20.10.2019 - 14:29 Uhr

Meggi
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Meggi
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35
Ausge-zapf-t
Ein Ehepaar, das aus einem angehenden Wirtschaftsprüfer und einer Frau aus gutbürgerlichem Hause zusammengesetzt ist, entwickelt üblicherweise keine plötzlichen Gelüste, mit bummelig Ende Zwanzig mal rasch zu Hippies zu konvertieren, bloß weil das gerade angesagt ist - und ich war ja eh noch kein Thema. Insofern hat diese ganze Bewegung, wie die der 68er, meinen familiären Hintergrund mehr oder weniger unberührt gelassen.
Und Hindu Grass führt mich emotional nicht wirklich näher ran. Das soll eine olfaktorische Reminiszenz an die Hippie-Ära sein? Das mag ich nicht glauben. Ich rieche eine satte Lage holziges Patchouli, das staubige Duro-Holz ist nicht weit. Ein schokoladiger Hauch bleibt im Ansatz stecken, einem säuerlich-ledrigen, wahrscheinlich vom Tabak gestützten Dreh geht es ein bisschen besser, vor allem bei beherzterem Benutzen des Gebräus. Das ist trotzdem arg dumpf, gedämpft, eindimensional. Unfrei, um es boshaft auszudrücken.
Gras, oder Heu – je sachter der Auftrag, desto früher ist es da und duftet entspannt vor sich hin, in etwa so aufregend wie die in der Sonne getrockneten Häuflein nach dem Rasenmähen im Gärtchen hinter dem Reihenhaus in Borstel-Hohenraden. Doch primär regiert eben holzig-dominiertes Patchouli. Kräftige Einsprengsel unseres würzig-bitter-säuerlichen (sprich: ungerauchten) Tabaks melden sich auch im Fortgang zu Wort.
Das war’s. Unaufgeregt und definitiv diesseits der Grenze zum Unangepassten gleitet der Duft durch den Tag. Am Nachmittag wird’s eine Idee runder, eine Spur Süße aus der Linie Heu/Tabak–Cumarin lässt sich auf Wunsch erahnen; kann aber ebenso gut ein Nasen-Gespinst sein. Bereits nach kaum acht Stunden verabschiedet sich Hindu Grass nasomatto-untypisch zeitig.
Das ist zwar alles recht ordentlich, in Anbetracht des Anspruchs hätte ich freilich zum Beispiel Bewusstseinserweiternderes oder Flowerpowerigeres erwartet. Nochmal: Das soll eine Reminiszenz an die Hippie-Ära sein? In seiner Gedecktheit eher ein Blick ins Heute des Gestrigen vielleicht. Gegen ein Reihenhaus in Borstel-Hohenraden als Ruhepunkt eines einstmals vermeintlich Unangepassten ist selbstverständlich wenig einzuwenden. Immerhin erfahren alte Ideale zuweilen weitaus seltsameren Wandel: Ich erinnere mich daran, wie sich vor Jahren Zweitausendeins-Chef Lutz Kroth in seiner Katalog-Kolumne darüber mokierte, dass Leute, mit denen man damals gemeinsam vor dem Außenministerium demonstriert habe, heute darin säßen. Er sprach natürlich von jenem Grünen Herrn, der später gar den Lobbyisten für diverse „Multis“ machte.
Anderes Beispiel: Gelegentlicher Gast auf Hauptversammlungen war ein gewisser Klaus Zapf (oder einer seiner Adlaten), ein inzwischen verstorbener Umzugs-Unternehmer aus Berlin. Ein Alt-Linker – was ihn nicht davon abgehalten hatte, eines Tages in das Geschäft mit Klagen gegen Aktiengesellschaften einzusteigen. Solche Klagen können existenzbedrohend sein, wenn damit Sanierungen mutwillig verzögert werden. Daher werden entsprechende Angänge gerne zügig per Vergleich beigelegt. Ein Schelm, wer die dann gezahlten Beträge anders nennt als „Aufwandsentschädigung“ oder „Anwaltskosten“. Das Gleiche gilt für die…sagen wir: „Nicht-Erscheinens-Prämien“, vage verbrämt als Honorar, die manchmal schon im Vorfeld fließen.
