Die Vernunft und Ehrlichkeit eines freien Kopfes PART I - Der Beginn
Urlaub gehört zu den schönsten Zeiten im Jahr. So versuchen wir endlich Zeit für uns selbst zu bekommen und den Kopf einfach mal abzuschalten. Genießen, entspannen, verarbeiten und ein kleines bisschen Platz im Kopf aufzuräumen um neuen Platz zu schaffen. So geht es mir auch bei Düften. Ich nutze Urlaub oftmals dazu meine Erfahrungen der letzten Zeit zu verarbeiten und für mich selbst nochmal Revue passieren zu lassen. Was hat mir gefallen, was wiederum nicht. Welche Düfte passen für mich in die Sammlung und welche Erfahrungen waren für mich besonders wertvoll. Einfach ein aktuelles Bild der Lage.
Dass diese Zeit auch manchmal unangenehm für bestehende Düfte sein kann sollte bei aller Reflektion klar sein. Passen die Düfte noch zu mir und meiner Einstellung ? Urlaub gilt hier als besonders ehrliche Zeit, nicht umsonst trennen sich viele Paare nach der Urlaubszeit, weil sich viele neue Perspektiven zeigen. Ist manchmal schwer, aber man denkt einfach über viele Dinge des Lebens mit der passenden Zeit nach.
Im Laufe meiner verfassten Blogs ist vielen meiner treuen Leser immer die Fluktuation meiner Sammlung aufgefallen. Es hat sich irgendwie über die Zeit eine Dauersituation der seltenen Zufriedenheit eingestellt. Einige Punkte passen irgendwie nicht zusammen und dazu kommt immer der Gedanke, dass irgendwas verbessert werden müsste. Ich hätte mir gewünscht, diese Situation legt sich irgendwie und eine 100%ige Zufriedenheit muss sich entwickeln, aber da macht mein Kopf leider nicht mit.
Einer der vielen ausschlagenden Momente war die Erkenntnis, dass ein vier Jahre alter Flakon meiner Frau aus dem Designerbereich wahrscheinlich gekippt ist. Er riecht mittlerweile recht merkwürdig nach verwelkten Blumen. 100ml sind schon recht viel und da meine Frau noch mehr Flakons hat als ich, kann dies auch passieren. Aber dieser Moment ließ mir wieder die Angst in den Kopf steigen, dass ich meine Flakons nicht verbraucht bekomme, bevor der point of no return erreicht ist. Ich hatte mir in letzter Zeit zwar öfter antrainiert zur kleinen Reisegröße zu greifen, leider ist dies aber nicht bei allen Sachen möglich. Außerdem ist eine Sammlung aus Reisegrößen nun auch nicht der Gipfel eines Parfümliebhabers.
So machte ich mir meine Gedanken wie ich bisher an meine Sammlung und Auswahl herangegangen bin. Schnell merkte ich, dass ich meine Ansprüche eventuell zu niedrig gesetzt habe, die eine Aufnahme in die heiligen Hallen ermöglichte. Einige Düfte landeten auf Grund mangelnder Alternativen in der Sammlung, andere auf Grund der DNA, die einzigartig scheint oder speziell in der angepeilten Kategorie. Sind es aber alles Düfte die genau mir entsprechen ?
Der sentimentale Gedanke eines Signatures ließ mich lange kalt, da ich gerne „Bäumchen-Wechsel-dich“ gespielt habe und meine aktuellen Launen einfach freien Lauf ließ. Momentan gefällt mir mit mehr Überlegungszeit der Gedanke immer mehr, wenn ich einen Duft habe, der für mich steht und für den ich als Person stehe. Einen, der mir immer ein gutes und wohliges Gefühl gibt und der trotzdem meinen Charakter elegant unterstreicht.
Wie Roja Dove bereits sagte: Es gibt nur eine Liebe im Leben, der Rest sind nur Liebhaber, die einen das Herz brechen können.
Welche Menge an Flakons ist also für so eine Sammlung vertretbar um ein Kippen zu verhindern, gleichzeitig aber eine Auswahl zu haben, die einem für jede Situation den perfekten Duft bietet ?
Ich habe bisher meine Sammlungen immer recht konzentriert gehalten, aber selbst mit zehn oder zwölf Düften kann man bei entsprechender Sillage und Haltbarkeit den Verbrauch mit der Lupe messen. Der Verbrauch ist so minimal, dass man sich manchmal vor erschrecken mag.
Rechnet man mal ganz grob, dann kann man bei dieser Anzahl jeden Duft durchschnittlich 30 Tage im Jahr tragen bei 2-4 Sprühen. Macht in Summe 60-120 Sprüher mit einem Verbrauch um die 15 bis 30 ml im Jahr (bei 0,25ml pro Sprüher). Das ist nicht wirklich viel, wenn man bedenkt wie schnell sich die Flüssigkeit im Flakon schon verändern kann. Sinnvoll wäre sicherlich die Hälfte der Flakons. Zumal es ja auch eine gewisse Bindung als geldlichen Mitteln ist.
