05.05.2014 - 10:44 Uhr

Naaase
109 Rezensionen

Naaase
Top Rezension
Nomen est Omen
Namen sollen also ein Vorzeichen sein. Doch bei manchen Namen kommt mir statt einem möglichen "Vorzeichen" eher dieser weniger umgängliche "Damien" aus dem 1976 auf den Kino-Leinwänden dieser Welt erschienenen (und nach meiner Erinnerung im Jahre 2006 neu verfilmten) Horrorfilm "Das Omen" in den Sinn. Und bei "Horror" sind wir auch schon beim Thema:
Ich finde es ja an sich zwar furchtbar toll, wenn sich der Schöpfer eines Duftes ein Thema setzt, das er dann konsequent (einschließlich der unvermeidlichen Werbekampagne) mit hochwertigsten Zutaten durchzieht. Um hierfür nur ein (meiner Meinung nach herausragendes) Beispiel zu nennen: So stehen die Düfte der Edition Frédéric Malle für eine kompromisslose Durchführung dieses Vorhabens. Man muss "Musc Ravageur" nicht tragen wollen, aber ein kompromissloses Meisterwerk ist es dennoch.
Dies umso mehr, als man zwischen den Regalen einschlägiger Mainstream-Parfumketten durchaus den Tod finden kann. Und zwar den Tod aus Langeweile angesichts der dort vorherrschenden "Ein-Wort-Namen", die einem von noch phantasieloseren Verpackungen lauthals entgegen schreien:"Kauf mich und nicht den anderen ! Wir duften zwar identisch, aber ich hab' den cooleren Namen !"
Was waren das noch Zeiten, als diese Regale vornehmlich von Dior's "Eau Sauvage" und Chanel's "Antaeus" beherrscht wurden. Bei dem bloßem Hauch von Ersterem werden zweifellos die Mitglieder einer Karawane in der Wüste Gobi, die mehrere Tage nichts mehr zu trinken hatten, nicht mehr über Durst klagen.
Und der Zweitere ?
Auch kann ich nicht genau sagen, wie dieser Halbgott in der griechischen Mythologie gerochen hat. Zweifellos hätte er jedoch beim Erschlagen seiner Kontrahenten nach Chanel gerochen. Was für eine reizvolle Vorstellung.
Aber was liest man stattdessen für Namen ? "Wild", "Adventure" oder gar auch nur irgend ein Gedöns mit dem Zusatz "Homme" !
Umgekehrt scheinen sich aber manche Hersteller mit dem erwählten Namen (und des damit zwanglos vorgegebenen Themas) ihres Werkes nach meiner Meinung keinen allzu großen Gefallen getan zu haben: Erwähnte ich zwar generell noch oben die Editionen von Frédéric Malle als rühmliches Beispiel, so kann man sich durchaus (bei aller Liebe zu diesem herausragenden) Duft fragen, ob es denn den Namen "French Lover" so unbedingt gebraucht hat. Ich bin es jedenfalls leid, mich vor Parfumlaien -angesprochen auf diesen wundervollen Duft- stets als Träger des Trägers des Namens dieses Duftes rechtfertigen zu müssen. Obwohl: Eine junge Dame reagierte neulich auf die Nennung des (bestenfalls zweideutigen) Namens meines Duftes sehr verständnisvoll. Ihren Duft konnte ich jedoch nicht in Erfahrung bringen. Möglicherweise trug sie gerade Nasengold's "G." und wollte nur nicht eine mögliche Kombination von "French Lover" und ihres "G-Punkts" thematisieren. Dies, zumal ich offensichtlich auch im Hinblick auf die Erforschung ihres "G-Punktes" keinerlei Interesse zeigte.
Oder nehmen wir mal die Nasomattos ("China White" und "Black Afghano"): Muss man denn gleich das halbe Betäubungsmittel-Gesetz in der eigenen Kollektion namentlich zitieren ?
Was das alles mit unserem Kandidaten "Zeitgeist" und dessen (natürlich wieder unvermeidlicher) Marketing-Kampagne zu tun hat ?
Sehr viel !!!
Denn: "Zeitgeist" steht ja schließlich nicht für irgendeinen Geist. So im Sinne des Schloss-Geistes "Hui Buh", der gerade nächtens beim nervenden Herumspuken auf die Uhr blickt und sich dabei an dem gerade frisch erworbenen Parfum erfreut. Nein, der Duft soll -unter Heranziehung der eigenen Marketing-Angaben- den Zeitgeist Berlins einfangen und ihn sozusagen in einem einzigen Sprühstoß repräsentieren. Fußball-Fans mögen just in diesem Moment anstimmen "Berlin, Berlin, wir duften nach Berlin". Doch ich frage mich, ob denn da bei der Auswahl des Namens und der flankierenden Marketing-Kampagne nicht -um letztlich im Bild zu bleiben- ein "Eigentor" im "olfaktorischen DFB-Pokalfinale" geschossen wurde.
