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Top Rezension
Tauers Wüstenplanet
Der erste Test von “Au Coeur du Désert“ – und zwar gleich unter Echtbedingungen im (Großraum-) Büro. Was meine Kollegen betrifft: Mir fehlt da gerade ein bißchen das Mitleid, denn normalerweise arbeite ich Freitags nicht, wegen krankheitender und urlaubender Kollegen nun aber doch und die anderen sollen natürlich auch leiden, wenn ich es schon tun muss. Also: Kein Pardon, kein empathisch ausgesuchter Büroduft, sanft und zurückhaltend, nein, heute lasse ich es krachen. No risk – no fun. Tauers Wüstenplanet.
Gerade im Moment bin ich tatsächlich über den heute morgen beim Auftragen noch vorhandenen Restskrupel froh und darüber, daß ich nur einen einzigen, eher vorsichtigen Spühstoß Richtung Hals, Halstuch und Pullover-Saum abgegeben habe. Das Ganze ist jetzt, während ich diese Worte schreibe, fast eine Stunde her und ich sitze hier in einer gigantischen Duftwolke. Eine Projektion, groß wie die Namib.
Dies ist ganz sicher einer der eigenwilligsten Düfte, die ich, die Freundin alter Parfumkunst mit klassischen Signaturen, besitze und auch der, der mit deren altehrwürdigen Prinzipien am meisten bricht. Es ist weniger ein Parfum als eine epische Erzählung.
Halbwegs verbindlich der tradierten Idee einer Kopfnote folgend duftet das „Wüstenherz“ nur in der Eröffnung: Ein bißchen floral, mit einem Hauch Pflanzensaft und –stengel und einer zarten bitteren Süße. Es erzählt von einer Oase, von einer Rose, von ihrem Duft, von dem Geruch von heißem Fels, heißem Sand, befeuchtet zum Zwecke der Abkühlung. Von Harzen und von bittersüßem Honig, gesammelt von kleinen wilden Bienen.
Noch ist es nicht heiß, die Morgensonne malt lange Schatten.
Das Erzähltempo ist langsam. Ganz allmählich, Schritt für Schritt, wandere ich mit dem Erzähler weiter, wir lassen die letzten bewässerten Felder zurück und auch den letzten Schatten. Es wird wärmer, dann es wird heiß. Er erzählt mir von wilder Schönheit, von den Scherenschnittlinien des Horizonts in der Ferne, von violett schimmernden Bergflanken, vom Tanz der Hitzeluft über Ocker, über Dunkelorange, über Violett, über Blutrot und über allen Schattierungen von Braun, von Licht, das so hell ist, daß es schwarz wirkt. Wir betrachten Steinlinien, mineralisch-ölig schimmernd, Feldspatglimmer. Stachelbewehrte harzig duftende Pflanzenhelden, Überleberer im Nichts. Trockenes Holz mit falber Farbe und seidigem Schimmer, wer weiß schon, wie alt es ist.
Wir wandern. Die Zeit aber steht still.
Etwa drei Stunden nach dem Auftragen scheint auch der Duft zum Stillstand gekommen zu sein. Die Sonne steht noch hoch, die Farben sind verblasst, verdörrt in der Hitze. Ich rieche staubig-salbiges Ambergris und mineralische Sandsteinnoten, trockenwarme Harze mit subtiler Süße. Ich rieche warme Hölzer und trockene Erde. Es riecht gut, der Duft mag mich, ist freundlich zu mir. Auf der Haut zartsüßwarmpudrig – auf der Kleidung eher staubigwarmmineralisch. Eigen und schön. Die Präsenz ist immer noch enorm, mühelos füllt der Duft bei jedem Atemzug meine Nase, bei jeder kleinen Bewegung pufft ein helles Wölkchen auf, mit matter Textur und warmer salbiger Duftfarbe.
Noch einmal viele Stunden später sitzen der Erzähler und ich auf einem Felsen, wir sind müde, der Tag war lang. Der Erzähler ist fast verstummt, er spricht nur noch wenig und mit leiser Stimme, aber es braucht auch keine Worte mehr. Wir sind vertraut geworden auf der gemeinsamen Wegstrecke, viele Worte sind jetzt nicht mehr nötig. Bald wird die Sonne untergehen und es wird kalt werden. Ich lege mir ein Tuch um, stehe auf und gehe.
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Zuguterletzt: Der Hardcore-Test im Großraumbüro ist nicht schiefgegangen. Niemand hat einen großem Bogen um mich gemacht oder sich in meiner Nähe - wie zufällig - ständig mit der Hand die Nase gerieben. Allerdings hat sich auch niemand enthusiastisch über meinen Tagesduft geäußert. Ich denke, für mich es ist doch ein Vitrinenduft. Kostbar und gern gerochen, aber am Ende doch nicht getragen.
