Fest der Liebe - eine Illusion?
Vorbermerkung:
ich schreibe diesen Text aus Sicht derer, für die Weihnachten ein Familienfest ist. Denjenigen, die Weihnachten in christlicher Tradition feiern, werden einige Passagen evtl. gegen den Strich gehen.
Vorhin war ich auf dem Weihnachtsmarkt meiner Heimatstadt in Oberfranken. Nebenbei - mit "KL" (Vintage) beduftet, das passte bestens!
Sicher verstärkt durch den Becher Heidelbeerglühwein, aber auch grundsätzlich, stimmen Weihnachtsmärkte (oder generell jeder Form von Weihnachtsdekoration) mich ein wenig melancholisch - obwohl ich durchaus ein Freund davon bin - geben doch die Lichter und der glitzernde Schmuck dem ersten Teil des kalten Wintern noch ein halbwegs freundliches, warmes Gesicht! Aber sie stellen für mich doch einen idealisierten Traum einer Welt dar, in der wir - wenn überhaupt - als Kinder im Vorschulalter leben durften. Als die Welt noch in Ordnung war und wir beschützt und behütet waren. Nein, natürlich war auch diese Zeit nicht angstfrei - Angst vor dem Dunkel, vor bösen Träumen, vor dem Alleinsein gab es auch- aber das vergisst man als Erwachsener zumeist. Sicher, auch solch eine schöne Kindheit haben/hatten nicht alle von uns!
Und doch werden an das Weihnachtsfest nur allzu oft große Erwartungen gesetzt! Harmonie, Freude, Glück...Doch wie sieht es wirklich aus? Gerade unter dieser Erwartungshaltung kommt es besonders an diesen Tage oft zu Streitereien! Besonders wenn viele Leute einer Familie über mehrere Tage zusammen sind...Das war bei meinen Eltern auch nicht anders - allerdings erst so richtig, als mein Vater schwer krank wurde - da war ich immerhin schon 10 Jahre alt. Obwohl ich als verwöhntes Einzelkind mit Geschenken überhäuft wurde, fühlte ich mich schon damals oft fremd in dieser Welt!
Gerade Weihnachten ist oft eine schwierige Zeit für all die Menschen, die vom Partner verlassen wurden, die einen geliebten Menschen verloren haben, oder die eben aus anderen Gründen alleine sind. Partnerbörsen haben dann Hochkonjunktur...
Ich muss zugeben, dass ich als Dauer-Single auch in der Vorweihnachtszeit oft meine Freundinnen beneidet habe, die für ihr Partner Adventskalender gebastelt und Geschenke besorgt haben. Meine Geschenke - meist selbst gebackene Plätzchen - an die Männer meines Herzens (keiner von ihnen erwiderte meine Gefühle) wurden meist nur mit einem Ausdruck des "unangenehm Berührtseins" angenommen und zumeist an Kollegen oder andere verteilt. Ich hatte mir aber auch immer Männer ausgesucht, die unerreichbar waren! Irgendwann sagte mir dann eine Freundin ins Gesicht: "nur wer sich selbst liebt, wird auch von anderen geliebt und kann Liebe überhaupt annehmen!" Eine bittere Wahrheit! Mit der ich aber zu Ende leben werde - mit allen Konsequenzen! Seit mir das klar ist, habe ich mich nicht mehr verliebt.
Aber ich will nicht klagen! Nach dem Tod meines Vaters im Sommer 1986 verbrachte ich viele harmonische und geruhsame Weihnachten zusammen mit meiner Mutter. In einigen Jahren kam auch meine Tante dazu, die aber 2003 verstarb. Mir kommt jetzt wieder die Nikolaus-Geschichte von Simetra in den Sinn, die mich sehr bewegt hat! Eine (intakte) Familie und Menschen, die einen lieben, sind (neben Gesundheit) mit das allerhöchste Gut! Man merkt es aber meist erst dann so richtig, wenn man es verloren hat...
2012 war das letzte Weihnachtsfest mit meiner Mutter, 2013 starb sie nach schwerer Krankheit. Zu wissen, dass ich fast 45 Jahre vorbehaltlos von ihr geliebt wurde, ist ein großer Schatz! (Für sie trifft die oben erwähnte bittere Wahrheit offenbar nicht zu - ihre Liebe konnte ich annehmen!) Aber das Leben ist kalt geworden...ich gehöre nun seit 2 Jahren auch zu der Schar der Verlassenen an Weihnachten!
Sicher, Freunde sind viel wert! Die Überzeugung, im Beruf sinnvolles zu tun und zumindest nicht sofort ersetzbar zu sein, gibt auch viel. Es fehlt aber die Geborgenheit! Ein klein wenig davon verspüre ich noch, wenn eine meiner Katzen neben meinem Kopf schläft und ihre Pfoten auf meinen Hals legt.
Aber ich habe keinen emotionalen Rückhalt mehr! Es ist, als ob man ohne warmen Mantel in der eisigen Kälte steht und der Wind des Lebens einem gnadenlos ins Gesicht bläst! Was soll man entgegen setzen? Manche finden im Glauben einen Halt - ich gehöre nicht dazu! Mir bleibt nur meine innere Stärke - der absolute Lebenswille! Die Haltung des kämpferischen Pessimisten: "Das Leben ist gegen mich, aber ich versuche dennoch, zu bestehen!" Und auch die Überzeugung, dass ich nur diese eine Chance habe. Meine verkorkste, unbedeutende Seele ist an die Funktion meiner Nervenzellen gebunden und wird eines Tages mit ihnen vergehen...für immer!
Aber ich möchte hier nicht mit meinen düsteren, atheistischen Überlegungen enden! Ich werde Weihachten wie auch die beiden letzten Jahre, bei einer geschiedenen Freundin und ihren beiden halbwüchsigen Söhnen verbringen. Es war die letzen beiden Jahre sehr harmonisch.
Freundschaft ist eben auch ein hohes Gut!
Nachtrag:
Mittlerweile bin ich wieder daheim. Die 1,5 Tage bei der Freundin und ihren beiden Jungs waren wieder sehr schön! Einziger Wermutstropfen: einer der beiden Jungs hat sich einen Infekt eingefangen und liegt seit gestern im Bett. Aber es war wieder sehr gemütlich und harmonisch! Was ich aber damit vor allem sagen will: es gibt so viele in unserem persönlichem Umfeld, die eben nicht oder nicht mehr Familie oder Partner haben! Natürlich kann man versuchen, (wieder) jemanden für eine Beziehung zu finden, aber ich denke, es ist noch sinnvoller, dass die, die alleine sind, sich als Freunde gegenseitig Halt geben. Für mich persönlich ist das mein Weg in meine Zukunft!
deine Zeilen haben mich sehr berührt. Weihnachten mit Familie ist natürlich schöner - am allerschönsten war es mit den kleinen Kindern, die man noch richtig überraschen konnte. Aber später ist es auch noch schön, wenn auch liebe Familienmitglieder mittlerweile nicht mehr da sind...Es sind immerAbschiede dabei, durch das Älterwerden usw. Ich verstehe, dass Du manches vermisst. Vielleicht nagst du zu sehr an dir selbst, ich schätze, unnötigerweise. Du bist klug, hast Interessen - zweifle nicht zu viel und stelle dich selbst nicht in die Ecke. Nimm dich an! Ich drücke dich mal und wünsche dir ein schönes Fest . GLG