L'Original Préparation Parfumée Andrée Putman 2001
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Top Rezension
Silence is so accurate
Wäre Mark Rothko nicht von seiner schweren depressiven Erkrankung zeitlebens gebeutelt und innerlich zerrissen worden, hätte er nicht als zehnjähriger Junge die Flucht mit seiner Familie vor antisemitischen Verfolgungen in die USA erleben müssen, wie hätte dann seine Malerei ausgesehen?
Diese Bilder, die ihn zu einem der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Farbfeldmalerei und des abstrakten Expressionismus gemacht haben: Hätte es in ihm überhaupt einen ausreichend starken neurotischen Antrieb gegeben, sie zu malen?
Bilder, die als dekorativ gemeinte Kunstdrucke, in nahezu allen Fällen mißverstanden, in jedem zweiten Behördenbüro hängen. Bilder, die im Original bisweilen mehrere Quadratmeter große vibrierende Farbräume bilden, düster, gewalttätig, aus denen das Licht heraus gesaugt wird und in denen sich eine allumfassende Dunkelheit breit macht. Die, so wollte es der Maler, in verdunkelten Räumen gehängt werden müssen, an die der Betrachter auf 45 cm Nähe herantreten soll, um deren verzweifelte Gefühlswelt - Drama, Tragödie, Schicksal - unmittelbar zu erfahren.
Wäre er ein froher, lebensbejahender Mann gewesen, dieser Mark Rothko, und seine Malerei der Zuversicht, nicht der Verzweiflung gedient, seine Bilder wären Räume aus horizontal gestapelter Lichterfülltheit geworden.
Ich stelle mir diese reduzierten Farbflächen eines seelisch gesünderen, frohen Rothko vor, schwebend, weiß, grau, grün, pastellig, Helligkeit, Stille und Hoffnung wie ein Sonnenaufgang, den man an einem nebeligen Morgen betrachtet, erzeugend.
Ich bin mir sicher: Es hätte diese Bilder nie gegeben.
Aber es gibt L´Original von Andrée Putman.
„Wenn ich L`Original trage, dann kann ich augenblicklich in mir ruhen, ganz egal, wie aufgewühlt oder bedrückt ich vorher war.“
Diese wunderbaren Worte stammen nicht von mir, aber sie beschreiben sehr treffend, wie dieser Duft wirkt. Ich sehe seine Farbschichten vor mir: Eine fast weiße Fläche, zentral, bestimmend. Weißer Pfeffer. Eine viel subtilere, präzisere Qualität als „pfeffrig scharf“, besser: aromatisch, fokussiert, definiert.
Ein weiterer Farbraum, grün, pastellig, frisch, schwebend: Koriander, er vermischt sich randwärts mit dem Pfeffer, bleibt aber eigenständig als grüne Qualität wahrnehmbar.
Im Hintergrund, im unteren Bildbereich, ein Grauton, Holz, welches auch immer, zurückgenommen, fest, matt, die Basis.
Die Farbflächen umgibt ein rosiger Schimmer, ein Hauch eines wässrigen unsüßen Blütendufts.
Ich weiß nicht, wie Seerosen riechen. Ich besitze eine, eingepflanzt in ein durchgesägtes wassergefülltes Whiskeyfass, um diese Jahreszeit im Winterschlaf, sie steht am Hauseingang und erfreut mich und unsere Besucher den ganzen Sommer über mit pastellig gelben Blüten. Einen Duft habe ich noch nie wahrgenommen, aber die Duftnoten-Bezeichnung „Seerose“, vielleicht auch eine Anspielung auf einen thematischen Dauerbrenner impressionistischer Malerei, passt, auch wenn es möglicherweise ein Phantasiegebilde ist, bestens.
Ich kenne sonst kaum einen Duft, der so reduziert, schlicht und edel eine derartige Wirkung von Stille und Fokussiertheit erzeugt. Ähnlich pastellig schwebend habe ich Gypsy Water in Erinnerung, hier allerdings ein kräftiges alkoholisches Wacholder-Blaugrün, darauf eine Fläche aus rosiger, pudriger Iris.
Gerade zu dieser Jahreszeit finde ich diesen Dufteindruck in seiner schlichten Eleganz und reduzierten Beiläufigkeit sehr ansprechend. Man hat sich an den ganzen lauten, harzigen, weihrauchigen, balsamischen Winterdüften, den opernhaft aufwändigen Kompositionen, die man so liebt, gerade vielleicht ein bisschen müde gerochen, und dieser Duft schickt einem eine wunderbare Vorahnung von Licht, Weite, Neubeginn, Sammlung.
