13.06.2018 - 17:22 Uhr
DasguteLeben
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Proust Momente: Fahrrad, Frühsommer, Frankfurt bei Nacht
Proustsche Momente, das sind die Erinnerungslawinen die von einem Geruch/Geschmack ausgelöst werden, wenn sich ganze verschüttetet Welten öffnen aufgrund der tiefen Verbindung von verleiblichter sensorischer Erinnerung und Emotion - so wie die verlorene Welt von Combray für Marcel aus Madeleine und Lindenblütentee wiederersteht. Vetiver Hombre ist für mich so ein Duft, und Regia ist es auch. Es ist der Duft blühender Bäume, Kastanien, Scheinakazien, gelöst in der frühsommerlichen Nachtluft, die kühl ist und doch die Erinnerung an die Tageshitze in sich trägt. Du fährst ziellos durch die Alleen auf Deinem Bonanzarad und saugst diesen Duft ein; Jahre später radelst Du die gleichen Wege nach durchzechten Abenden mit Oberstufenkumpels, dann Kommiliton(inn)en und irgendwann bist Du nachts auf dem Weg zu ihr; immer wieder fühlst Du Dich sagenhaft lebendig in diesen Momenten und das parfum nocturne legt sich für alle Zeit über diese sedimentierten Erinnerungen und bringt sie zurück als wäre all das erst gestern gewesen.
Regia wird meistens als traditionelles Eau de Cologne beschrieben, aber dieser Erinnerungseffekt ist singulär unter den Dutzenden Kölnisch Wassern, die ich besitze und gerochen habe. Ich habe lange gerätselt, was dahinter steckt und vermute es ist das Zusammenwirken von herben und süssen Zitrusnoten, Kräutern und dem Alleinstellungsmerkmal Cassis (die aktuelle Parfumo Pyramide entspricht nicht der von Florascent). Diese Note steuert hier ihren holzig-süsslich-vegetabil und minimal organisch-animalischen Charakter bei (das urinöse fehlt glücklicherweise) und meine Nase riecht im Endergebnis das süsse Miasma nächtlicher Baumblüten und beschwört die Magie der olfaktorischen Erinnerung, oder, wie Proust schreibt: "Aber wenn von einer früheren Vergangenheit nichts existiert nach dem Ableben der Personen, dem Untergang der Dinge, so werden allein, zerbrechlicher aber lebendiger, immateriell und doch haltbar, beständig und treu Geruch und Geschmack noch lange wie irrende Seelen ihr Leben weiterführen, sich erinnern, warten, hoffen, auf den Trümmern alles übrigen und in einem beinahe unwirklich winzigen Tröpfchen das unermeßliche Gebäude der Erinnerung unfehlbar in sich tragen."
Regia wird meistens als traditionelles Eau de Cologne beschrieben, aber dieser Erinnerungseffekt ist singulär unter den Dutzenden Kölnisch Wassern, die ich besitze und gerochen habe. Ich habe lange gerätselt, was dahinter steckt und vermute es ist das Zusammenwirken von herben und süssen Zitrusnoten, Kräutern und dem Alleinstellungsmerkmal Cassis (die aktuelle Parfumo Pyramide entspricht nicht der von Florascent). Diese Note steuert hier ihren holzig-süsslich-vegetabil und minimal organisch-animalischen Charakter bei (das urinöse fehlt glücklicherweise) und meine Nase riecht im Endergebnis das süsse Miasma nächtlicher Baumblüten und beschwört die Magie der olfaktorischen Erinnerung, oder, wie Proust schreibt: "Aber wenn von einer früheren Vergangenheit nichts existiert nach dem Ableben der Personen, dem Untergang der Dinge, so werden allein, zerbrechlicher aber lebendiger, immateriell und doch haltbar, beständig und treu Geruch und Geschmack noch lange wie irrende Seelen ihr Leben weiterführen, sich erinnern, warten, hoffen, auf den Trümmern alles übrigen und in einem beinahe unwirklich winzigen Tröpfchen das unermeßliche Gebäude der Erinnerung unfehlbar in sich tragen."
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