09.10.2015 - 13:06 Uhr
Meggi
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Meggi
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40
Die Essenz des Abends
Eine einsame Kate in der Abenddämmerung, aus dem Fenster dringt ein Strahl schummrigen Lichtes. Der geöffneten Tür entströmt ein heimeliger Geruch. Es riecht nach – Klischee.
Stop! Diesen Fehler macht Herr Lobb nicht. Der Weg zum Haus liegt bereits hinter uns. Kiste ist kein Duft eines Geschehens oder einer Geschichte, nicht einmal ein Duft, der bloß eine Stimmung diffuser Gemütlichkeit eingefangen hat. Die Aufzählung der Zutaten legt dies nahe. Aber Kiste kann mehr. Die Essenz des Abends. Eines bestimmten Abends.
Jede schlichte Schilderung eines nennenswerten Duftverlaufs führt in die Irre, denn Kiste ist gewissermaßen wabernd-statisch. Bei mehrmaligem Testen schält sich heraus, dass vormals als Entwicklung Empfundenes in Wahrheit Bewegung um stets dasselbe Zentrum ist. Der Charakter des Duftes ist sofort da und es handelt sich im sogenannten Verlauf allenfalls um behutsame Verschiebungen des Schwerpunkts.
Impressionen wie Aromen sind je nach Tagesform und Dosierung stärker oder weniger stark ausgeprägt, früher oder später beteiligt. Dennoch seien ein paar Eindrücke berichtet, die eine grobe Vorstellung vermitteln mögen. Die Reihenfolge dieser Nuancen ist beinahe beliebig, meine Schilderung ist nur eine von manchen Möglichkeiten. Vergleichbar vielleicht damit, wie an einem Abend des Erzählens und Zuhörens der Fluss des Gesprächs einem leisen, fast unmerklichen, völlig unvorhersehbaren inneren Wandel unterliegt und doch immer Gespräch bleibt.
Mein Lieblingslehrer rauchte Pfeife. Ein Kraut namens Plumcake. Ich weiß nicht mehr, wie das genau roch, komme jetzt einzig darauf, weil Kiste mich nach dem ersten Auftragen zunächst an Pflaumenkuchen mit Tabak erinnerte. Zu allerbeginnst, das wurde mir später klar, scheint freilich ein Hauch Frucht-Marzipan vorbeizuziehen. Bei ganz vorsichtiger Dosierung begleitet er mich indes auf Wunsch durch den Duft.
Irgendwie und irgendwann geht die Pflaume in eine rote Beere über. Dunkelrote. Gemütliche. Vor dem Kaminfeuer. Pfirsich geht ebenfalls in Ordnung, gibt allerdings in diesem Fall eher als Unterstützer eine Art Rumtopf-Dreh hinein. In der dritten Stunde ein Anflug von Bienenwachs. Allmählich eine Anmutung von Trockenobst mit Honig. Sehr, sehr süß, womöglich leider auf eine etwas klebrige Weise. Obacht, die Slumberhouse-General-Dosierungs-Warnung ist unbedingt ernst zu nehmen. Wer zum Abend eine Handvoll Trockenfrüchte mag, vor allem Aprikosen, findet in Kiste die perfekte olfaktorische Ergänzung.
Doch bald entwickelt der Duft eine mildere Form der Süße. Honig mit ein bisschen Wachs, die Frucht weicht eine Idee beiseite. Das ist dermaßen warm, freundlich, schmeichelnd, wie frau/man es sich nur wünschen kann. Ein Kuschler, aber ebenso stark und charaktervoll wie sanft.
Und schließlich kehren wir zur obigen Analogie zurück: „Das Gespräch ist, meiner Ansicht nach, die lohnendste und natürlichste Übung unseres Geistes: Keine andere Lebensbetätigung macht mir so viel Freude“ befand Michel de Montaigne vor mehr als vierhundert Jahren. Und so, wie sich nach einem guten, langen Gespräch mit einer seelenverwandten Person ein erfülltes Gefühl einstellt, ohne dass Messbares „passiert“ wäre, so hinterlässt ein Tag oder Abend mit Kiste eine unprätentiöse Aura von Zufriedenheit.
