Wenn die Liebe fort ist
Dass dieses schreckliche, schöne Ding, das die Menschen Liebe nennen, nicht immer so unendlich ist, wie es zu Anfang scheinen mag, haben wir wohl fast alle schon erfahren (müssen). Für mindestens eine(n) ist dieses Ende fürchterlich, meistens für alle beide. Und beinahe - wenn nicht nicht genauso - furchtbar ist es, wenn man plötzlich bemerkt, dass man mit jemandem nicht mehr befreundet sein möchte - häufig kann man nicht mal genau begründen, wieso - ändern kann man es trotzdem nicht. In beiden Fällen war da jemand, mit dem man ein Stück des Weges gemeinsam ging und geglaubt hat, das sei für immer - und sich dann trennt.
Es hat Parfums gegeben in meinem Leben, bei denen habe ich gedacht: der ist es jetzt! Den trage ich, bis ich alt bin! Der ist so ich, dass ich mir nicht mehr vorstellen mag, ohne ihn zu sein! Und dann war es doch irgendwann vorbei. "Wings for Men" war so ein Kandidat - oder auch "Pleasures for Men" - in beiden Fällen kommt es mir heute vor, als müsse das ein anderes Ich gewesen sein. Bei "Kenzo pour Homme (Eau de Toilette)" war ich nachgerade eifersüchtig, wenn jemand anderes wagte, ihn zu tragen - ein ziemlich sinnloses Unterfangen in jenen Jahren, als er neu und wortwörtlich auf jedermanns Nacken war.
Momentan denke ich bei "Hammam Bouquet (Eau de Toilette)" und "Eau de Gentiane Blanche", dass ich die wohl nicht mehr missen möchte. Und doch wird der Tag kommen, an dem es sich einfach nicht mehr richtig anfühlt. Sie werden dann noch ein paar Monate - vielleicht sogar Jahre - weiter zwischen den anderen Fläschchen stehen und bei der morgendlichen Auswahl einfach gar nicht mehr ernsthaft erwogen. Und eines Tages werde ich an ihnen schnüffeln, und sie werden mich an jemanden erinnern, der ich nicht mehr bin - und ich werde sie entweder wehmütig in einer Kiste verschwinden lassen - oder sie fortgeben. Vergessen werde ich sie nicht.
Ich war und bin deutlich sinnenfroher (und mithin promisker) bei Parfums, als ich bei Menschen bin. Ich habe (und liebe) oft viele von ihnen gleichzeitig. Parfums sind nicht eifersüchtig, und sie nehmen es nicht übel, wenn man sie mal eine Weile stiefkindlich behandelt. Und auch wenn ich bei meinen wirklich heißgeliebten Düften manchmal denke: 'ja, doch - ich kuschele ihn, und er kuschelt zurück', weiß ich ja schon, dass das im Grunde nicht so ist. Doch als ich neulich einen Duft schnupperte, den ich mal hatte, als ich ein Jüngerer und anderer gewesen bin, war ich kurz wehmütig und traurig - und einen Augenblick lang war ich sicher - er war es auch.
Alles andere kommt und geht.