14.07.2019 - 15:15 Uhr

Meggi
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Meggi
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24
Pfeffer mal anders
Das Zeug hieß „Sigaprim“ und war in meiner Kindheit eines der diversen Penicillin-Präparate. Ich habe noch gut einen schreiend rosafarbenen Saft vor Augen. Und ebenso künstlich schmeckte es, sämig, wie lokal-anästhesierend.
Daran erinnert mich der Auftakt von ‚Parfum Captive #1‘. Pilzig-pelzig wäre ein weiteres treffendes Adjektiv. Und dazu wird heute Pfeffer gereicht, mehr scharf als aromatisch. Im Hinblick auf sein Gewicht in den pyramidalen Angaben finde ich ihn im Einsatz allerdings moderat – bin jedoch kein Maßstab, weil ich gerne scharf esse. Ob das der Grund ist, dass mir der vorliegende Kandidat insgesamt wässrig-blass vorkommt? Selbst das angesagte helle Holz ist lediglich ein Hauch. Nun riecht es in einem Birkenwald (auf einen solchen beruft sich der Hersteller) nicht wie im Sägewerk, also sei’s drum.
Außerdem scheint mir, als sei ein Anflug ihrerseits wässriger Frucht dazwischen. Derart ent-aromatisiert, dass ich sie gar nicht näher benennen kann. Vielleicht ein ausgelutschtes Stück Wassereis*. Eigentlich nicht im engeren Sinne Frucht, eher ein ansatz-fruchtiger, säuerlicher Aspekt von etwas anderem. Hm. Bergamotte tritt gelegentlich völlig entobstet und allein zitrisch-adstringierend auf. Ähnlich ist es hier.
Und schließlich lese ich, dass Szechuanpfeffer – sicherlich aus gutem Grund – auch Zitronenpfeffer genannt werde und ein leicht betäubendes Gefühl im Mund hinterlasse. Das passt alles perfekt, zumal ich auf die ersten Absätze ehrlich ganz ohne lektürielle Nachhilfe gekommen war. Womöglich ist große Duft-Gestaltungskunst zu wittern, obwohl mir die Phantasie fehlt, was das mit einem Birkenwald zu tun haben soll.
Im Verlauf des Vormittags gewinnt der fruchtige Part an Substanz und entwickelt Trocken-Aprikosen-Ambitionen. Die Iris bleibt demgegenüber zurückhaltend. Frisch ist sie und nur minimal karottig; die entsprechende Süße ähnelt jener eines Schluckes Süßwasser nach einem ausgiebigen Bad im Meer. Am zweiten Testtag nehme ich die Iris zwar stärker, aber weiterhin als dezent wahr. Ein winziger Spritzer von ergänzendem Bitterem, eventuell ein Nanoliter Bergamotte, macht die Dame noch aparter. Und wenn ich’s recht überlege: Ja, ‚Captive #1‘ darf cum grano salis (zumindest auch) als Iris-Duft bezeichnet werden.
Im Fortgang liefern die säuerlich-fruchtige Richtung und das Sacht-Süße aus der Iris-Ecke fraglos eine gewisse Innenspannung, bloß leider wird mir die Angelegenheit über den Nachmittag hinweg in ihrer Unveränderlichkeit auf Dauer eintönig.
Fazit: Der Funke mag nicht wirklich überspringen, trotzdem ist ‚Captive #1‘ ein edler und universell tragbarer Duft, letztlich mehr Aura als Parfum.
Ich bedanke mich bei Garcon für die Probe.
* Bei unserem Höker im Dorf war besagtes Wassereis damals erhältlich für – meine ich – einen Groschen das Stück; auf dem sommerlichen Heimweg von der Grundschule Ende der 70er-Jahre. Für die Jüngeren unter uns: Der „Groschen“ ist mittlerweile gefallen, nämlich dem Euro zum Opfer.
Daran erinnert mich der Auftakt von ‚Parfum Captive #1‘. Pilzig-pelzig wäre ein weiteres treffendes Adjektiv. Und dazu wird heute Pfeffer gereicht, mehr scharf als aromatisch. Im Hinblick auf sein Gewicht in den pyramidalen Angaben finde ich ihn im Einsatz allerdings moderat – bin jedoch kein Maßstab, weil ich gerne scharf esse. Ob das der Grund ist, dass mir der vorliegende Kandidat insgesamt wässrig-blass vorkommt? Selbst das angesagte helle Holz ist lediglich ein Hauch. Nun riecht es in einem Birkenwald (auf einen solchen beruft sich der Hersteller) nicht wie im Sägewerk, also sei’s drum.
Außerdem scheint mir, als sei ein Anflug ihrerseits wässriger Frucht dazwischen. Derart ent-aromatisiert, dass ich sie gar nicht näher benennen kann. Vielleicht ein ausgelutschtes Stück Wassereis*. Eigentlich nicht im engeren Sinne Frucht, eher ein ansatz-fruchtiger, säuerlicher Aspekt von etwas anderem. Hm. Bergamotte tritt gelegentlich völlig entobstet und allein zitrisch-adstringierend auf. Ähnlich ist es hier.
Und schließlich lese ich, dass Szechuanpfeffer – sicherlich aus gutem Grund – auch Zitronenpfeffer genannt werde und ein leicht betäubendes Gefühl im Mund hinterlasse. Das passt alles perfekt, zumal ich auf die ersten Absätze ehrlich ganz ohne lektürielle Nachhilfe gekommen war. Womöglich ist große Duft-Gestaltungskunst zu wittern, obwohl mir die Phantasie fehlt, was das mit einem Birkenwald zu tun haben soll.
Im Verlauf des Vormittags gewinnt der fruchtige Part an Substanz und entwickelt Trocken-Aprikosen-Ambitionen. Die Iris bleibt demgegenüber zurückhaltend. Frisch ist sie und nur minimal karottig; die entsprechende Süße ähnelt jener eines Schluckes Süßwasser nach einem ausgiebigen Bad im Meer. Am zweiten Testtag nehme ich die Iris zwar stärker, aber weiterhin als dezent wahr. Ein winziger Spritzer von ergänzendem Bitterem, eventuell ein Nanoliter Bergamotte, macht die Dame noch aparter. Und wenn ich’s recht überlege: Ja, ‚Captive #1‘ darf cum grano salis (zumindest auch) als Iris-Duft bezeichnet werden.
Im Fortgang liefern die säuerlich-fruchtige Richtung und das Sacht-Süße aus der Iris-Ecke fraglos eine gewisse Innenspannung, bloß leider wird mir die Angelegenheit über den Nachmittag hinweg in ihrer Unveränderlichkeit auf Dauer eintönig.
Fazit: Der Funke mag nicht wirklich überspringen, trotzdem ist ‚Captive #1‘ ein edler und universell tragbarer Duft, letztlich mehr Aura als Parfum.
Ich bedanke mich bei Garcon für die Probe.
* Bei unserem Höker im Dorf war besagtes Wassereis damals erhältlich für – meine ich – einen Groschen das Stück; auf dem sommerlichen Heimweg von der Grundschule Ende der 70er-Jahre. Für die Jüngeren unter uns: Der „Groschen“ ist mittlerweile gefallen, nämlich dem Euro zum Opfer.
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