16.02.2018 - 03:02 Uhr
Torfdoen
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Torfdoen
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22
Astreine Behandlung
Im Behandlungszimmer desinfinzierte man mir die Nasengegend mit einem nassen Tüchlein und injizierte das Betäubungsmittel.
In der Teeküche brachte sich eine Arzthelferin mittels Dosenspray die Haare in Form.
„Ich dachte, das sei mittlerweile verboten.“
„Bitte nicht mehr sprechen“, sagte die andere Helferin in routinemäßig kaltem Ton. „Der Doktor wird gleich kommen.“
Wie ich so dasaß in dem großen ledernen Sessel, müde und trotzdem leicht aufgekratzt, fiel mir wieder ein, dass ich unbedingt Henriettes Handtasche aus der chemischen Reinigung holen wollte. Wie sollte man etwas nicht vergessen, wenn man sich daran erinnern musste, dachte ich beim Betrachten des sorgfältig arrangierten Operationsbestecks, als mir hier und da kleine Wasserflecken an den metallenen Griffeln und Schabern auffielen.
Der Herr Arzt knallte durch die Tür und kurvte direkt zu seinen Computerinstrumenten.
„So. Was haben wir hier? Sie riechen nicht mehr so gut? Nase verstopft? Herr Massing, wie lange haben Sie die Beschwerden?“
„Hm,...“
„Bitte mal den Kopf nach hinten legen. Jetzt auf keinen Fall sprechen.“
Der Sessel brachte mich in die Horizontale. Mit einem Scheinwerfer an der überdimensionierten Brille, die über seiner normalen Brille saß, blendete er mir das Gesicht. Ich sah etwas, das einem Trichter ähnelte.
„So, und jetzt mal die Nasenflügel ganz weit aufmachen.“
Er ging auf Sehrohrtiefe. Aus den Boxen in den oberen Ecken des Behandlungszimmers tönte die Titelmelodie von Bonanza. „Sagen Sie, Herr Massing“, der Doktor musste regelrecht gegen den Lärm anschreien, „benutzen Sie Ihre Nase noch zu etwas anderem als Riechen?“
Er nestelte an mir herum. Ich konnte kaum antworten, auch aufgrund des Plastikröhrchens in meinem Hals.
„Warum ist die Musik so laut?“, gurgelte ich.
Der Doktor sagte etwas. Er öffnete eine der unzähligen Schubladen und nahm eine Tube Patex zur Hand.
[Untertitel ein] „Herr Doktor, ich glaube, die Betäubung wirkt nicht. Ist das Patex?“
„Nein, Modeliergel. Das haben wir gleich.“
Eine angenehme Entrücktheit umfing mich. Der Klebstoff schien meinen Kopf ganz auszufüllen.
Der Doktor wartete auf etwas. „Jetzt müssen wir die Sekunden zählen. Das tut jetzt gleich weh.“
„Aua!“
„Sehen Sie, da hat sich schon was gelöst.“ Er hielt mir das ganze Gehege wie einen kandierten Apfel vor die Nase. Es war unglaublich. Nicht nur, dass ich wieder riechen konnte, meine Ohren - diese Stille [Untertitel aus] - und mein Geschmackssinn waren in außergewöhnlich guter Verfassung.
„Herr Massing, was sehen Sie hier?“ Er hielt mir zwei Schälchen vor.
„Eine Schale mit klarer Flüssigkeit und eine Schale mit Pfefferkörnern.“
„Wie riecht es?“
„Ozonisch…, und nach Pfeffer.“
„Lassen Sie sich Zeit. Vielleicht atmen Sie erstmal ganz tief durch und, Dani!, probieren es erneut.“
Mit einem Nasenspray bewaffnet kam die Arzthelferin ins Zimmer geschossen und verteilte auf beide Löcher. Ich atmete tief. Dann, die Schalen. „Ja…, so was Wässriges, Ozonisches. Wie Chlor. Und Pfeffer.“
„Sind Sie ganz sicher? Würden Sie nicht sagen, dass es 'grün und Vetiver' ist?“
„Hm, grün, eher nicht.“
„Würzig?“
„So taschenledrig. Neuwarengeruch. Supersteril. Mit Pfefferkörnern.“
„Ja, das ist hier mal offensichtlich“, sagte der Doktor. „Wie sind die Taschen, feucht oder trocken?“
„Die Taschen sind trocken, aber ich bin Schwimmen im Gartenpool.“
„Ok, er hat's. Mit Ledertaschen? Oder Zigarette?“
„Eher mit...“
Zwei Arzthelfer betraten den Raum, ihnen zuvorderst Dr. Kaslow. „...beidem.“
„Sie haben das sehr gut gemacht, Herr Massnig.“ Sie stellte sich vor mir auf. „Ich denke, Sie werden bald wieder ihr altes Energielevel zurückerhalten. Schonen Sie sich keineswegs. Genießen Sie. Seien Sie großzügig zu sich selbst und ihren Liebsten.“
„Ach, Henriette! Vielen Dank, Frau Doktor, Herr Doktor!“ Der Doktor war schon längst in einem anderen Zimmer verschwunden, denn der Praxisbetrieb ließ es nicht zu, dass er unnötig viel Zeit auf persönliche Gespräche verwendete. „Ich komme gleich.“
„Vielleicht noch ein Limonenschnitz?“ Ein Arzthelfer hielt mit einer Pinzette ein hauchdünn skalpiertes Zitronenhäutchen.