Je mehr man Gedanken daran verschwendet, desto wehleidiger wird man, wie selten man gewisse Flakons verwendet. Vor allem gefällt mir der Gedanke, dass mich meine Umwelt wegen des Duftes erkennt, da ich die meiste Zeit mit diesem herumlaufe.
Aber wie würde eine Sammlung mit sechs Düften auf Grundlage meiner aktuellen Sammlung ausschauen ?
Allein aus emotionaler Sicht und der Faszination für den Duft dürfte "Black Phantom Memento Mori | Kilian" nicht fehlen. Einfach weil ich mit dem meine ersten Erfahrungen im Nischenbereich verbinde und mich die DNA bis heute fesselt. Ich liebe einfach die alkoholischen Noten von Kilian.
Der nächste wäre vermutlich "Shooting Stars - Uden | XerJoff" , der für mich einer der seltenen Düfte der Kategorie „Immergeher“ ist und in jeder Jahreszeit seine Qualitäten ausspielt. Einfach ein schöner Duft, der so viele Aspekte vereint und auch gewisse Erinnerungen an einen Duft wiederbringt, den mein Vater früher getragen hat.
Duft Nummer drei wäre vermutlich Nefs , der ein absolutes Brett der Kategorie Rose-Oud ist und von mir als wahrlich Duftkunst angesehen wird. Selten habe ich diese Perfektion in einer DNA vernommen, in der von vorne bis hinten alles passt.
Irgendein Roja würde sicherlich auch dabei sein, da ich die klassischen DNAs einfach faszinierend finde und einige Düfte einfach eine Klasse für sich sind. Wie der #enigma, den ich auch in der Sammlung habe.
Die anderen beiden Plätze würde ich aktuell an Boss Bastard und "Join The Club - Torino21 | XerJoff" vergeben, die auch einfach ihre Qualitäten auf meiner Haut ausspielen.
Kann und möchte ich nun auf die anderen Düfte verzichten oder möchte ich einen gewissen Rebuild betreiben ? Das weiß ich abschließend noch nicht, da ich schon an bestimmten Flakons hänge. Allerdings muss man sich ehrlich machen, ob man die auch entsprechend oft trägt oder ob man den Geruch einfach gerne in der Nase hat. Ich habe noch ein paar Tage Zeit mir darum Gedanken zu machen.
Meine Faszination tut meine Entscheidung am Ende keinen Abbruch, da ich weiterhin gerne neue Düfte teste und auch meinen Erfahrungsschatz erweitere. Der Unterschied würde sein, dass ich mich einfach auf bestimmte Düfte festlege, die mich repräsentieren sollen und einen Wiedererkennungswert bieten.
Mal schauen wie es sich entwickelt…
Nur mal so als zusätzliche Gedanken.
Aber selbst im Bekanntenkreis kann man für einen Duft bekannt sein, wenn man sich öfter sieht. Auch meine Mutter und meinen Vater habe ich von früher mit bestimmten Düften verbunden.
Liebe Grüße,
Kathi
danke für deinen Artikel. Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich mir solche Gedanken und Kopfzerbrechen überhaupt nicht mache, darüber ob etwas kippen könnte oder dass ich in meinem Leben die vielen Flakons garnicht mehr aufbrauchen werde. Schon allein das Wort aufbrauchen passt für mich so garnicht hier hin, weil es für mich um mein leidenschaftliches Parfum-Hobby geht, nicht um Konsum. Gerade auch wenn man Düfte als Kunstwerke betrachtet, so könnte man sie mit Gemälden vergleichen, die man kauft, sie sich in die Wohnung hängt und sich daran erfreut. Hier wird ja auch nichts konsumiert, allerhöchstens die Ästhetik für die Sinne und Emotionen 😍 Ich habe eine große Sammlung und ich kaufe mir nach wie vor gerne Düfte, einiges aus dem Souk, aber auch einiges an Blindkäufen. Es macht mich sehr glücklich, jeden Tag meine wunderschönen Schätze anzuschauen und zu überlegen, welche Düfte trage ich heute, oder sprühe sie einfach so in den Raum oder auf Papierstreifen 💗
LG 🤗
Mit bei dir dann eventuell „nur“ noch 6 Düften im Arsenal, würde das dann im Umkehrschluss natürlich auch bedeuten, dass der viel zitierte „Normalo“ da draußen im Umfang seiner durchschnittlichen olfaktorischen Ausstattung gar nicht mehr so weit von jenem Destillat eines ausgewiesenen Duftnerds™, wie du einer bist, entfernt wäre, auch wenn sich der jeweilige Weg dorthin natürlich grundlegend unterschieden haben wird. Aber Leidenschaft definiert sich eben nicht über Quantität, sondern über Intensität.
Ich beschäftige mich auch oft mit so Gedanken und stelle mir vor, dass wenn man seinen Düften gerecht wird und alle in etwa gleich benutzt, diese dann möglicherweise alle zeitgleich kippen, ehe sie auch nur ansatzweise aufgebraucht sind.
Was für eine Vorstellung....grusel....