Die Haltbarkeit ist außergewöhnlich und die Sillage in der ersten Stunde gigantisch, danach noch für viele Stunden deutlich.
Gerade im Moment bin ich tatsächlich über den heute morgen beim Auftragen noch vorhandenen Restskrupel froh und darüber, daß ich nur einen einzigen, eher vorsichtigen Spühstoß Richtung Hals, Halstuch und Pullover-Saum abgegeben habe. Das Ganze ist jetzt, während ich diese Worte schreibe, fast eine Stunde her und ich sitze hier in einer gigantischen Duftwolke. Eine Projektion, groß wie die Namib.
Dies ist ganz sicher einer der eigenwilligsten Düfte, die ich, die Freundin alter Parfumkunst mit klassischen Signaturen, besitze und auch der, der mit deren altehrwürdigen Prinzipien am meisten bricht. Es ist weniger ein Parfum als eine epische Erzählung.
Halbwegs verbindlich der tradierten Idee einer Kopfnote folgend duftet das „Wüstenherz“ nur in der Eröffnung: Ein bißchen floral, mit einem Hauch Pflanzensaft und –stengel und einer zarten bitteren Süße. Es erzählt von einer Oase, von einer Rose, von ihrem Duft, von dem Geruch von heißem Fels, heißem Sand, befeuchtet zum Zwecke der Abkühlung. Von Harzen und von bittersüßem Honig, gesammelt von kleinen wilden Bienen.
Noch ist es nicht heiß, die Morgensonne malt lange Schatten.
Das Erzähltempo ist langsam. Ganz allmählich, Schritt für Schritt, wandere ich mit dem Erzähler weiter, wir lassen die letzten bewässerten Felder zurück und auch den letzten Schatten. Es wird wärmer, dann es wird heiß. Er erzählt mir von wilder Schönheit, von den Scherenschnittlinien des Horizonts in der Ferne, von violett schimmernden Bergflanken, vom Tanz der Hitzeluft über Ocker, über Dunkelorange, über Violett, über Blutrot und über allen Schattierungen von Braun, von Licht, das so hell ist, daß es schwarz wirkt. Wir betrachten Steinlinien, mineralisch-ölig schimmernd, Feldspatglimmer. Stachelbewehrte harzig duftende Pflanzenhelden, Überleberer im Nichts. Trockenes Holz mit falber Farbe und seidigem Schimmer, wer weiß schon, wie alt es ist.
Wir wandern. Die Zeit aber steht still.
Etwa drei Stunden nach dem Auftragen scheint auch der Duft zum Stillstand gekommen zu sein. Die Sonne steht noch hoch, die Farben sind verblasst, verdörrt in der Hitze. Ich rieche staubig-salbiges Ambergris und mineralische Sandsteinnoten, trockenwarme Harze mit subtiler Süße. Ich rieche warme Hölzer und trockene Erde. Es riecht gut, der Duft mag mich, ist freundlich zu mir. Auf der Haut zartsüßwarmpudrig – auf der Kleidung eher staubigwarmmineralisch. Eigen und schön. Die Präsenz ist immer noch enorm, mühelos füllt der Duft bei jedem Atemzug meine Nase, bei jeder kleinen Bewegung pufft ein helles Wölkchen auf, mit matter Textur und warmer salbiger Duftfarbe.
Noch einmal viele Stunden später sitzen der Erzähler und ich auf einem Felsen, wir sind müde, der Tag war lang. Der Erzähler ist fast verstummt, er spricht nur noch wenig und mit leiser Stimme, aber es braucht auch keine Worte mehr. Wir sind vertraut geworden auf der gemeinsamen Wegstrecke, viele Worte sind jetzt nicht mehr nötig. Bald wird die Sonne untergehen und es wird kalt werden. Ich lege mir ein Tuch um, stehe auf und gehe.
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Zuguterletzt: Der Hardcore-Test im Großraumbüro ist nicht schiefgegangen. Niemand hat einen großem Bogen um mich gemacht oder sich in meiner Nähe - wie zufällig - ständig mit der Hand die Nase gerieben. Allerdings hat sich auch niemand enthusiastisch über meinen Tagesduft geäußert. Ich denke, für mich es ist doch ein Vitrinenduft. Kostbar und gern gerochen, aber am Ende doch nicht getragen.
Die Haltbarkeit ist außergewöhnlich und die Sillage in der ersten Stunde gigantisch, danach noch für viele Stunden deutlich.
21 Antworten


Danke!
Ein "Wüstensand-Pokal" für Dich?
Kannst Du ihn wohl gebrauchen?
Dein Kommi macht mich neugierig auf den Duft!
3 Pokale wert, geht aber nicht :-)