04.06.2018 - 13:05 Uhr
Palonera
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Palonera
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der 80. Geburtstag
Es ist erst ein paar Tage her, seit wir im Odenwald den 80. Geburtstag meines Schwiegervaters gefeiert haben.
Eigentlich leben sie im Sauerland, meine Schwiegereltern, doch die Kinder und Kindeskinder sind über das ganze Land verstreut; ein Teil der Familie lebt weit unten in Bozen, in Südtirol – und damit alle ungefähr die gleiche Wegstrecke zurückzulegen hatten, entschied mein Schwiegervater, die Feier in den Odenwald zu legen, dorthin, wo er vor einem knappen Jahr mehr zufällig gestrandet war auf einer Reise ganz woanders hin.
Und wo es ihm so gut gefiel, daß er einfach dort blieb, dort im reichen, tiefen Grün, in den traumhaft schönen Städtchen mit ihren mittelalterlich anmutenden Gebäuden und den wahrhaft herzlichen Menschen, die genau hinschauten, wer da vor ihnen stand, und deren Lachen auch immer aus den Augen schien.
Dort wollte er Geburtstag feiern, den ersten mit der Acht vornan, im großen Kreise der Familie – und so fanden wir uns ein aus Ost und West, aus Nord und Süd in einem winzig kleinen Ort weit draußen auf dem Land, fünf Häuser groß, vielleicht noch eines mehr.
Wir saßen unter Weinlaub und schattigen Bäumen im kleinen Biergarten des Hauses, in der Nase den Duft der Akazien und von frisch gemähtem Heu – es war heiß, viel zu heiß für Ende Mai, alles duftete viel stärker, als wir es je gerochen hatten in dieser Jahreszeit.
Bienen taumelten umher, trunken von Nektar und Wärme, ein Busch Pfingstrosen dicht am Haus stand in voller Blütenpracht.
Wir tranken kühlen Weißen und herben Apfelwein, die Kinder Zitronenschorle mit frischer Minze.
Gegenüber lag eine weite Wiese, die sachte anstieg bis zu einem alten Baum, einem Kirschbaum, so groß und wunderschön, wie ich noch nie einen gesehen hatte.
Irgendjemand hatte Heu gemacht an diesem Tag, das nun ruhte in langen, dicken Reihen, aufgeschichtet und so weich "wie unser Bett", wie Grete sagte, die kleine Blonde mit dem unaufhörlich plappernden Mund.
Wir fielen hinein in dieses süße, sanfte, knisternde, staubige Weich, das die Düfte trug von ersten Gräsern, kleinen Blüten, warmer Erde und der Sonne langer Tage, vermischt mit dem Geruch unserer Haut, ein wenig feucht, gut eingecremt und sauber.
Wir sahen zu, wie die Sonne unterging weit hinten zwischen den Bäumen, den dichten, die sich mischten im Laub- und Nadelwald, sahen den Himmel purpurn werden, rosa und apricot.
Um uns herum stieg feiner Dunst aus dem Boden, zart und federfein – kühl und silbergrün legte er sich auf die Haut, auf die sonnenheiße, kräuselte das Haar der Kinder, die, gar nicht müde, Fangen spielten, Geister spielten in der Dämmerung, die leise tiefer wurde, derweil die Kühle um die Köpfe strich.
"Schau mal, ein Veilchen!"
Großäugig ernst betrachtet von der Jüngsten, gerade zwei und Stadtkind durch und durch, gehoben schnuppernd an das Näschen und festgehalten in der kleinen Hand, derweil das Köpfchen schließlich doch an meine Schulter sank.
Und das Geburtstagskind saß neben mir, lächelnd, leise – achtzig Jahre alt und seine Strahleaugen noch so jung.
Tage später – ich bin längst wieder daheim, eine Probe rollt mir in die Hand.
"L'Été en Douce" steht auf dem Etikett.
Ich sprühe, nehme einen Atemzug – und liege wieder im Odenwald im Heu.
Eigentlich leben sie im Sauerland, meine Schwiegereltern, doch die Kinder und Kindeskinder sind über das ganze Land verstreut; ein Teil der Familie lebt weit unten in Bozen, in Südtirol – und damit alle ungefähr die gleiche Wegstrecke zurückzulegen hatten, entschied mein Schwiegervater, die Feier in den Odenwald zu legen, dorthin, wo er vor einem knappen Jahr mehr zufällig gestrandet war auf einer Reise ganz woanders hin.
Und wo es ihm so gut gefiel, daß er einfach dort blieb, dort im reichen, tiefen Grün, in den traumhaft schönen Städtchen mit ihren mittelalterlich anmutenden Gebäuden und den wahrhaft herzlichen Menschen, die genau hinschauten, wer da vor ihnen stand, und deren Lachen auch immer aus den Augen schien.
Dort wollte er Geburtstag feiern, den ersten mit der Acht vornan, im großen Kreise der Familie – und so fanden wir uns ein aus Ost und West, aus Nord und Süd in einem winzig kleinen Ort weit draußen auf dem Land, fünf Häuser groß, vielleicht noch eines mehr.
Wir saßen unter Weinlaub und schattigen Bäumen im kleinen Biergarten des Hauses, in der Nase den Duft der Akazien und von frisch gemähtem Heu – es war heiß, viel zu heiß für Ende Mai, alles duftete viel stärker, als wir es je gerochen hatten in dieser Jahreszeit.
Bienen taumelten umher, trunken von Nektar und Wärme, ein Busch Pfingstrosen dicht am Haus stand in voller Blütenpracht.
Wir tranken kühlen Weißen und herben Apfelwein, die Kinder Zitronenschorle mit frischer Minze.
Gegenüber lag eine weite Wiese, die sachte anstieg bis zu einem alten Baum, einem Kirschbaum, so groß und wunderschön, wie ich noch nie einen gesehen hatte.
Irgendjemand hatte Heu gemacht an diesem Tag, das nun ruhte in langen, dicken Reihen, aufgeschichtet und so weich "wie unser Bett", wie Grete sagte, die kleine Blonde mit dem unaufhörlich plappernden Mund.
Wir fielen hinein in dieses süße, sanfte, knisternde, staubige Weich, das die Düfte trug von ersten Gräsern, kleinen Blüten, warmer Erde und der Sonne langer Tage, vermischt mit dem Geruch unserer Haut, ein wenig feucht, gut eingecremt und sauber.
Wir sahen zu, wie die Sonne unterging weit hinten zwischen den Bäumen, den dichten, die sich mischten im Laub- und Nadelwald, sahen den Himmel purpurn werden, rosa und apricot.
Um uns herum stieg feiner Dunst aus dem Boden, zart und federfein – kühl und silbergrün legte er sich auf die Haut, auf die sonnenheiße, kräuselte das Haar der Kinder, die, gar nicht müde, Fangen spielten, Geister spielten in der Dämmerung, die leise tiefer wurde, derweil die Kühle um die Köpfe strich.
"Schau mal, ein Veilchen!"
Großäugig ernst betrachtet von der Jüngsten, gerade zwei und Stadtkind durch und durch, gehoben schnuppernd an das Näschen und festgehalten in der kleinen Hand, derweil das Köpfchen schließlich doch an meine Schulter sank.
Und das Geburtstagskind saß neben mir, lächelnd, leise – achtzig Jahre alt und seine Strahleaugen noch so jung.
Tage später – ich bin längst wieder daheim, eine Probe rollt mir in die Hand.
"L'Été en Douce" steht auf dem Etikett.
Ich sprühe, nehme einen Atemzug – und liege wieder im Odenwald im Heu.
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