Halbjahres-Jubiläum - oder: Harry Potter und der Flakon des Schreckens

Eben habe ich gesehen, dass ich jetzt tatsächlich schon ein halbes Jahr auf Parfumo bin - und das, obwohl ich doch nie vorhatte, zu bleiben! Das ist doch einen Blogeintrag wert und sofort fallen mir etliche Themen ein, über die ich schreiben könnte. Manche würden sicher einen Shitstorm auslösen und das, obwohl ich Parfumo und die allermeisten Parfumos sehr schätze. Aber ich hab eine Tendenz, mir kontroverse Themen auszusuchen und mir damit, yippie! , jede Menge Feinde zu machen. Nein, nein, zum Halbjährigen sollte es etwas versöhnliches, zuckergusslastigeres sein. Vielleicht hat die Hexenschulklasse auf meinem Hintergrundbild den Ausschlag gegeben, die Harry Potter-DVD auf meinem Schreibtisch oder aber mein Nutzername, jedenfalls...

... *dramatische Pause* ...

... will ich von meinem ersten Kontakt mit Parfumo erzählen, als ich wirklich den Eindruck hatte, ich habe gerade den Eingang zur Winkelgasse gefunden und die Tür zu einer vollkommen neuen, fremden Welt aufgestoßen. Ja, als ich zum ersten Mal auf Parfumo landete, kam ich mir vor wie Harry Potter, der soeben erfahren hat, dass er ein Zauberer ist. In einer Welt voller Muggel war Harry ein Sonderling, seltsam, absonderlich. Und dann kam Hagrid, brachte ihm seinen Brief von Hogwarts und er erfuhr: Er WAR gar nicht seltsam! Mit ihm war nichts falsch. Er war einfach nur ein Zauberer! Und es gab noch mehr von seiner Sorte, Hunderte. Tausende! Und so ging es mir mit meiner ungesunden (?) Parfum-Obsession. Ich merkte plötzlich, so schräg ist das gar nicht! In einer Welt voller Parfum-Muggel, die einen täglich umgeben, war ich einfach nur eine Hexe. Und Parfumo wurde mein Hogwarts, hier gab es noch mehr von meiner Sorte, noch mehr (Parfum-)Verrückte.

Mein 'Brief aus Hogwarts' kam nicht mit einer Eule, sondern mit einer Suchanfrage bei ... *Schleichwerbung* ... Google. Die ganze Parfum-Obsession hatte Anfang 2017 angefangen. Mein Lieblingsparfum war plötzlich nicht mehr zu haben und beim Marsch durch die Parfümerie und Parfumabteilung der Drogerie stellte ich fest, dass ich nichts finden konnte, was mir gefiel, was mein altes Parfum ersetzte, was außergewöhnlich genug war. Alles roch plötzlich gleich, belanglos, langweilig, passte nicht zu mir. Ich fing an, Parfum-Prospekte immer interessierter zu lesen, im Internet nach Parfum-Blogs zu stöbern und Parfum-bezogene Fragen in die Suchmaschine zu jagen. Und eine dieser Fragen, ich weiß schon nicht mehr, welche es war, brachte mich auf parfumo.de! Um eine Frage im Forum stellen zu können, meldete ich mich an...

... und fühlte mich plötzlich wie Harry Potter, der zum ersten Mal Hogwarts betritt. Da sind lauter schräge Leute und mysteriöse Wesen. Und sie sprechen deine Sprache, aber es ist doch wieder nicht deine Sprache, denn sie ist voller seltsamer, nie gehörter Wörter. "Weder die Muggel noch Du-weißt-schon-wer können mich davon abhalten, dir deinen Brief aus Hogwarts zu geben, Harry!" Was zum Teufel ist ein Muggel, was ist Hogwarts, wer ist Du-weißt-schon-wer?! Ob ich lieber nach Slytherin oder Gryffindor will? Was, bitte, ist das überhaupt?!
So ähnlich ging es mir beim ersten Durchstöbern von Parfumo. Das war Deutsch, das da gesprochen wurde. Aber gespickt mit lauter seltsamen, fremden Wörtern. Souk, Sillage, Chypre, Fougère?! Was, zum Henker???

Und dann waren da die verschiedenen Gruppen und Cliquen, ganz wie die vier Häuser von Hogwarts. Und wie Harry Potter musste ich erstmal lernen, wie die zueinander stehen. Wer mit wem verbündet ist und wer untereinander überhaupt nicht klarkommt, ganz wie Slytherin und Gryffindor. Da waren also die Nischler, da die Drogeriemarkt-Duftregalplünderer und da die 'Ich-sammele-alle-Flanker-von-einem-Parfum'-ler. Da die Vintage-isten, die alle nach 1995 erschienenen Parfums als Teufelszeug verschreien. Und da die, die jedes neu erschienene Parfum als erstes haben müssen. Und wo gehöre ich da hin? Will ich zu den elitären Slytherins in die Nische? Soll ich mich zu denen gesellen, die nur das Vintage-Original gelten lassen, nur die mit wirklich altem Stammbaum und alle, die es wagen, reformulierte Neuerscheinungen zu kaufen, naserümpfend verurteilen wie die Malfoys ein Schlammblut? Und: Sind die Drogeriemarkt-Parfumträger die Hufflepuffs von Parfumo?

Nach einem halben Jahr Parfumo spreche ich endlich den Jargon und komme mir nicht mehr vor wie ein ahnungsloser Muggelstämmiger bei den ersten Schritten durch die Winkelgasse: Was sind das nur für Leute?? Wovon reden die da alle? Fragen wie diese stellen sich nicht mehr. Ich verstehe den Sprech um mich herum und ich bin auf Parfumo angekommen. Ich fühle mich zu Hause.

Und was den titelgebenden Flakon des Schreckens angeht: Ja, auch der ist mir in diesem aufregenden halben Jahr das ein oder andere Mal begegnet. Wie in Hogwarts anscheinend kein Schuljahr vergehen kann, ohne dass Voldemort einmal versucht, Harry Potter umzubringen, hatte auch ich es im letzten halben Jahr mit so manchem geruchstechnischen Abenteuer und Mordanschlag auf meinen Geruchssinn zu tun. Aber wir wissen ja aus den Harry Potter-Büchern und -Filmen: Am Ende wird immer alles gut. Und so habe auch ich dank Parfumo und seinen bezaubernden Bewohnern jede Menge neue Parfumschätze entdecken dürfen.
Anfangs hatte ich ja die Sorge, dass ich mit der Anmeldung auf Parfumo die Kammer des Schreckens aufstoße, aus der dann scharenweise Snobs entweichen. Aber mittlerweile weiß ich, dass es doch eher der Raum der Wünsche war. Hier findet man nämlich dufttechnisch wirklich alles, was das Herz begehrt: alte Lieblinge, unerreichbares aus dem Ausland, Vintage-Schätze, begehrte Neuerscheinungen.

Von daher: Möge die Macht weiter mit Euch sein! (Okay, das war dann doch der falsche Film.)