„Silence is so accurate.“ - Mark Rothko
Ich danke Turandot für die Möglichkeit, diesen schönen Duft kennengelernt zu haben.
Diese Bilder, die ihn zu einem der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Farbfeldmalerei und des abstrakten Expressionismus gemacht haben: Hätte es in ihm überhaupt einen ausreichend starken neurotischen Antrieb gegeben, sie zu malen?
Bilder, die als dekorativ gemeinte Kunstdrucke, in nahezu allen Fällen mißverstanden, in jedem zweiten Behördenbüro hängen. Bilder, die im Original bisweilen mehrere Quadratmeter große vibrierende Farbräume bilden, düster, gewalttätig, aus denen das Licht heraus gesaugt wird und in denen sich eine allumfassende Dunkelheit breit macht. Die, so wollte es der Maler, in verdunkelten Räumen gehängt werden müssen, an die der Betrachter auf 45 cm Nähe herantreten soll, um deren verzweifelte Gefühlswelt - Drama, Tragödie, Schicksal - unmittelbar zu erfahren.
Wäre er ein froher, lebensbejahender Mann gewesen, dieser Mark Rothko, und seine Malerei der Zuversicht, nicht der Verzweiflung gedient, seine Bilder wären Räume aus horizontal gestapelter Lichterfülltheit geworden.
Ich stelle mir diese reduzierten Farbflächen eines seelisch gesünderen, frohen Rothko vor, schwebend, weiß, grau, grün, pastellig, Helligkeit, Stille und Hoffnung wie ein Sonnenaufgang, den man an einem nebeligen Morgen betrachtet, erzeugend.
Ich bin mir sicher: Es hätte diese Bilder nie gegeben.
Aber es gibt L´Original von Andrée Putman.
„Wenn ich L`Original trage, dann kann ich augenblicklich in mir ruhen, ganz egal, wie aufgewühlt oder bedrückt ich vorher war.“
Diese wunderbaren Worte stammen nicht von mir, aber sie beschreiben sehr treffend, wie dieser Duft wirkt. Ich sehe seine Farbschichten vor mir: Eine fast weiße Fläche, zentral, bestimmend. Weißer Pfeffer. Eine viel subtilere, präzisere Qualität als „pfeffrig scharf“, besser: aromatisch, fokussiert, definiert.
Ein weiterer Farbraum, grün, pastellig, frisch, schwebend: Koriander, er vermischt sich randwärts mit dem Pfeffer, bleibt aber eigenständig als grüne Qualität wahrnehmbar.
Im Hintergrund, im unteren Bildbereich, ein Grauton, Holz, welches auch immer, zurückgenommen, fest, matt, die Basis.
Die Farbflächen umgibt ein rosiger Schimmer, ein Hauch eines wässrigen unsüßen Blütendufts.
Ich weiß nicht, wie Seerosen riechen. Ich besitze eine, eingepflanzt in ein durchgesägtes wassergefülltes Whiskeyfass, um diese Jahreszeit im Winterschlaf, sie steht am Hauseingang und erfreut mich und unsere Besucher den ganzen Sommer über mit pastellig gelben Blüten. Einen Duft habe ich noch nie wahrgenommen, aber die Duftnoten-Bezeichnung „Seerose“, vielleicht auch eine Anspielung auf einen thematischen Dauerbrenner impressionistischer Malerei, passt, auch wenn es möglicherweise ein Phantasiegebilde ist, bestens.
Ich kenne sonst kaum einen Duft, der so reduziert, schlicht und edel eine derartige Wirkung von Stille und Fokussiertheit erzeugt. Ähnlich pastellig schwebend habe ich Gypsy Water in Erinnerung, hier allerdings ein kräftiges alkoholisches Wacholder-Blaugrün, darauf eine Fläche aus rosiger, pudriger Iris.
Gerade zu dieser Jahreszeit finde ich diesen Dufteindruck in seiner schlichten Eleganz und reduzierten Beiläufigkeit sehr ansprechend. Man hat sich an den ganzen lauten, harzigen, weihrauchigen, balsamischen Winterdüften, den opernhaft aufwändigen Kompositionen, die man so liebt, gerade vielleicht ein bisschen müde gerochen, und dieser Duft schickt einem eine wunderbare Vorahnung von Licht, Weite, Neubeginn, Sammlung.
„Silence is so accurate.“ - Mark Rothko
Ich danke Turandot für die Möglichkeit, diesen schönen Duft kennengelernt zu haben.
17 Antworten


Danke für diesen treffenden, famosen Kommentar.
Hast du mittlerweile an den Seerosen gerochen? Sie duften sehr intensiv.