hier und dort fragil-flüchtige Federwölkchen und um mich herum das träge Summen der Insekten, die in der Hitze des Nachmittags von Blüte zu Blüte taumeln.
Ein Hauch von Haarspray, eine Prise dunkler Zimt, zwei oder drei Gewürznelken, eine Ahnung Creme und noch immer der Pfirsich, reifer nun, mit sanfter Süße, ein ganz klein wenig kratzig nur.
Sommer. Sonne. Liegestuhl.
Sonnencreme und Sonnenbrille.
Warme, weiche, goldgebräunte Haut, samtig schimmernd.
Ein Schweißtropfen, der sich langsam seinen Weg bahnt.
Bartnelken?
Wer weiß.
Sie schweigt.
Zicke.
PS: Franfan - danke!
18 Antworten