02.07.2021 - 01:06 Uhr
Serenissima
1062 Rezensionen
Serenissima
Sehr hilfreiche Rezension
15
von herber, ein bisschen strenger Schönheit
Unter den für ihre Zeit durchaus bürotauglichen Düften meiner Nachbarin, die ich vor dem Container retten konnte, nimmt "Ellipse" eine Sonderstellung ein.
Kein eleganter Chypreduft, sondern ein rauchiges Wesen, das in dunklen braunen und grünen Tönen daherkommt und sogar eine leicht verruchte Animalik verbreitet.
Dabei sind beim ersten Blick auf die Duftpyramiden die klassischen Bausteine eines Chypreduftes vorhanden, aber die weitere Entwicklung ist herb, sogar ein bisschen kratzig.
Die Dufteröffnung ist grün, frisch-fruchtig und strahlend: die Aldehyde lassen sich auch hier nicht lumpen.
Eine erste leichte Bitterkeit bringen die Mandarinenschalen mit und auch die herb-rauchige Schönheit von Galbanum meldet sich sofort.
Im ersten Moment erinnert mich "Ellipse" leicht an eines dieser Bittergetränke, die nicht rot, sondern braun sind und die ich ab und zu mag.
Somit ein etwas ungewöhnlicher, aber nicht unangenehmer Auftakt.
Klassisch cyprisch geht es weiter: warmer, reifer Rosenduft streift die Sinne und Jasmin tut es ihm gleich nach. Sie geben "Ellipse" eine weiblich-sinnliche Ausstrahlung, und bilden mit Iris und Ylang-Ylang ein blütenfreundliches Blumenquartett, in das auch Geißblatt mit seinem Honigduft kurz einmal hineinschnuppert.
Diese Blumeninsel findet sich aber mitten in einem Nest aus krautiger Würze wieder.
Lavendel, aromatisch und doch auch immer etwas krautig, baut eine violette Brücke zu erdigem Vetiver und Muskatnuss, bevor sich die kräftigeren würzigen Gesellen einfinden.
Allen voran Wermuth, sehr bitter und deshalb gut zu dem ersten Eindruck der Kopfnote passend.
Auch Thuja, der Lebensbaum, und Kiefer gehen vom Aroma her in diese herbe und holzige Richtung.
Eichenmoos spielt bekanntlich in dieser Duftliga eine bedeutende Rolle und lässt sich auch hier nicht unterkriegen: wer es nicht mag - bitte Finger weg von "Ellipse"!
Etwas sanfter kommen seidig-würziges Zedernholz und Patchouli daher; sie versuchen, einige der kräftigen Ecken und Kanten, die dieses Duftgebilde inzwischen bekommen hat, abzuschleifen.
Auch eine schöne, sehr gut dorthin passende Ledernuance, getränkt in warme Moschus- und Tonkabohnen-Noten, bringt Weichheit, aber gleichzeitig auch leise knisternde Erotik in diese Komposition.
Harmlos und ein Weibchen ist "Ellipse" schon lange nicht mehr; war es eigentlich von Beginn an nicht.
Wenn jetzt noch eine finale rauchig-würzige und harzige Schicht aus Labdanum und Amber über alles gelegt wird, dann zeigt diese goldbraune doch sehr wohlduftende Flüssigkeit ihre Krallen.
Brave Mädchen trugen "Ellipse" sicher nicht. Und auch als Alltagsduft, z.B. im Büro hat man diese würzige Duftfülle bestimmt nicht allzu häufig angetroffen; obwohl in seiner rauchig-goldenen Persönlichkeit vielleicht dorthin sogar besser passend als manches "Blumenkind mit Orangen im Haar", mit dem sich viele Frauen damals umgaben.
(Es war die Zeit, in der ich die Düfte von Christian Dior entdeckte.)
"Ellipse" hat Stil, ist elegant und unangepasst.
Dieser Duft umgibt vollmundig und sich selbst treu bleibend mehrere Stunden und wird schließlich ohne sehr große Veränderungen in der Komposition nur leiser, so wie ein Orchesterstück auf der Bühne leicht verklingt und entschwebt.
Eine außergewöhnliche Kreation; für mich selbst ein bisschen zu herb.
Aber wenn ich an die verstorbene Nachbarin denke, die sich früher damit bekleidete, dann passten diese beiden bestimmt sehr gut zusammen.
Denn sie muss eine sehr stilvolle Persönlichkeit gewesen sein; ein Rest davon zeigte sich noch im hohen Alter und ihre Düfte, die ich vor dem "Aus" retten konnte, sprechen eine deutliche Sprache.
Jacques Faths "Ellipse" ist hohe Parfumkunst und typisch für seine Zeit.
Die "große 68er Revolution" mit all ihren Folgen und Kindern hatte sich etwas beruhigt; daraus entstand etwas Neues, das dennoch häufig das Klassische nicht aus den Augen verlor.
Düfte erzählen Geschichten: nicht nur unsere eigenen, sondern auch die Geschichten der Zeit, der sie entstammen und in der sie gelebt haben.
