17.05.2015 - 12:17 Uhr
Meggi
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Rache
Sie lag ganz still. Es war nahezu dunkel; nur ein einzelnes Öllämpchen warf seinen schwächlichen Schimmer durch den Raum. Sie fror, obwohl es ein sehr warmer Abend war. Die Frauen waren gerade eben gegangen und ein halbes Dutzend verstümmelter Diener hatte die große Wanne hinausgetragen. In der Luft und auf ihrer Haut hing ein leicht seifiger Geruch von Rosen und Safran, der köstlich hätte sein können. Ihr Körper war gründlich gewaschen, rasiert, gesalbt und parfümiert worden. Was für ein Aberwitz, dass sie gereinigt wurde, bloß um gleich darauf beschmutzt zu werden.
Denn er würde heute wieder zu ihr kommen: Sie war erst seit wenigen Tagen im Palast. So lange seine Glut anhielt, kam er einige Wochen oder Monate allabendlich zu seiner neuesten Frau, hieß es. Bis er die nächste wollte und die vorige benutzt ablegte zu den anderen.
Die meisten Familien, die die Botschaft – vielmehr den Befehl – des Sultans erhielten, ihm ihre Tochter zur Ehe zu geben, beugten sich, empfanden es womöglich als Ehre. Doch nicht alle; und auch ihre Sippe, allen voran ihre Mutter, hatte sich nicht gefügt. Eine tapfere, starke Frau, die gewusst hatte, was ihre Tochter erwartete und ihr ein solches Schicksal hatte ersparen wollen. Zumal die Hochzeit mit einem Geliebten bevorstand. Genützt hatte es nichts, sondern eine Familie und diesmal sogar ein Verlobter hatten, niederträchtig ersonnener Vergehen beschuldigt, für den Widerstand mit dem Leben bezahlen müssen.
Nicht zu glauben, dass sie als kleines Mädchen die Frauen des Sultans beneidet hatte. Um die prunkvollen, tagelangen Hochzeitsfeierlichkeiten etwa. Oder wenn eine Sänfte durch die Straßen glitt, als sei sie einem Märchen entschwebt, umgeben von unfasslichem Wohlgeruch nach Rosenblüten und sanften Gewürzen. Sie hatte sich ausgemalt, von Dutzenden dienstbarer Hände umsorgt zu werden. Einen goldenen Käfig und grapschende Finger hatte es in ihren kindlichen Gedanken nicht gegeben.
Auch er würde gebadet haben, würde parfümiert sein mit dem Duft feuriger Gewürze, deren Geruch dennoch seinen wahren Dreck nicht würde verbergen können. Er verlor nie viel Zeit. Er würde sein Gewand abwerfen, ihre Decke herunterziehen und kurz grob ihre Brüste kneten. Dann würde er seinen mächtigen Wanst auf sie schieben und ihre Beine beiseite drücken. Wenn diese nicht sofort gehorchten, würden ungeschlachte Hände mit roher Kraft nachhelfen und er würde sie in Besitz nehmen. Nun, er würde glauben, sie in Besitz zu nehmen, wie allein ein derartiger Mann es glauben mochte. Doch er würde sie niemals besitzen, ihr Innerstes blieb das ihre.
Sie hatte jedes Mal danach mit Tränen von Schmerz und Trauer in den Augen an den Geliebten denken müssen und an das einzige, heimliche Mal, als er zu ihr hatte kommen können. So ahnungslos sie gewesen waren, so unbeholfen die Hände junger Menschen sein mussten, so zärtlich und einfühlsam, so liebend-liebevoll, später leidenschaftlich-ungestüm hatten sie sich berührt. Bereitwillig hatte sie ihn eingelassen - was sollte schon passieren, ein paar Tage vor der Hochzeit. Unerwartet, ein wenig beängstigend war es gewesen. Und wundervoll. Rasch hatten Küsse ihrer beider Laute ersticken müssen.
Sie schauderte und zog die dünne Decke enger um sich beim Gedanken daran, welcher Albtraum jetzt daraus geworden war. Und sie hatte von Glück reden können, dass der Sultan nicht bemerkt hatte, dass er keineswegs der erste gewesen war. Die Tage und Nächte seit der pompösen Hochzeit waren wie hinter einem Schleier dumpfen Grauens vorbeigezogen. Doch vorgestern Morgen war sie mit vollkommen klarem Kopf erwacht und hatte gewusst, was zu tun war.
Nach kurzer Zeit über ihr würde er anfangen zu grunzen wie eines der wilden Schweine aus den Wäldern. Der Geruch seines Schweißes würde ihr in die Nase dringen. Und obgleich es der milde, frische, eines äußerlich sauberen Körpers wäre, würde sie sich wie von tierhaftem Gestank bedeckt vorkommen, wenn die kleinen Rinnsale seinen Seiten und seinem erhitzten Bauch entsprangen und sich wie ein glitschiger Film über ihren Leib legten. Dann, ganz plötzlich, würde es vorüber sein. Fast.
Sie hatte sich alles genau überlegt. Mit zwei Fingern ihrer rechten Hand würde sie die richtigen Rippen unter den ledrigen Wülsten an seinem Rücken ertasten. Gestern hatte sie es probiert, mit etwas Druck ging es. Er würde ihren festen Griff wieder für die Erregung halten, die vorzuspielen ihr die anderen Frauen geraten hatten, und darob dümmlich-selbstzufrieden grinsen. Er glaubte tatsächlich, dass er Lust bereitete! Sobald er ermattet auf ihr lag, konnte sie das aus der Küche gestohlene Messer – es lag bereits unter dem Kissen – von hinten zwischen den Fingern hindurch in sein Herz bohren. Und wenn sie ihn von sich herabgewälzt hatte, würde es gnädig auch ihr eigenes Leben nehmen.