Also: Ich habe beschlossen, mich bei der Bewertung dieses Duftes frei zu machen von den großen Fußstapfen seines Namens und natürlich auch von dem Ausgang des zeitlich nicht allzu fernen DFB-Pokalfinales.
Nach was riecht also unser Kandidat ?
Ja, ich rieche Algen. Algen in Berlin ? Da müsste das Mittelmeer schon verdammt weit über seine Ufer treten, um den Einwohnern dieser pulsierenden Millionenstadt olfaktorisch präsent zu sein. Aber wir wollten ja weg vom Thema "Berlin"...
Was rieche ich noch ? In der Tat: Ich kann etwas Amber und eine Spur Moschus erkennen, der "det Janzem" etwas Tiefe gibt. Es ist kein "dreckiger" (im Sinne von: animalischer) Moschus. Er ist vielmehr rein, aber durchaus (im besten Sinne) spröde genug, um die mit den Algen verbundenen aquatischen Noten im Dienste eines Tiefgangs zu erden.
Was rieche ich weiter ? Nicht viel ! Die in der "Duftpyramide" angegebene Tasmanische Ulme scheint wohl auch für mich zutreffend mehr eine "Schein-Ulme" zu sein. Mit Betonung auf "Schein".
Entsprechend der linear angegebenen Duftpyramide erkenne ich auch keinen allzu großen Duftverlauf: Der "Zeitgeist" bleibt durchaus ein paar Stunden unverändert bei mir. Dann wird er "leiser" und verschwindet irgendwann ganz.
Doch jetzt zu der Frage, vor der ich schon die ganze Zeit Angst hatte: Kann man diesen Duft -blind testend- aus just dieser Masse unzähliger "Mainstream-Kandidaten" als qualitativ hochwertiges und innovatives Nischenprodukt herauskennen. Oder würde man ihn gar als das gefühlt millionste Nachahmer-Produkt zu dem einstmals ebenso bahnbrechenden wie aquatischen "Cool Water" ansehen ? Die Antwort muss sich jeder selbst geben. Ich für meinen Teil mag die Leute von "Schwarzlose Berlin" (und Berlin natürlich auch). Und gerade deswegen habe ich vor der Antwort auf diese drängende Frage, die ich mir geben muss, Angst...
Ich finde es ja an sich zwar furchtbar toll, wenn sich der Schöpfer eines Duftes ein Thema setzt, das er dann konsequent (einschließlich der unvermeidlichen Werbekampagne) mit hochwertigsten Zutaten durchzieht. Um hierfür nur ein (meiner Meinung nach herausragendes) Beispiel zu nennen: So stehen die Düfte der Edition Frédéric Malle für eine kompromisslose Durchführung dieses Vorhabens. Man muss "Musc Ravageur" nicht tragen wollen, aber ein kompromissloses Meisterwerk ist es dennoch.
Dies umso mehr, als man zwischen den Regalen einschlägiger Mainstream-Parfumketten durchaus den Tod finden kann. Und zwar den Tod aus Langeweile angesichts der dort vorherrschenden "Ein-Wort-Namen", die einem von noch phantasieloseren Verpackungen lauthals entgegen schreien:"Kauf mich und nicht den anderen ! Wir duften zwar identisch, aber ich hab' den cooleren Namen !"
Was waren das noch Zeiten, als diese Regale vornehmlich von Dior's "Eau Sauvage" und Chanel's "Antaeus" beherrscht wurden. Bei dem bloßem Hauch von Ersterem werden zweifellos die Mitglieder einer Karawane in der Wüste Gobi, die mehrere Tage nichts mehr zu trinken hatten, nicht mehr über Durst klagen.
Und der Zweitere ?
Auch kann ich nicht genau sagen, wie dieser Halbgott in der griechischen Mythologie gerochen hat. Zweifellos hätte er jedoch beim Erschlagen seiner Kontrahenten nach Chanel gerochen. Was für eine reizvolle Vorstellung.
Aber was liest man stattdessen für Namen ? "Wild", "Adventure" oder gar auch nur irgend ein Gedöns mit dem Zusatz "Homme" !
