Meggi
Top Rezension
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Rückbildung für die Galapagos-Maiglöckchen
Wir beherbergen in unserem Vorgarten vermutlich Analog-Galapagos-Maiglöckchen. Na ja, eigentlich werden wir von denen geduldet, die waren schließlich vor uns da. Egal, jedenfalls hat sich dieser Stamm offenbar in Sachen Geruch entwicklungsmäßig von den Artgenossinnen überall sonst abgekoppelt. „Unsere“ Maiglöckchen riechen nämlich derart süßlich-schwülstig, dass einem davon regelrecht schwummrig werden könnte.
Normal ist das nicht, habe ich mir sagen lassen. Und alles, was ich in letzter Zeit hier in der Theorie dazu erfahren konnte, wird heute bestätigt: Florale Bittersüße, grün-pflanzensaftig und honighaft gleichermaßen. Ein bisschen erdig sogar. Ich sollte meine Galapagos-Maiglöckchen über Winter auf Fortbildung schicken. Genau genommen eher Rückbildung; „back to the roots“ mal anders. Die Damen müssen dringend lernen, wie sich schwülstige, honighaft-blütige Süße durch bitteres Grün mit geradezu erdig-krautigen Anteilen ausbalancieren lässt.
Nach kaum einer Viertelstunde zeigen sich erste Anwandlungen des Floraïku-Orangenblüten-Waschpulvers, das ich aus ‚First Dream of the Year‘ und ‚I Am Coming Home‘ kenne. Doch glücklicherweise bleibt es bei einer Andeutung, der Waschtag ist verschoben. Puh…
Nur ganz langsam verändert sich der Duft. Das Grün wird noch bitterer, die Süße flüchtiger und hintergründiger. Eine Moschus-Cremigkeit schleicht sich hinein und mischt sich mit dem blütigen Rest zu einer herb-ernsthaften Floral-Creme, in der mir ein Hauch von Würze und Holz zu schweben scheint. Später mag Iris belüften. Das geht so zögerlich vonstatten, als sei es letztlich nicht gewollt, allerdings aus technischem oder chemischem Grund unvermeidbar.
Und plötzlich ist eine Assoziation da: Bei dem würzigen Holz mit seiner wässrigen Kümmel-Note handelt es sich um die Tür zum Comme-des-Garçons-Labor und dahinter befindet sich deren „8 88“. Meine Probe davon ist zwar längst weitergezogen, aber hinsichtlich einer wie nah auch immer belegenen Nähe zweifle ich nicht. Kürzlich habe ich gelernt (Gerdi – vielen Dank!), dass Maiglöckchen ihren Duft nicht verflüssigen lassen mögen und ihr Aroma in Parfüms stets nachgebaut ist. Besagte Holz-Note, die ‚Sleeping on the Roof‘ am Ende auch beschließt, wird wohl ein entsprechender Baustein sein.
Leider bemerke ich mit dem Wissen (oder der Ahnung) um das Kümmel-Holz dessen Beitrag beim zweiten Test schon viel früher, bereits nach rund drei Stunden. Das verdirbt mir persönlich in der Rückwirkung den Duft ein wenig. Trotzdem glaube ich, in aller Bescheidenheit geäußert, Zeuge großen technischen Könnens geworden zu sein.
Ich bedanke mich bei Verbena für die Probe.
PS: ‚Sleeping on the Roof’ soll mit anderen Floraïkus gelayert werden, um ihnen einen hellen Dreh geben.