No̱ 8 Fischersund 2019 Eau de Parfum
36
Top Rezension
Emotional Landscapes
Da ist noch das Quietschen der Reifenschaukel. Ein Echo aus Kindertagen. Ein Ort, der stets ein anderer ist, über meine innere Landkarte fließt, und doch ist er da.
Die säuerliche Schärfe von Rhabarber, das Ziehen an den Zähnen, der Geruch nach Gummi, der in den Kleidern des Kindes haftet, weil der alte Autoreifen in der Sonne warm geworden ist und es nicht aufhören kann, höher und immer höher zu schwingen. Grasflecken an den Knien, der Blick auf die schwarzen Steine, die sich in der Bewegung aufzulösen scheinen. Ein beherzter Sprung, dann sind es nur ein paar Schritte, dem Schlängeln bleicher Wurzeln folgend, entlang dem zarten Grün der Gräser bis hinab zur alten Kiefer. Leicht wiegt die Krone aus Gänseblümchen, auch wenn eins davon nun verloren auf den Lavasteinen liegt. Eine Ahnung, dass jeder Sommer ein wenig Winter in sich trägt, jedes Licht die Dunkelheit kennt, und selbst am Horizont wird der Schnee auf den höchsten Berggipfeln nie schmelzen. Ein kleiner Moment, ganz unscheinbar und doch verankert in der Seele. Er formt sie wie der Gletscher den Berg und die Brandung die Küste.
Brich noch eine Stange Rhabarber ab im wilden Garten deiner Eltern, doch selbst wenn du sie mit Zucker süßt, ein Körnchen Salz wird bleiben.
***
Fischersund aus Reykjavik hat sich bei der Kategorisierung der Düfte am isländischen Jahreslauf orientiert und unterscheidet die drei dunkeln, winterlichen Skammdegi- und die drei hellen, sommerlichen Langdegi-Düfte. No 8 ist eines dieser Sommerkinder und meiner Meinung nach der hellste, vielleicht auch leichteste Duft der Langdegi-Serie, und doch spielt er geschickt mit Gegensätzen und Kontrasten.
In der Kopfnote vereint sich säuerlich herbe Grapefruit mit stengeligem Bittergrün, aufgelockert von lieblichen Hedionesternen. Schnell übernimmt das Grün die Führung, ich nehme eine ätherisch kühle Note wahr, hätte auf Weihrauch getippt, der hier nicht gelistet ist, und vermute, dass es Kiefer sein könnte. Baumnadeln haben kein leichtes Spiel mit meiner Haut, teilen aber ein paar ihrer natürlichen Facetten mit Weihrauch, und ich vermute, dass mein Eindruck daher rühren könnte. Auch die Fruchtigkeit der Grapefruit nimmt immer grünere Schattierungen an, bis ich sie schließlich als Rhabarber wahrnehme – und mir eine Gedankennotiz schreibe, in der nächsten Rhabarbersaison intensiv auszutesten, ob da wirklich so eine eindeutige olfaktorische Verwandtschaft mit Grapefruit besteht, wie ich sie hier empfinde.
Die anfängliche Kühle wird im Verlauf von einem mineralischen Warme-Steine-Effekt ausbalanciert, für den Iso E Super verantwortlich sein könnte. Der von Anfang an leichte, helle Duft geht in ein transparentes Flirren über, wird jedoch von einer schrägen, aber spannenden, niemals unangenehmen Gumminote am Davonfliegen gehindert. Ich bilde mir ein, dass hier Vetiver mitspielt, der diesen Effekt haben kann, bin mir aber nicht sicher, ob ich die Kombination von Grapefruit und Vetiver inzwischen einfach so oft gerochen habe, dass mein Kopf sie automatisch ergänzt.
Durch die klug eingesetzten Kontraste von Warm und Kalt, Hell und Dunkel schwingt leise Melancholie im diesem Duft mit, der vom Sommer erzählt und den Winter doch nicht vergessen hat.