Umgekehrt scheinen sich aber manche Hersteller mit dem erwählten Namen (und des damit zwanglos vorgegebenen Themas) ihres Werkes nach meiner Meinung keinen allzu großen Gefallen getan zu haben: Erwähnte ich zwar generell noch oben die Editionen von Frédéric Malle als rühmliches Beispiel, so kann man sich durchaus (bei aller Liebe zu diesem herausragenden) Duft fragen, ob es denn den Namen "French Lover" so unbedingt gebraucht hat. Ich bin es jedenfalls leid, mich vor Parfumlaien -angesprochen auf diesen wundervollen Duft- stets als Träger des Trägers des Namens dieses Duftes rechtfertigen zu müssen. Obwohl: Eine junge Dame reagierte neulich auf die Nennung des (bestenfalls zweideutigen) Namens meines Duftes sehr verständnisvoll. Ihren Duft konnte ich jedoch nicht in Erfahrung bringen. Möglicherweise trug sie gerade Nasengold's "G." und wollte nur nicht eine mögliche Kombination von "French Lover" und ihres "G-Punkts" thematisieren. Dies, zumal ich offensichtlich auch im Hinblick auf die Erforschung ihres "G-Punktes" keinerlei Interesse zeigte.
Oder nehmen wir mal die Nasomattos ("China White" und "Black Afghano"): Muss man denn gleich das halbe Betäubungsmittel-Gesetz in der eigenen Kollektion namentlich zitieren ?
Was das alles mit unserem Kandidaten "Zeitgeist" und dessen (natürlich wieder unvermeidlicher) Marketing-Kampagne zu tun hat ?
Sehr viel !!!
Denn: "Zeitgeist" steht ja schließlich nicht für irgendeinen Geist. So im Sinne des Schloss-Geistes "Hui Buh", der gerade nächtens beim nervenden Herumspuken auf die Uhr blickt und sich dabei an dem gerade frisch erworbenen Parfum erfreut. Nein, der Duft soll -unter Heranziehung der eigenen Marketing-Angaben- den Zeitgeist Berlins einfangen und ihn sozusagen in einem einzigen Sprühstoß repräsentieren. Fußball-Fans mögen just in diesem Moment anstimmen "Berlin, Berlin, wir duften nach Berlin". Doch ich frage mich, ob denn da bei der Auswahl des Namens und der flankierenden Marketing-Kampagne nicht -um letztlich im Bild zu bleiben- ein "Eigentor" im "olfaktorischen DFB-Pokalfinale" geschossen wurde.
Also: Ich habe beschlossen, mich bei der Bewertung dieses Duftes frei zu machen von den großen Fußstapfen seines Namens und natürlich auch von dem Ausgang des zeitlich nicht allzu fernen DFB-Pokalfinales.
Nach was riecht also unser Kandidat ?
Ja, ich rieche Algen. Algen in Berlin ? Da müsste das Mittelmeer schon verdammt weit über seine Ufer treten, um den Einwohnern dieser pulsierenden Millionenstadt olfaktorisch präsent zu sein. Aber wir wollten ja weg vom Thema "Berlin"...
Was rieche ich noch ? In der Tat: Ich kann etwas Amber und eine Spur Moschus erkennen, der "det Janzem" etwas Tiefe gibt. Es ist kein "dreckiger" (im Sinne von: animalischer) Moschus. Er ist vielmehr rein, aber durchaus (im besten Sinne) spröde genug, um die mit den Algen verbundenen aquatischen Noten im Dienste eines Tiefgangs zu erden.
Was rieche ich weiter ? Nicht viel ! Die in der "Duftpyramide" angegebene Tasmanische Ulme scheint wohl auch für mich zutreffend mehr eine "Schein-Ulme" zu sein. Mit Betonung auf "Schein".
Entsprechend der linear angegebenen Duftpyramide erkenne ich auch keinen allzu großen Duftverlauf: Der "Zeitgeist" bleibt durchaus ein paar Stunden unverändert bei mir. Dann wird er "leiser" und verschwindet irgendwann ganz.
Doch jetzt zu der Frage, vor der ich schon die ganze Zeit Angst hatte: Kann man diesen Duft -blind testend- aus just dieser Masse unzähliger "Mainstream-Kandidaten" als qualitativ hochwertiges und innovatives Nischenprodukt herauskennen. Oder würde man ihn gar als das gefühlt millionste Nachahmer-Produkt zu dem einstmals ebenso bahnbrechenden wie aquatischen "Cool Water" ansehen ? Die Antwort muss sich jeder selbst geben. Ich für meinen Teil mag die Leute von "Schwarzlose Berlin" (und Berlin natürlich auch). Und gerade deswegen habe ich vor der Antwort auf diese drängende Frage, die ich mir geben muss, Angst...
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