03.09.2016 - 11:01 Uhr
Minigolf
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Minigolf
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Abendrobe im Disco-Style
Die ausgehenden Siebziger und die beginnenden Achtziger waren so der Höhepunkt, als Leute meines Alters (54) in Discos gingen, zu Donna Summer, Kim Wilde und Blondie tanzten und mit Outfit und Duft einer den anderen übertreffen wollte. Je lauter, schriller oder schwülstiger, um so besser. Wir waren in wahre Duftwolken eingehüllt, mit manchmal den Mitmenschen gegenüber geradezu komatöser Wirkung. Besonders in der Straßenbahn, mit der wir oft zum Tanzen fuhren und wieder zurück, machten uns die Leute häufig mit peinlich berührter gerümpfter Nase freiwillig Platz. Soviel zu unserer olfaktorischen Vergangenheit. Bis... ja bis wir das damals neu herausgekommene "Halston Night" entdeckten. Ein kräftiger, aber trotzdem angenehm-moderater orientalischer Würzblumenduft, der sich von den vorher benutzten Keuch- und Hecheldüften doch ziemlich unterschied. Für mich war er beinahe schon vornehm. Eine andere Duftstrategie war nun angesagt. Nicht mehr nur das Laute zählte, sondern das "Feinere" und "Edlere". Meine Freundinnen und ich bekamen nun manchmal Komplimente: Wo habt ihr diesen feinen Riecher denn her, wie heißt er und was kostet er?" Der war damals nicht so teuer, weiß nicht mehr genau, aber etwa 15 D-Mark für einen 30 ml-Flakon, und der reichte eine gefühlte Ewigkeit. Und für uns war es ein Besserer-Augeh-Duft, quasi eine Abendrobe für den Frei- oder samstäglichen Ausgehabend. Ich war ja damals mit 18/19 in der ersten "Generation" erwachsen. (Das Volljährigkeitsalter wurde genau 1980 von 21 auf 18 Jahre heruntergesetzt). Und wir fühlten uns groß-artig, auch wenn wir in vielen Dingen noch richtige Kindsköpfe waren. (bin ich auch heute noch oft) . "Halston Night" habe ich erst kürzlich wiedererworben, fast 50 ml zu 4 Euro auf dem Flohmarkt, Vintage, Flakon wie oben abgebildet. Und: es ist immer noch ein schönes "Wässerchen" mit seiner goldbraunen Farbe und dem blumig orientalischen Duft. Es startet mit grünangehauchter Fruchtig zitrischer Note und weiß was es will, ohne schrill zu sein. Genauso verhält es sich mit der blumigen Mittelnote, in der die verschiedenen Nuancen der Gartennelke dominieren, begleitet von Rose und Maiglöckchen, und schön "edel" unterstützt von feinpudriger Iris. Und das Ganze hat genau den richtigen Funken feiner Süße, weit weg von Schwulst. Und was da in der Basis dann auftaucht, ist zwar warm und wohlig (Ambra, Benzoe, balsamisch) , doch die holzigen und moosigen Töne, unterstützt durch herben Vetyver (den rieche ich zumindest) , geben eine sehr angenehme Herbheit hinzu. Und : Halston Night ist Nostalgisch, und zugleich real im Hier und Jetzt.
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