Ich bedanke mich bei Puck1 für die Probe.
Stop! Diesen Fehler macht Herr Lobb nicht. Der Weg zum Haus liegt bereits hinter uns. Kiste ist kein Duft eines Geschehens oder einer Geschichte, nicht einmal ein Duft, der bloß eine Stimmung diffuser Gemütlichkeit eingefangen hat. Die Aufzählung der Zutaten legt dies nahe. Aber Kiste kann mehr. Die Essenz des Abends. Eines bestimmten Abends.
Jede schlichte Schilderung eines nennenswerten Duftverlaufs führt in die Irre, denn Kiste ist gewissermaßen wabernd-statisch. Bei mehrmaligem Testen schält sich heraus, dass vormals als Entwicklung Empfundenes in Wahrheit Bewegung um stets dasselbe Zentrum ist. Der Charakter des Duftes ist sofort da und es handelt sich im sogenannten Verlauf allenfalls um behutsame Verschiebungen des Schwerpunkts.
Impressionen wie Aromen sind je nach Tagesform und Dosierung stärker oder weniger stark ausgeprägt, früher oder später beteiligt. Dennoch seien ein paar Eindrücke berichtet, die eine grobe Vorstellung vermitteln mögen. Die Reihenfolge dieser Nuancen ist beinahe beliebig, meine Schilderung ist nur eine von manchen Möglichkeiten. Vergleichbar vielleicht damit, wie an einem Abend des Erzählens und Zuhörens der Fluss des Gesprächs einem leisen, fast unmerklichen, völlig unvorhersehbaren inneren Wandel unterliegt und doch immer Gespräch bleibt.
Mein Lieblingslehrer rauchte Pfeife. Ein Kraut namens Plumcake. Ich weiß nicht mehr, wie das genau roch, komme jetzt einzig darauf, weil Kiste mich nach dem ersten Auftragen zunächst an Pflaumenkuchen mit Tabak erinnerte. Zu allerbeginnst, das wurde mir später klar, scheint freilich ein Hauch Frucht-Marzipan vorbeizuziehen. Bei ganz vorsichtiger Dosierung begleitet er mich indes auf Wunsch durch den Duft.
Irgendwie und irgendwann geht die Pflaume in eine rote Beere über. Dunkelrote. Gemütliche. Vor dem Kaminfeuer. Pfirsich geht ebenfalls in Ordnung, gibt allerdings in diesem Fall eher als Unterstützer eine Art Rumtopf-Dreh hinein. In der dritten Stunde ein Anflug von Bienenwachs. Allmählich eine Anmutung von Trockenobst mit Honig. Sehr, sehr süß, womöglich leider auf eine etwas klebrige Weise. Obacht, die Slumberhouse-General-Dosierungs-Warnung ist unbedingt ernst zu nehmen. Wer zum Abend eine Handvoll Trockenfrüchte mag, vor allem Aprikosen, findet in Kiste die perfekte olfaktorische Ergänzung.
Doch bald entwickelt der Duft eine mildere Form der Süße. Honig mit ein bisschen Wachs, die Frucht weicht eine Idee beiseite. Das ist dermaßen warm, freundlich, schmeichelnd, wie frau/man es sich nur wünschen kann. Ein Kuschler, aber ebenso stark und charaktervoll wie sanft.
Und schließlich kehren wir zur obigen Analogie zurück: „Das Gespräch ist, meiner Ansicht nach, die lohnendste und natürlichste Übung unseres Geistes: Keine andere Lebensbetätigung macht mir so viel Freude“ befand Michel de Montaigne vor mehr als vierhundert Jahren. Und so, wie sich nach einem guten, langen Gespräch mit einer seelenverwandten Person ein erfülltes Gefühl einstellt, ohne dass Messbares „passiert“ wäre, so hinterlässt ein Tag oder Abend mit Kiste eine unprätentiöse Aura von Zufriedenheit.
Ich bedanke mich bei Puck1 für die Probe.
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