Friedrich Schiller war nicht nur Dichter und Philosoph, er überzeugte auch als leidenschaftlicher Historiker und Arzt. Heute noch gilt er als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker, Lyriker und Essayisten. Im 1785 entstand seine Ode an die Freude, welche er als poetische Freundschaftserklärung dem Freiheitskämpfer Carl Teodor Körner widmete. Kein minderer als Ludwig van Beethoven vertonte dieses göttliche Gedicht ein paar Jahrzehnte später in seiner berühmten 9. Sinfonie. Das Meisterwerk errang europaweite Berühmtheit, strotzt, sprüht und funkt das Stück doch vor lauter Dramatik und überschwänglicher Energie und Freude.
Später entstand aus der Ode sogar die Hymne der Europäischen Union, symbolisiert indes im weiteren Sinne ganz Europa. Nun, da wir Schweizer nicht mit von der Partie sind, trällern wir brav weiter unseren von Patriotismus und Bünzlitum angehauchten Schweizer Psalm. Es lebe die «Neutralität».
Freude überströmte auch unsere 4 überzeugenden Parfumeure aus Rom, als sie sich an ihr neues Werk «Gioiosa» wagten. Ihr göttliches Vorhaben, einen freudigen Duft zu kreieren, forderte seinen Tribut. So sassen die 4 wohl endlose Stunden über Hunderten von Essenzen überquellenden Töpfen und Gläschen, und tüftelten nächtelang an ihrem nächsten Bestseller. Und zwar so lange, bis eine adrette Mischung aus Vanille, Amber, Bergamotte, Jasmin, Kokosnuss, Moos und Orange entstand.
Ich nehme eine sehr süsse und geerdete Vanille wahr, die ihren cremigen Mantel schützend um die frische Bergamotte und Orange legt. Die Kokosnuss weilt dezent im Hintergrund, gibt aber trotzdem einen vollen Ton an, jedoch keine giftige Note, sondern eine feine Kokosnuss, die der Freude liebäugelt. Die Jasmine und Amber schenken dem Duft die züngelnde Dramatik einerseits und die Opulenz an Schwere andererseits. Die Moose verpflichten sich, dem Potpourri die abgerundete Schwere und harzige Dichte zu geben, die letztendlich ein Meisterwerk hervorbringt, das buchstäblich die Freude versinnbildlicht. Es ist eine überschwängliche Freude, die mich mit Dankbarkeit erfüllt.
Ich liebäugle meist mit schweren, süssen und cremigen Düften, daher war es in der Tat nicht verkehrt, mir bei meinem gestrigen Besuch in der Stadt noch einen kleinen olfaktorischen Umtrunk bei den Sinnesdüften zu genehmigen. Und siehe da, es hat sich gelohnt, denn «Gioiosa» ist in der Schweiz in jener Sekunde erschienen, als ich meinen Fuss in die Parfumerie setzte. Das Flakon musste vor meinen Augen gar von den Verpackungsmaterialien entblösst werden und ich wurde mit dem ersten Sprüher belohnt.
Schhhhh …..BAM!
Was ein Duft, was eine Freude! Für mich ist Gioiosa ein Meisterwerk, nicht vergleichbar mit den anderen lieblichen und sehr gelungenen Düften aus der Linie. Gioiosa ist andersartig speziell und auch klarer, auffälliger und aussagekräftiger. Der Kokos sagt mir in den wenigsten Düften zu, aber hier entfaltet er sich in der zitrisch vanilligen Decke äusserst attraktiv. Klar ist, dass wir es hier mit einer üppigen Köstlichkeit zu tun haben, etwa einer an eine leicht würzige Vanillecremeschnitte erinnernde Köstlichkeit, die buchstäblich gegessen werden will. Bei jedem Sprüher zwingt mich die Üppigkeit an Süsse dazu, mich ins Handgelenk zu kneifen, weil ich am liebsten in den Duft reinbeissen würde. Ein lauter Frechdachs, der Liebhaber von harzig-opulenten Gourmands in die Knie zwingen wird.
Da ist sie. Mein Mädchen. So unschuldig, rein und zart in ihrem Wesen und ihrer Gestalt. Meist finde ich sie bastelnd am Schreibtisch vor oder in einer ihrer an Schlangenmensch erinnernden Pose. Die Beweglichkeit dazu muss ihr in die Wiege gelegt worden sein. Als sie auf die Welt kam, lachte sie bereits wenige Wochen später über das ganze Gesicht. Es ist ein Lachen, das mein Herz erwärmt wie 1000 Sonnen und in mir eine überschwängliche Freude zum Strahlen bringt. Aus diesem Grunde hat es sich so eingeschlichen, dass ich ihr in jede Geburtstagskarte zum Ende hin folgende Zeilen schreibe.
«Jeder Tag, an dem du lachst, ist ein schöner Tag».
Anastasia – die Freudige
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum!
Deine Zauber binden wieder
Was die Mode streng geteilt;
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.