14.01.2022 - 09:25 Uhr
FvSpee
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FvSpee
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69
Go West!
Mit den Inhaltsstoffen und den Produktnamen geht es bei Harry Lehmann gleichermaßen geheimnisvoll zu. Duftpyramiden gibt es nicht, die Düfte werden nur mit elliptischen Attributen wie "blumig-frisch" oder "geheimnivoll würzig" belegt. Nachfragen im Laden werden in aller Regel sehr höflich ausweichend beantwortet. Nur bei denjenigen EdPs von Lehmann, die, und zwar unter gleichem Namen, aber zum vielfachen Preis, auch bei "Frau Toni's Parfums" unter Linzenz verkauft werden, kann man ein bisschen hinter die Kulissen sehen, denn bei Frau Toni's gibt es klassische Pyramiden.
Bei den Namen wiederum hat Lehmann eine Vorliebe für geografische Bezeichnungen, Städte vor allem, aber deren Auswahl ist bisweilen enigmatisch. Ein Kirschduft namens Kyoto, das ist noch konventionell, aber Äpfel aus Naples (warum eigentlich nicht Napoli oder Neapel?) und Orangen aus Boston? Hier also Key West. Key West ist eine Stadt auf einem Inselchen vor der Küste Floridas, weil diese aber via Brücke mit dem Festland verbunden ist, gilt sie als "südlichste Stadt der Festlands-USA". Vielleicht ist entweder das, oder der Umstand, dass Hemingway hier eine Weile lebte, der Grund dafür, dass der Ort wenigstens dem Namen nach weltweit ziemlich bekannt ist, obwohl er nur ca. 25.000 Einwohner hat, also so viele wie Butzbach in Hessen, Lauf an der Pegnitz in Bayern oder Werder (Havel) in Brandenburg.
Nach einer gewissen Pause brachte Harry Lehmann im Jahr 2021 etwa ein halbes Dutzend neue Düfte heraus, von denen Merano und dieser hier mir am besten gefallen. Den nur mittelguten habe ich vor einigen Monaten Statements gewidmet.
Key West erfreut mit einer klassischen, wuchtigen zitrisch-grünen Eröffnung mit einer schon fast adstringierenden Orangenwürze ganz im Stil von Springfield (und ein ganz klein bisschen auch von Esterel). Das ist ein maximales Lob von mir, den Springfield (auch bei den Damen meines Umfeldes Seufzer und schmachtende Blicke hervorrufend) ist neben Russisch Juchten, Lindenblüte, New York Cologne und dem nicht mehr hergestellten (Ur-) Fougère mein Lieblingsduft aus dem an guten Düften reichen Lehmann-Sortiment. Sowohl auf der Haut als auch in der Nase eigent dem Duft hier eine etwas duftölhafte Konsistenz, sodass man sich etwas Sorgen um die Sprühdüse des Flakons zu machen beginnt. Das unterstreicht den hesperidisch-grünen Wumms von Key West: von einem Cologne sind wir hier weit entfernt.
Im weiteren Verlauf entwickelt sich Key West (bei insgesamt ganz leicht reduzierter Projektion und Ausdauer) vielfältiger und differenzierter als Springfield. Während der winzige, kaum auszumachende, aber vielleicht letztlich seinen Clou ausmachende animalische Sidekick seines älteren Bruders fehlt, konstatiert meine Duft-Imagination hier: ein in sehr weiter Entfernung stehender Busch mit stark duftenden Blüten; geerdet-irdene, bald ein wenig tönerne, bald ein wenig würzige Brauntöne und eine leicht basische Note.
In der Spätphase (es handelt sich also um einen lehmann-atypisch eher entwicklungsstarken Duft) tritt eine sehr schöne, ziemlich klassische Herrenbasis hervor, die fast schon an den exquisiten Antaeus-Fonds mit viel Eichenmoos und Patschuli erinnert, dazu tritt eine feinherb-süßliche Ahnung von Lavendel, wie auch immer diese es in die Basisnote geschafft haben mag.
Soweit hier behauptet worden ist, dass Key West an Terre d'Hermès angelehnt sei, kann ich das nicht wirklich beurteilen, da ich diesen populären Duft nur einmal vor mehreren Jahren getestet habe und er mir damals nicht gefallen hat. Ich meine, dass Key West anders ist, aber meine Erinnerung mag trügen.