Ich nahm es und verließ dankend die Praxis.
In der Teeküche brachte sich eine Arzthelferin mittels Dosenspray die Haare in Form.
„Ich dachte, das sei mittlerweile verboten.“
„Bitte nicht mehr sprechen“, sagte die andere Helferin in routinemäßig kaltem Ton. „Der Doktor wird gleich kommen.“
Wie ich so dasaß in dem großen ledernen Sessel, müde und trotzdem leicht aufgekratzt, fiel mir wieder ein, dass ich unbedingt Henriettes Handtasche aus der chemischen Reinigung holen wollte. Wie sollte man etwas nicht vergessen, wenn man sich daran erinnern musste, dachte ich beim Betrachten des sorgfältig arrangierten Operationsbestecks, als mir hier und da kleine Wasserflecken an den metallenen Griffeln und Schabern auffielen.
Der Herr Arzt knallte durch die Tür und kurvte direkt zu seinen Computerinstrumenten.
„So. Was haben wir hier? Sie riechen nicht mehr so gut? Nase verstopft? Herr Massing, wie lange haben Sie die Beschwerden?“
„Hm,...“
„Bitte mal den Kopf nach hinten legen. Jetzt auf keinen Fall sprechen.“
Der Sessel brachte mich in die Horizontale. Mit einem Scheinwerfer an der überdimensionierten Brille, die über seiner normalen Brille saß, blendete er mir das Gesicht. Ich sah etwas, das einem Trichter ähnelte.
„So, und jetzt mal die Nasenflügel ganz weit aufmachen.“
Er ging auf Sehrohrtiefe. Aus den Boxen in den oberen Ecken des Behandlungszimmers tönte die Titelmelodie von Bonanza. „Sagen Sie, Herr Massing“, der Doktor musste regelrecht gegen den Lärm anschreien, „benutzen Sie Ihre Nase noch zu etwas anderem als Riechen?“
Er nestelte an mir herum. Ich konnte kaum antworten, auch aufgrund des Plastikröhrchens in meinem Hals.
„Warum ist die Musik so laut?“, gurgelte ich.
Der Doktor sagte etwas. Er öffnete eine der unzähligen Schubladen und nahm eine Tube Patex zur Hand.
[Untertitel ein] „Herr Doktor, ich glaube, die Betäubung wirkt nicht. Ist das Patex?“
„Nein, Modeliergel. Das haben wir gleich.“
Eine angenehme Entrücktheit umfing mich. Der Klebstoff schien meinen Kopf ganz auszufüllen.
Der Doktor wartete auf etwas. „Jetzt müssen wir die Sekunden zählen. Das tut jetzt gleich weh.“
„Aua!“
„Sehen Sie, da hat sich schon was gelöst.“ Er hielt mir das ganze Gehege wie einen kandierten Apfel vor die Nase. Es war unglaublich. Nicht nur, dass ich wieder riechen konnte, meine Ohren - diese Stille [Untertitel aus] - und mein Geschmackssinn waren in außergewöhnlich guter Verfassung.
„Herr Massing, was sehen Sie hier?“ Er hielt mir zwei Schälchen vor.
„Eine Schale mit klarer Flüssigkeit und eine Schale mit Pfefferkörnern.“
„Wie riecht es?“
„Ozonisch…, und nach Pfeffer.“
„Lassen Sie sich Zeit. Vielleicht atmen Sie erstmal ganz tief durch und, Dani!, probieren es erneut.“
Mit einem Nasenspray bewaffnet kam die Arzthelferin ins Zimmer geschossen und verteilte auf beide Löcher. Ich atmete tief. Dann, die Schalen. „Ja…, so was Wässriges, Ozonisches. Wie Chlor. Und Pfeffer.“
„Sind Sie ganz sicher? Würden Sie nicht sagen, dass es 'grün und Vetiver' ist?“
„Hm, grün, eher nicht.“
„Würzig?“
„So taschenledrig. Neuwarengeruch. Supersteril. Mit Pfefferkörnern.“
„Ja, das ist hier mal offensichtlich“, sagte der Doktor. „Wie sind die Taschen, feucht oder trocken?“
„Die Taschen sind trocken, aber ich bin Schwimmen im Gartenpool.“
„Ok, er hat's. Mit Ledertaschen? Oder Zigarette?“
„Eher mit...“
Zwei Arzthelfer betraten den Raum, ihnen zuvorderst Dr. Kaslow. „...beidem.“
„Sie haben das sehr gut gemacht, Herr Massnig.“ Sie stellte sich vor mir auf. „Ich denke, Sie werden bald wieder ihr altes Energielevel zurückerhalten. Schonen Sie sich keineswegs. Genießen Sie. Seien Sie großzügig zu sich selbst und ihren Liebsten.“
„Ach, Henriette! Vielen Dank, Frau Doktor, Herr Doktor!“ Der Doktor war schon längst in einem anderen Zimmer verschwunden, denn der Praxisbetrieb ließ es nicht zu, dass er unnötig viel Zeit auf persönliche Gespräche verwendete. „Ich komme gleich.“
„Vielleicht noch ein Limonenschnitz?“ Ein Arzthelfer hielt mit einer Pinzette ein hauchdünn skalpiertes Zitronenhäutchen.
Ich nahm es und verließ dankend die Praxis.
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