Und ich mag nun einmal Geschichte und Geschichten; so mag ich auch "Ellipse" und den Rückblick auf etwas, das ich bereits vergessen hatte.
So wird meine "Grand Tour" durch die Welt der Düfte also immer weiter gehen.
Kein eleganter Chypreduft, sondern ein rauchiges Wesen, das in dunklen braunen und grünen Tönen daherkommt und sogar eine leicht verruchte Animalik verbreitet.
Dabei sind beim ersten Blick auf die Duftpyramiden die klassischen Bausteine eines Chypreduftes vorhanden, aber die weitere Entwicklung ist herb, sogar ein bisschen kratzig.
Die Dufteröffnung ist grün, frisch-fruchtig und strahlend: die Aldehyde lassen sich auch hier nicht lumpen.
Eine erste leichte Bitterkeit bringen die Mandarinenschalen mit und auch die herb-rauchige Schönheit von Galbanum meldet sich sofort.
Im ersten Moment erinnert mich "Ellipse" leicht an eines dieser Bittergetränke, die nicht rot, sondern braun sind und die ich ab und zu mag.
Somit ein etwas ungewöhnlicher, aber nicht unangenehmer Auftakt.
Klassisch cyprisch geht es weiter: warmer, reifer Rosenduft streift die Sinne und Jasmin tut es ihm gleich nach. Sie geben "Ellipse" eine weiblich-sinnliche Ausstrahlung, und bilden mit Iris und Ylang-Ylang ein blütenfreundliches Blumenquartett, in das auch Geißblatt mit seinem Honigduft kurz einmal hineinschnuppert.
Diese Blumeninsel findet sich aber mitten in einem Nest aus krautiger Würze wieder.
Lavendel, aromatisch und doch auch immer etwas krautig, baut eine violette Brücke zu erdigem Vetiver und Muskatnuss, bevor sich die kräftigeren würzigen Gesellen einfinden.
Allen voran Wermuth, sehr bitter und deshalb gut zu dem ersten Eindruck der Kopfnote passend.
Auch Thuja, der Lebensbaum, und Kiefer gehen vom Aroma her in diese herbe und holzige Richtung.
Eichenmoos spielt bekanntlich in dieser Duftliga eine bedeutende Rolle und lässt sich auch hier nicht unterkriegen: wer es nicht mag - bitte Finger weg von "Ellipse"!
Etwas sanfter kommen seidig-würziges Zedernholz und Patchouli daher; sie versuchen, einige der kräftigen Ecken und Kanten, die dieses Duftgebilde inzwischen bekommen hat, abzuschleifen.
Auch eine schöne, sehr gut dorthin passende Ledernuance, getränkt in warme Moschus- und Tonkabohnen-Noten, bringt Weichheit, aber gleichzeitig auch leise knisternde Erotik in diese Komposition.
Harmlos und ein Weibchen ist "Ellipse" schon lange nicht mehr; war es eigentlich von Beginn an nicht.
Wenn jetzt noch eine finale rauchig-würzige und harzige Schicht aus Labdanum und Amber über alles gelegt wird, dann zeigt diese goldbraune doch sehr wohlduftende Flüssigkeit ihre Krallen.
Brave Mädchen trugen "Ellipse" sicher nicht. Und auch als Alltagsduft, z.B. im Büro hat man diese würzige Duftfülle bestimmt nicht allzu häufig angetroffen; obwohl in seiner rauchig-goldenen Persönlichkeit vielleicht dorthin sogar besser passend als manches "Blumenkind mit Orangen im Haar", mit dem sich viele Frauen damals umgaben.
(Es war die Zeit, in der ich die Düfte von Christian Dior entdeckte.)
"Ellipse" hat Stil, ist elegant und unangepasst.
Dieser Duft umgibt vollmundig und sich selbst treu bleibend mehrere Stunden und wird schließlich ohne sehr große Veränderungen in der Komposition nur leiser, so wie ein Orchesterstück auf der Bühne leicht verklingt und entschwebt.
Eine außergewöhnliche Kreation; für mich selbst ein bisschen zu herb.
Aber wenn ich an die verstorbene Nachbarin denke, die sich früher damit bekleidete, dann passten diese beiden bestimmt sehr gut zusammen.
Denn sie muss eine sehr stilvolle Persönlichkeit gewesen sein; ein Rest davon zeigte sich noch im hohen Alter und ihre Düfte, die ich vor dem "Aus" retten konnte, sprechen eine deutliche Sprache.
Jacques Faths "Ellipse" ist hohe Parfumkunst und typisch für seine Zeit.
Die "große 68er Revolution" mit all ihren Folgen und Kindern hatte sich etwas beruhigt; daraus entstand etwas Neues, das dennoch häufig das Klassische nicht aus den Augen verlor.
Düfte erzählen Geschichten: nicht nur unsere eigenen, sondern auch die Geschichten der Zeit, der sie entstammen und in der sie gelebt haben.
Und ich mag nun einmal Geschichte und Geschichten; so mag ich auch "Ellipse" und den Rückblick auf etwas, das ich bereits vergessen hatte.
So wird meine "Grand Tour" durch die Welt der Düfte also immer weiter gehen.
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