Meggi
Top Rezension
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Rückkehr auf alte Flughöhe?
Langsam macht sich Unbehagen breit. Elf Floraïkus habe ich (vielen Dank!) von Verbena erhalten und ‚My Love Has the Colour of the Night‘… ächz… ‚MLHtCotN‘… nochmal ächz… nennen wir ihn einfach ‚MyLo‘… markiert genau die Mitte; als Betriebswirt aus dem Rechnungswesen bin ich alphabetisch vorgegangen. Sollte Floraïku sein Pulver gleich zu Anfang zu großzügig ‚Between Two Trees‘ verschossen haben? Keiner der vier nachfolgenden Kandidaten kam auf ähnliche Flughöhe.
Nun Nummer sechs:
Finsteres Patchouli, dahinter eine Prise Gewürz. Unwillkürlich denke ich von Ferne an den Eugenol-Bomber Vetivert von Angela Flanders. Nicht im Sinne eines Zwillings, der Engländer ist viel gewürziger und kräftiger. Nur vom Ansatz her. Und auch dort musste sich das Vetiver seine Position als Haupt-Thema erst erarbeiten.
Die bisherigen Floraïkus waren gerne irgendwie mehr oder weniger schwebend-getupft, zuweilen fast ätherisch, als gelte es, mitteleuropäische Japan-Klischees zu bedienen. Heute kommt ein markigerer Vertreter daher. Die Aura der Auftakt-Phase darf nachgerade düster genannt werden. Andeutungen von Leder und Tabak wurden schon berichtet.
Das Finstere zieht indes von dannen, binnen einer halben Stunde lässt der Kollege es ruhiger angehen. Eine innerhalb dieser General-Zurücknahme allmählich stärkere Gewichtung des Themas Vetiver bugsiert den gesamten Habitus in eine eher klassische Richtung. Zitrisch anmutende Einsprengsel, wohl ihrerseits verwandt mit der Vetiver-Ecke (und vermutlich ISO-gepimpt), sorgen für eine Portion Frische. Rau-säuerlich-eingedickt-malzig-holziges Patchouli (mutmaßlich mit Cashmeran aufgemotzt) unterstreicht allerdings, dass es sich keineswegs um einen Anzug-Duft handelt. Der geht, um im Bild zu bleiben, allenfalls zum Tweed-Jackett. Dazu jedoch prima!
Ein apartes Wechselspiel von Hell und Dunkel entsteht, stabil über viele Stunden. Dies scheint – im Sinne eines Zwischen-Fazits – ein weiteres Charakteristikum der Floraïkus: Olfaktorische Achterbahnfahrten, überhaupt jegliches „Tempo”, werden vermieden. Ansonsten nimmt MyLo in seiner relativ rustikalen Art definitiv bislang eine Sonderstellung ein.
Auch als der Anteil des Holzes wächst und es sich ins Hellere verschiebt, ist stets was Würzig-Frisches obenauf. Und nix Baumarkt – Pluspunkt! Außerdem passt der Schwenk bestens zum grundsätzlichen Vetiver-Prinzip und macht den ganzen Nachmittag hindurch Lust, sich immer mal wieder ne Nase vom holzig-würzig-herben Gemisch reinzuziehen. Gegen Abend hin entwickelt es sogar tatsächlich einen kratzig-erdig-rauchigen Dreh, freilich unverdrossen begleitet von einer gewissen Frische. Sehr schön.
Abermals ohne von Duft-Zwillingen reden zu wollen, liegt bei einer Nennung des Flanders-Vetivert die Erwähnung der entsprechenden Guerlain-Klassiker als stilistisch verschwägerte Alternativen natürlich nicht fern - ich kenne den Flanders bloß besser.
Mir fehlt mithin die Phantasie, was den Floraïku nun derart heraushebt, dass ich ein rundes Vierteltausend an Euronen dafür würde löhnen wollen. Solches Empfinden ist (drittes Zwischenfazit) bei diesem Anbieter kein Einzelfall. Trotzdem ein guter Duft.
Fazit: Kurve gekriegt, prima gemacht! Jetzt müsst ihr nur noch die ausufernden Namen in den Griff bekommen. Und bei der Gelegenheit die Reihe vielleicht mal nachkalkulieren.