Ich werde den Duft, von dem ich mir einen 15-ml-Flakon zugelegt habe, sicher noch ein paar Mal bewusst kritisch testen und vielleicht die Bewertung noch ein wenig feinjustieren. Auf jeden Fall ist Key West ein Starker unter den jungen Lehmännern. Und da meine Schwäche für diese Marke bekannt ist: Es lohnt sich ihretwegen ohnehin, sich im Berlin: 'Go West!' zuzurufen und dem kultigen Laden in der Kantstraße einen Besuch abzustatten.
Bei den Namen wiederum hat Lehmann eine Vorliebe für geografische Bezeichnungen, Städte vor allem, aber deren Auswahl ist bisweilen enigmatisch. Ein Kirschduft namens Kyoto, das ist noch konventionell, aber Äpfel aus Naples (warum eigentlich nicht Napoli oder Neapel?) und Orangen aus Boston? Hier also Key West. Key West ist eine Stadt auf einem Inselchen vor der Küste Floridas, weil diese aber via Brücke mit dem Festland verbunden ist, gilt sie als "südlichste Stadt der Festlands-USA". Vielleicht ist entweder das, oder der Umstand, dass Hemingway hier eine Weile lebte, der Grund dafür, dass der Ort wenigstens dem Namen nach weltweit ziemlich bekannt ist, obwohl er nur ca. 25.000 Einwohner hat, also so viele wie Butzbach in Hessen, Lauf an der Pegnitz in Bayern oder Werder (Havel) in Brandenburg.
Nach einer gewissen Pause brachte Harry Lehmann im Jahr 2021 etwa ein halbes Dutzend neue Düfte heraus, von denen Merano und dieser hier mir am besten gefallen. Den nur mittelguten habe ich vor einigen Monaten Statements gewidmet.
Key West erfreut mit einer klassischen, wuchtigen zitrisch-grünen Eröffnung mit einer schon fast adstringierenden Orangenwürze ganz im Stil von Springfield (und ein ganz klein bisschen auch von Esterel). Das ist ein maximales Lob von mir, den Springfield (auch bei den Damen meines Umfeldes Seufzer und schmachtende Blicke hervorrufend) ist neben Russisch Juchten, Lindenblüte, New York Cologne und dem nicht mehr hergestellten (Ur-) Fougère mein Lieblingsduft aus dem an guten Düften reichen Lehmann-Sortiment. Sowohl auf der Haut als auch in der Nase eigent dem Duft hier eine etwas duftölhafte Konsistenz, sodass man sich etwas Sorgen um die Sprühdüse des Flakons zu machen beginnt. Das unterstreicht den hesperidisch-grünen Wumms von Key West: von einem Cologne sind wir hier weit entfernt.
Im weiteren Verlauf entwickelt sich Key West (bei insgesamt ganz leicht reduzierter Projektion und Ausdauer) vielfältiger und differenzierter als Springfield. Während der winzige, kaum auszumachende, aber vielleicht letztlich seinen Clou ausmachende animalische Sidekick seines älteren Bruders fehlt, konstatiert meine Duft-Imagination hier: ein in sehr weiter Entfernung stehender Busch mit stark duftenden Blüten; geerdet-irdene, bald ein wenig tönerne, bald ein wenig würzige Brauntöne und eine leicht basische Note.
In der Spätphase (es handelt sich also um einen lehmann-atypisch eher entwicklungsstarken Duft) tritt eine sehr schöne, ziemlich klassische Herrenbasis hervor, die fast schon an den exquisiten Antaeus-Fonds mit viel Eichenmoos und Patschuli erinnert, dazu tritt eine feinherb-süßliche Ahnung von Lavendel, wie auch immer diese es in die Basisnote geschafft haben mag.
Soweit hier behauptet worden ist, dass Key West an Terre d'Hermès angelehnt sei, kann ich das nicht wirklich beurteilen, da ich diesen populären Duft nur einmal vor mehreren Jahren getestet habe und er mir damals nicht gefallen hat. Ich meine, dass Key West anders ist, aber meine Erinnerung mag trügen.
Ich werde den Duft, von dem ich mir einen 15-ml-Flakon zugelegt habe, sicher noch ein paar Mal bewusst kritisch testen und vielleicht die Bewertung noch ein wenig feinjustieren. Auf jeden Fall ist Key West ein Starker unter den jungen Lehmännern. Und da meine Schwäche für diese Marke bekannt ist: Es lohnt sich ihretwegen ohnehin, sich im Berlin: 'Go West!' zuzurufen und dem kultigen Laden in der Kantstraße einen Besuch abzustatten.
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