24.08.2021 - 17:54 Uhr

ThomC
29 Rezensionen

ThomC
Sehr hilfreiche Rezension
10
Ein Merkwürdiger
Auwei, ein Herrenparfüm aus 1998. Denken wir uns einmal modisch zurück: Es war die Phase des Glattpolierten, die Hoch-Zeit der randlosen Brillen - auch abseits von Ärzten und Managertypen. Männer waren glatt rasiert. Bart, Haare, Brillenrand, Maskulines? Ihhh bähhh, bitte nicht. Damals war alles Glatte eine eine Art Pop-Kultur. Da trugen sie nun ihre graphitgrauen Sakkos und weißen Hemden und den geschniegelten Haarschnitt (nicht zu kurz bitte - und schon gar nicht zu lang!). Der Hype des Metrosexuellen steckte schon in den Kinderschuhen, war aber noch nicht sichtbar.
Heute diesen damaligen Style zusammengefasst: Oh, bitte nicht auffallen! Die brachialen Auswüchse der 80er-Haarspray-Schulterpolster waren weg, das Gegenteil galt: Glatt. Unisex. Leicht. Asexuell. Dezent. Watteweich. Sauber. Dotcom-Blase. PC mit Windows 98.
Aus dieser Zeit der späten 90er entspringt der "S.T. Dupont pour Homme" und ist ganz ein Kind seiner Zeit. Aber was für Eines! Vorab: Er gefällt mir wirklich gut. Denn offenbar konnte man auch in dieser chlorreinen Styleblase recht originelle Düfte kreieren, die diese Zeit überlebt und sich als zeitlos erwiesen haben.
Dem Flakon jedenfalls kann man den Ursprung diese Epoche ansehen. Kühl, clean, minimal. Kaum auffällig, bisschen Silber und doch elegant wie zeitlos. So einer, der in der Sammlung übersehen wird und trotzdem wieder funkelt wie ein kleiner Edelstein.
Der Duft an sich ist eigenwillig wie stilsicher - und dennoch ein cleaner Duft seiner Zeit. Sein einziger Cliffhanger ist - wie meine Vorredner meinten - sein sog. "Muff". Ich sage: ja, er riecht. Aber nein, bitte nicht nach "Muff"! Den assoziiere ich nämlich negativ, mein Eindruck hingegen ist positiv.
Mich erinnert dieser Duftakkord an frisch Frittiertem in besseren Restaurants. Und da meine ich kein fieses Fleisch, sondern frisch frittiertes Gemüse im Teigmantel. Da liegt es nun auf dem Teller und duftet, nicht einmal penetrant, sondern fein, nussig, knusprig und warm. Frittaten können nämlich göttlich sein. Gutes Fett und richtiges Handwerk vorausgesetzt, versetzt es Neutrales in eine schlichte Gourmetspeise. Belgische Fritten aus guten "Fritterien" lassen grüßen.
Ich mag ja Vergleiche. Und dieses frittatige, dieser eine Akkord, erinnert mich an Penhaligon's "Belgravia Chypre". Dieser recht gefeierte Duft hatte auch diesen witzigen Twist, den wir beim Checkup einstimmig als "belgische Frittenbude" identifiziert hatten. Ein toller Duft übrigens. Und dieses Eine hat der von S.T. Dupont nun auch. Und das zwanzig Jahre zuvor. Applaus!
Heute kostet der "S.T. Dupont pour Homme" nicht mehr die Bohne. Ja, er steht vertriebstechnisch auf dem Abstellgleis aller Cheapies. Da sage ich: jetzt erst recht kaufen. Ein echtes Charakterschweinchen unter den Günstigen.
Die Musik zum Duft ---> die Belgische Nationalhymne "La Brabançonne" ( https://www.youtube.com/watch?v=d9u_Ituu2Q8 )
NACHTRAG: Ich habe die Tage einen Gegencheck mit Déclaration von Cartier gemacht. Und siehe da: auch hier finde ich deutlich diesen einen Ton. Beide Parfüms sind von 1998. Wer hat sich bei wem inspirieren lassen?
Heute diesen damaligen Style zusammengefasst: Oh, bitte nicht auffallen! Die brachialen Auswüchse der 80er-Haarspray-Schulterpolster waren weg, das Gegenteil galt: Glatt. Unisex. Leicht. Asexuell. Dezent. Watteweich. Sauber. Dotcom-Blase. PC mit Windows 98.
Aus dieser Zeit der späten 90er entspringt der "S.T. Dupont pour Homme" und ist ganz ein Kind seiner Zeit. Aber was für Eines! Vorab: Er gefällt mir wirklich gut. Denn offenbar konnte man auch in dieser chlorreinen Styleblase recht originelle Düfte kreieren, die diese Zeit überlebt und sich als zeitlos erwiesen haben.
Dem Flakon jedenfalls kann man den Ursprung diese Epoche ansehen. Kühl, clean, minimal. Kaum auffällig, bisschen Silber und doch elegant wie zeitlos. So einer, der in der Sammlung übersehen wird und trotzdem wieder funkelt wie ein kleiner Edelstein.
Der Duft an sich ist eigenwillig wie stilsicher - und dennoch ein cleaner Duft seiner Zeit. Sein einziger Cliffhanger ist - wie meine Vorredner meinten - sein sog. "Muff". Ich sage: ja, er riecht. Aber nein, bitte nicht nach "Muff"! Den assoziiere ich nämlich negativ, mein Eindruck hingegen ist positiv.
Mich erinnert dieser Duftakkord an frisch Frittiertem in besseren Restaurants. Und da meine ich kein fieses Fleisch, sondern frisch frittiertes Gemüse im Teigmantel. Da liegt es nun auf dem Teller und duftet, nicht einmal penetrant, sondern fein, nussig, knusprig und warm. Frittaten können nämlich göttlich sein. Gutes Fett und richtiges Handwerk vorausgesetzt, versetzt es Neutrales in eine schlichte Gourmetspeise. Belgische Fritten aus guten "Fritterien" lassen grüßen.
Ich mag ja Vergleiche. Und dieses frittatige, dieser eine Akkord, erinnert mich an Penhaligon's "Belgravia Chypre". Dieser recht gefeierte Duft hatte auch diesen witzigen Twist, den wir beim Checkup einstimmig als "belgische Frittenbude" identifiziert hatten. Ein toller Duft übrigens. Und dieses Eine hat der von S.T. Dupont nun auch. Und das zwanzig Jahre zuvor. Applaus!
Heute kostet der "S.T. Dupont pour Homme" nicht mehr die Bohne. Ja, er steht vertriebstechnisch auf dem Abstellgleis aller Cheapies. Da sage ich: jetzt erst recht kaufen. Ein echtes Charakterschweinchen unter den Günstigen.
Die Musik zum Duft ---> die Belgische Nationalhymne "La Brabançonne" ( https://www.youtube.com/watch?v=d9u_Ituu2Q8 )
NACHTRAG: Ich habe die Tage einen Gegencheck mit Déclaration von Cartier gemacht. Und siehe da: auch hier finde ich deutlich diesen einen Ton. Beide Parfüms sind von 1998. Wer hat sich bei wem inspirieren lassen?
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