Die säuerliche Schärfe von Rhabarber, das Ziehen an den Zähnen, der Geruch nach Gummi, der in den Kleidern des Kindes haftet, weil der alte Autoreifen in der Sonne warm geworden ist und es nicht aufhören kann, höher und immer höher zu schwingen. Grasflecken an den Knien, der Blick auf die schwarzen Steine, die sich in der Bewegung aufzulösen scheinen. Ein beherzter Sprung, dann sind es nur ein paar Schritte, dem Schlängeln bleicher Wurzeln folgend, entlang dem zarten Grün der Gräser bis hinab zur alten Kiefer. Leicht wiegt die Krone aus Gänseblümchen, auch wenn eins davon nun verloren auf den Lavasteinen liegt. Eine Ahnung, dass jeder Sommer ein wenig Winter in sich trägt, jedes Licht die Dunkelheit kennt, und selbst am Horizont wird der Schnee auf den höchsten Berggipfeln nie schmelzen. Ein kleiner Moment, ganz unscheinbar und doch verankert in der Seele. Er formt sie wie der Gletscher den Berg und die Brandung die Küste.
Brich noch eine Stange Rhabarber ab im wilden Garten deiner Eltern, doch selbst wenn du sie mit Zucker süßt, ein Körnchen Salz wird bleiben.
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Fischersund aus Reykjavik hat sich bei der Kategorisierung der Düfte am isländischen Jahreslauf orientiert und unterscheidet die drei dunkeln, winterlichen Skammdegi- und die drei hellen, sommerlichen Langdegi-Düfte. No 8 ist eines dieser Sommerkinder und meiner Meinung nach der hellste, vielleicht auch leichteste Duft der Langdegi-Serie, und doch spielt er geschickt mit Gegensätzen und Kontrasten.
In der Kopfnote vereint sich säuerlich herbe Grapefruit mit stengeligem Bittergrün, aufgelockert von lieblichen Hedionesternen. Schnell übernimmt das Grün die Führung, ich nehme eine ätherisch kühle Note wahr, hätte auf Weihrauch getippt, der hier nicht gelistet ist, und vermute, dass es Kiefer sein könnte. Baumnadeln haben kein leichtes Spiel mit meiner Haut, teilen aber ein paar ihrer natürlichen Facetten mit Weihrauch, und ich vermute, dass mein Eindruck daher rühren könnte. Auch die Fruchtigkeit der Grapefruit nimmt immer grünere Schattierungen an, bis ich sie schließlich als Rhabarber wahrnehme – und mir eine Gedankennotiz schreibe, in der nächsten Rhabarbersaison intensiv auszutesten, ob da wirklich so eine eindeutige olfaktorische Verwandtschaft mit Grapefruit besteht, wie ich sie hier empfinde.
Die anfängliche Kühle wird im Verlauf von einem mineralischen Warme-Steine-Effekt ausbalanciert, für den Iso E Super verantwortlich sein könnte. Der von Anfang an leichte, helle Duft geht in ein transparentes Flirren über, wird jedoch von einer schrägen, aber spannenden, niemals unangenehmen Gumminote am Davonfliegen gehindert. Ich bilde mir ein, dass hier Vetiver mitspielt, der diesen Effekt haben kann, bin mir aber nicht sicher, ob ich die Kombination von Grapefruit und Vetiver inzwischen einfach so oft gerochen habe, dass mein Kopf sie automatisch ergänzt.
Durch die klug eingesetzten Kontraste von Warm und Kalt, Hell und Dunkel schwingt leise Melancholie im diesem Duft mit, der vom Sommer erzählt und den Winter doch nicht vergessen hat.
33 Antworten
- Ich liebe Rhabarber und kann mir den Duft auch in Parfüm vorstellen.
Wunderschön beschrieben.
Ich gehe jetzt schaukeln.
Duft klingt passabel, wobei nicht sonderlich weltbewegend.
ich nehme das Gänseblümchen
Eine Reifenschaukel hatten wir auch. Diesen Geruch habe ich sofort wieder in der Nase. Am schönsten war es, wenn Papa mit voller Kraft anschob und ich in den Himmel flog...
🏆
"Signature" von Aedes de Venustas schon gefunden