03.03.2016 - 08:03 Uhr
DasguteLeben
132 Rezensionen
DasguteLeben
6
Ad Fontes
In der Geschichte der Crown Perfumery spiegeln sich die Höhen und Tiefen der Parfum- als Wirtschaftsgeschichte. William S. Thomson war ein umtriebiger amerikanischer Geschäftsmann, der unter anderem groß im industriellen Korsettgeschäft dies- und jenseits des Atlantiks tätig war und sich ab 1872 auch im Parfüm- und Kosmetikbusiness versuchte - mit einem modernen marketingorientierten Ansatz, der Wert auf das "Packaging" legte. Das war der Beginn der Erfolgsgeschichte der Crown Perfumery, die bald unter zuhilfename der werbe wirksamen Viktoria-Krone (obwohl es nie einen Royal Warrant gab) ein breites Portfolio an Riechsalzen, Pflegeprodukten und Düften über englische Grenzen hinaus vertrieb. Crown profitierte vom Boom der modernen Parfümerie, der in Frankreich und England seinen Ausgangspunkt nahm. Neue Extraktionstechnologien, chemische Synthese und ein bürgerliches Publikum mit Freizeit und Geld, welches sich zum ersten Mal über Konsum definierte, wirkten dabei zusammen. Crown Perfumery wurde ab 1885 auch in den USA intensiv und mit großem Werbeeinsatz vermarket.
Mit Fougère Royale lancierte Houbigant 1882 das erste teilsynthetische Parfüm - es enthielt einen großen Anteil Coumarin - eine Substanz, die u.a. in Tonkabohnen und Waldmeister vorkommt und die 1868 zum ersten Mal chemisch synthetisiert wurde. Coumarin riecht heuig-süß und Fougère Royale's "farniger" seifig-grüner Akkord aus Lavendel, Coumarin und Eichenmoos wurde prägend für ein ganzes Genre von Düften, eben den Fougères, welche sich zum Standard der Herrenparfümerie entwickelten. Crown Fougère ist ein früher Teil dieser Geschichte, ebenso wie die immer noch produzierten Produkte von Geo. F. Trumper (Wild Fern) und Penhaligon's (English Fern). 1880 (prä-Houbigant) ist ein fragwürdiges Datum, aber klar ist, dass jedes Haus in der damaligen Zeit bald ein Fougère im Sortiment hatte, mit dem Gentlemen ihr Taschentuch beduften konnten.
Die Crown Perfumery feierte noch manche Erfolge, aber in den 1920ern wurde das Unternehmen nach Thomson's Tod an die Lever Brothers (später Unilever) verkauft, die es überwiegend als Marke für Haarprodukte benutzten, und schloss 1939 seine Türen endgültig - offensichtlich war der Markt an dem konservativen Stil des Hauses vorbeigegangen, wie an vielen anderen Traditionsfirmen auch (große Namen wie Farina, Houbigant, Penhaligon's gingen bis zur Zwischenkriegszeit unter oder verkamen zu billigen Drogeriemarken).
1985 - einige Jahre zu früh, um vom viktorianischen Retroboom zu profitieren - begann der Parfümenthusisast und Chemiker Barry Gibson die Marke wiederzubeleben und lancierte ab 1993 in eigenen Boutiquen 27 Düfte neu, und zwar in hervorragenden Qualitäten, doch das Konzept griff letztlich nicht und Ende der 90er übernahm Clive Christian den Markennamen und modelte Crown erfolgreich zu einem Nischenhaus mit mittelmäßigen aber exorbitant teuren Düften um, quasi als Pionier von sehr fragwürdigen Entwicklungen im High-End Duftbusiness (Qualität egal, Hauptsache teuer und stilistisch Oligarchen- und Scheich-affin). Dennoch war auch Thomson letztlich kein Ästhet, sondern profitorientierter Investor, insofern ist sentimentale Nostalgie vielleicht doch fehl am Platz.