Tja, irgendwo auf dem Lebensweg hat’s wohl die alten Ideale zerbatzt. Ausge-zapf-t. Ernüchterung. Ein Reihenhaus in Borstel-Hohenraden finde ich sympathischer. Oder meinetwegen ‚Hindu Grass‘. Peace.
Ich bedanke mich bei MisterE für die Probe.
Und Hindu Grass führt mich emotional nicht wirklich näher ran. Das soll eine olfaktorische Reminiszenz an die Hippie-Ära sein? Das mag ich nicht glauben. Ich rieche eine satte Lage holziges Patchouli, das staubige Duro-Holz ist nicht weit. Ein schokoladiger Hauch bleibt im Ansatz stecken, einem säuerlich-ledrigen, wahrscheinlich vom Tabak gestützten Dreh geht es ein bisschen besser, vor allem bei beherzterem Benutzen des Gebräus. Das ist trotzdem arg dumpf, gedämpft, eindimensional. Unfrei, um es boshaft auszudrücken.
Gras, oder Heu – je sachter der Auftrag, desto früher ist es da und duftet entspannt vor sich hin, in etwa so aufregend wie die in der Sonne getrockneten Häuflein nach dem Rasenmähen im Gärtchen hinter dem Reihenhaus in Borstel-Hohenraden. Doch primär regiert eben holzig-dominiertes Patchouli. Kräftige Einsprengsel unseres würzig-bitter-säuerlichen (sprich: ungerauchten) Tabaks melden sich auch im Fortgang zu Wort.
Das war’s. Unaufgeregt und definitiv diesseits der Grenze zum Unangepassten gleitet der Duft durch den Tag. Am Nachmittag wird’s eine Idee runder, eine Spur Süße aus der Linie Heu/Tabak–Cumarin lässt sich auf Wunsch erahnen; kann aber ebenso gut ein Nasen-Gespinst sein. Bereits nach kaum acht Stunden verabschiedet sich Hindu Grass nasomatto-untypisch zeitig.
Das ist zwar alles recht ordentlich, in Anbetracht des Anspruchs hätte ich freilich zum Beispiel Bewusstseinserweiternderes oder Flowerpowerigeres erwartet. Nochmal: Das soll eine Reminiszenz an die Hippie-Ära sein? In seiner Gedecktheit eher ein Blick ins Heute des Gestrigen vielleicht. Gegen ein Reihenhaus in Borstel-Hohenraden als Ruhepunkt eines einstmals vermeintlich Unangepassten ist selbstverständlich wenig einzuwenden. Immerhin erfahren alte Ideale zuweilen weitaus seltsameren Wandel: Ich erinnere mich daran, wie sich vor Jahren Zweitausendeins-Chef Lutz Kroth in seiner Katalog-Kolumne darüber mokierte, dass Leute, mit denen man damals gemeinsam vor dem Außenministerium demonstriert habe, heute darin säßen. Er sprach natürlich von jenem Grünen Herrn, der später gar den Lobbyisten für diverse „Multis“ machte.
Anderes Beispiel: Gelegentlicher Gast auf Hauptversammlungen war ein gewisser Klaus Zapf (oder einer seiner Adlaten), ein inzwischen verstorbener Umzugs-Unternehmer aus Berlin. Ein Alt-Linker – was ihn nicht davon abgehalten hatte, eines Tages in das Geschäft mit Klagen gegen Aktiengesellschaften einzusteigen. Solche Klagen können existenzbedrohend sein, wenn damit Sanierungen mutwillig verzögert werden. Daher werden entsprechende Angänge gerne zügig per Vergleich beigelegt. Ein Schelm, wer die dann gezahlten Beträge anders nennt als „Aufwandsentschädigung“ oder „Anwaltskosten“. Das Gleiche gilt für die…sagen wir: „Nicht-Erscheinens-Prämien“, vage verbrämt als Honorar, die manchmal schon im Vorfeld fließen.
Tja, irgendwo auf dem Lebensweg hat’s wohl die alten Ideale zerbatzt. Ausge-zapf-t. Ernüchterung. Ein Reihenhaus in Borstel-Hohenraden finde ich sympathischer. Oder meinetwegen ‚Hindu Grass‘. Peace.
Ich bedanke mich bei MisterE für die Probe.
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