Die Tür öffnete sich und ein Strahl von Helligkeit fiel in den Raum. Einen Augenblick später verdunkelte ein unförmiger Umriss das Licht.
Denn er würde heute wieder zu ihr kommen: Sie war erst seit wenigen Tagen im Palast. So lange seine Glut anhielt, kam er einige Wochen oder Monate allabendlich zu seiner neuesten Frau, hieß es. Bis er die nächste wollte und die vorige benutzt ablegte zu den anderen.
Die meisten Familien, die die Botschaft – vielmehr den Befehl – des Sultans erhielten, ihm ihre Tochter zur Ehe zu geben, beugten sich, empfanden es womöglich als Ehre. Doch nicht alle; und auch ihre Sippe, allen voran ihre Mutter, hatte sich nicht gefügt. Eine tapfere, starke Frau, die gewusst hatte, was ihre Tochter erwartete und ihr ein solches Schicksal hatte ersparen wollen. Zumal die Hochzeit mit einem Geliebten bevorstand. Genützt hatte es nichts, sondern eine Familie und diesmal sogar ein Verlobter hatten, niederträchtig ersonnener Vergehen beschuldigt, für den Widerstand mit dem Leben bezahlen müssen.
Nicht zu glauben, dass sie als kleines Mädchen die Frauen des Sultans beneidet hatte. Um die prunkvollen, tagelangen Hochzeitsfeierlichkeiten etwa. Oder wenn eine Sänfte durch die Straßen glitt, als sei sie einem Märchen entschwebt, umgeben von unfasslichem Wohlgeruch nach Rosenblüten und sanften Gewürzen. Sie hatte sich ausgemalt, von Dutzenden dienstbarer Hände umsorgt zu werden. Einen goldenen Käfig und grapschende Finger hatte es in ihren kindlichen Gedanken nicht gegeben.
Auch er würde gebadet haben, würde parfümiert sein mit dem Duft feuriger Gewürze, deren Geruch dennoch seinen wahren Dreck nicht würde verbergen können. Er verlor nie viel Zeit. Er würde sein Gewand abwerfen, ihre Decke herunterziehen und kurz grob ihre Brüste kneten. Dann würde er seinen mächtigen Wanst auf sie schieben und ihre Beine beiseite drücken. Wenn diese nicht sofort gehorchten, würden ungeschlachte Hände mit roher Kraft nachhelfen und er würde sie in Besitz nehmen. Nun, er würde glauben, sie in Besitz zu nehmen, wie allein ein derartiger Mann es glauben mochte. Doch er würde sie niemals besitzen, ihr Innerstes blieb das ihre.
Sie hatte jedes Mal danach mit Tränen von Schmerz und Trauer in den Augen an den Geliebten denken müssen und an das einzige, heimliche Mal, als er zu ihr hatte kommen können. So ahnungslos sie gewesen waren, so unbeholfen die Hände junger Menschen sein mussten, so zärtlich und einfühlsam, so liebend-liebevoll, später leidenschaftlich-ungestüm hatten sie sich berührt. Bereitwillig hatte sie ihn eingelassen - was sollte schon passieren, ein paar Tage vor der Hochzeit. Unerwartet, ein wenig beängstigend war es gewesen. Und wundervoll. Rasch hatten Küsse ihrer beider Laute ersticken müssen.
Sie schauderte und zog die dünne Decke enger um sich beim Gedanken daran, welcher Albtraum jetzt daraus geworden war. Und sie hatte von Glück reden können, dass der Sultan nicht bemerkt hatte, dass er keineswegs der erste gewesen war. Die Tage und Nächte seit der pompösen Hochzeit waren wie hinter einem Schleier dumpfen Grauens vorbeigezogen. Doch vorgestern Morgen war sie mit vollkommen klarem Kopf erwacht und hatte gewusst, was zu tun war.
Nach kurzer Zeit über ihr würde er anfangen zu grunzen wie eines der wilden Schweine aus den Wäldern. Der Geruch seines Schweißes würde ihr in die Nase dringen. Und obgleich es der milde, frische, eines äußerlich sauberen Körpers wäre, würde sie sich wie von tierhaftem Gestank bedeckt vorkommen, wenn die kleinen Rinnsale seinen Seiten und seinem erhitzten Bauch entsprangen und sich wie ein glitschiger Film über ihren Leib legten. Dann, ganz plötzlich, würde es vorüber sein. Fast.
Sie hatte sich alles genau überlegt. Mit zwei Fingern ihrer rechten Hand würde sie die richtigen Rippen unter den ledrigen Wülsten an seinem Rücken ertasten. Gestern hatte sie es probiert, mit etwas Druck ging es. Er würde ihren festen Griff wieder für die Erregung halten, die vorzuspielen ihr die anderen Frauen geraten hatten, und darob dümmlich-selbstzufrieden grinsen. Er glaubte tatsächlich, dass er Lust bereitete! Sobald er ermattet auf ihr lag, konnte sie das aus der Küche gestohlene Messer – es lag bereits unter dem Kissen – von hinten zwischen den Fingern hindurch in sein Herz bohren. Und wenn sie ihn von sich herabgewälzt hatte, würde es gnädig auch ihr eigenes Leben nehmen.
Die Tür öffnete sich und ein Strahl von Helligkeit fiel in den Raum. Einen Augenblick später verdunkelte ein unförmiger Umriss das Licht.
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