Immerhin gab es einige Jahre die Gelegenheit, die wirklich schönen und historisch bedeutsamen Düfte der Crown Perfumery als Restposten zu erwerben: lebendige, ernsthafte Rekonstruktionen klassischer Kompositionen, deren Sex Appeal verständlicherweise teils begrenzt war (man denke an Imperial, Quinine, Buckingham und andere "schwierige" Düfte). Das lavendelig-grün-seifige Crown Fougère bildet da keine Ausnahme - nicht zufällig erinnert es eben an Seife (weil diese traditionell sehr oft als Fougère parfümiert wurde) und weniger an seine komplexeren Nachfahren wie Dunhill (1934), Moustache (1949), Paco Rabanne (1973) Azzaro, Dior Fahrenheit, bis hin zu Cool Water. Ich trage es trotzdem gerne zum klassischen Anzug und kann ihm Einiges abgewinnen. Es ist der Duft von "Zivilisiertheit" und "Fortschritt," wie sie die Viktorianer noch ungebrochen imaginieren konnten, vor den Kataklysmen des 20. Jahrhunderts, und ein lebendiges Denkmal der Parfümgeschichte, das jeden Duftaficionado berühren muss.
Mit Fougère Royale lancierte Houbigant 1882 das erste teilsynthetische Parfüm - es enthielt einen großen Anteil Coumarin - eine Substanz, die u.a. in Tonkabohnen und Waldmeister vorkommt und die 1868 zum ersten Mal chemisch synthetisiert wurde. Coumarin riecht heuig-süß und Fougère Royale's "farniger" seifig-grüner Akkord aus Lavendel, Coumarin und Eichenmoos wurde prägend für ein ganzes Genre von Düften, eben den Fougères, welche sich zum Standard der Herrenparfümerie entwickelten. Crown Fougère ist ein früher Teil dieser Geschichte, ebenso wie die immer noch produzierten Produkte von Geo. F. Trumper (Wild Fern) und Penhaligon's (English Fern). 1880 (prä-Houbigant) ist ein fragwürdiges Datum, aber klar ist, dass jedes Haus in der damaligen Zeit bald ein Fougère im Sortiment hatte, mit dem Gentlemen ihr Taschentuch beduften konnten.
Die Crown Perfumery feierte noch manche Erfolge, aber in den 1920ern wurde das Unternehmen nach Thomson's Tod an die Lever Brothers (später Unilever) verkauft, die es überwiegend als Marke für Haarprodukte benutzten, und schloss 1939 seine Türen endgültig - offensichtlich war der Markt an dem konservativen Stil des Hauses vorbeigegangen, wie an vielen anderen Traditionsfirmen auch (große Namen wie Farina, Houbigant, Penhaligon's gingen bis zur Zwischenkriegszeit unter oder verkamen zu billigen Drogeriemarken).
1985 - einige Jahre zu früh, um vom viktorianischen Retroboom zu profitieren - begann der Parfümenthusisast und Chemiker Barry Gibson die Marke wiederzubeleben und lancierte ab 1993 in eigenen Boutiquen 27 Düfte neu, und zwar in hervorragenden Qualitäten, doch das Konzept griff letztlich nicht und Ende der 90er übernahm Clive Christian den Markennamen und modelte Crown erfolgreich zu einem Nischenhaus mit mittelmäßigen aber exorbitant teuren Düften um, quasi als Pionier von sehr fragwürdigen Entwicklungen im High-End Duftbusiness (Qualität egal, Hauptsache teuer und stilistisch Oligarchen- und Scheich-affin). Dennoch war auch Thomson letztlich kein Ästhet, sondern profitorientierter Investor, insofern ist sentimentale Nostalgie vielleicht doch fehl am Platz.
Immerhin gab es einige Jahre die Gelegenheit, die wirklich schönen und historisch bedeutsamen Düfte der Crown Perfumery als Restposten zu erwerben: lebendige, ernsthafte Rekonstruktionen klassischer Kompositionen, deren Sex Appeal verständlicherweise teils begrenzt war (man denke an Imperial, Quinine, Buckingham und andere "schwierige" Düfte). Das lavendelig-grün-seifige Crown Fougère bildet da keine Ausnahme - nicht zufällig erinnert es eben an Seife (weil diese traditionell sehr oft als Fougère parfümiert wurde) und weniger an seine komplexeren Nachfahren wie Dunhill (1934), Moustache (1949), Paco Rabanne (1973) Azzaro, Dior Fahrenheit, bis hin zu Cool Water. Ich trage es trotzdem gerne zum klassischen Anzug und kann ihm Einiges abgewinnen. Es ist der Duft von "Zivilisiertheit" und "Fortschritt," wie sie die Viktorianer noch ungebrochen imaginieren konnten, vor den Kataklysmen des 20. Jahrhunderts, und ein lebendiges Denkmal der Parfümgeschichte, das jeden Duftaficionado berühren muss.
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