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Meggi
Top Rezension
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Bogey auf Entzug
In einer Szene des Films "African Queen" kippt die Missionarin Rose Sayer (Katherine Hepburn) die üppigen Gin-Vorräte des versoffenen Kutterkapitäns Charlie Allnutt (mit Humphrey Bogart kongenial besetzt) vom Boot aus in den Fluss. Die resolute Dame leert eine Flasche nach der anderen jeweils zur Hälfte aus und lässt sie anschließend über Bord fallen. Durch den Restinhalt aufgerichtet, bilden die Behältnisse - Kameraschwenk - eine Art Polonaise, die idyllisch im Wasser tänzelt.
Keine Auskunft gibt der Film über die entstandene Relation von Getränk zu Wasser. Doch da Bogey nicht mit geöffnetem Mund hinterherspringt, sondern sich (jedenfalls vor der Kamera) kater-geschwächt in den kalten Entzug fügt, dürfen wir wohl annehmen, dass trotz der beeindruckend zahlreichen Flaschen der Gin-Gehalt des Flusses nur unwesentlich über ein homöopathisches Verdünnungsverhältnis hinaus erhöht wurde - abgesehen von einem örtlich wie zeitlich eng abgegrenzten Bereich beim Zusammentreffen der beiden Flüssigkeiten.
Und damit wären wir nun mitten im eigentlichen Thema: Es beginnt nach dem Zusammentreffen von Juniper Sling und Haut vielversprechend. Der namensgebende Wacholder ist in der Tat intensiv präsent. Das Gewürz wird im Duft schön ergänzt, abgerundet und etwas gemildert vor allem durch die Orange, die durchaus glaubhaft auf ihre hochprozentige Herkunft verweist.
Leider wird es rasch viel zu dünn, bereits nach kaum einer Dreiviertelstunde hat sich die Orange nahezu komplett und der Wacholder im Wesentlichen verabschiedet. Das allein wäre noch nicht weiter bemerkenswert, soll ja schließlich Kopfnote sein. Vielleicht trieb die Sorge um, niemand würde für längere Zeit so riechen wollen, als habe er soeben Charlies Bestände auf bestimmungsgemäße Weise entsorgt.
Aber irgendwas anderes hätte dann schon die Lücke füllen müssen. Die Ansätze dafür sind da, ich nehme die angegebenen Noten überwiegend wahr. Doch bleiben sie diffus, unentschlossen und zu unauffällig. Stattdessen dominiert bei mir nun für mehrere Stunden so eine Art Gewürz-Plörre aus enteiertem Wacholder mit ein wenig Pfeffer und einem Hauch von Kardamom. Einerseits verwässert, andererseits gerade dadurch unangenehm einseitig auf die wenigen verbliebenen Duft-Nuancen hin zugespitzt.
Etwas noch am ehesten Vergleichbares kenne ich bislang nur bei Pfeffer, und zwar, wenn man eine entstehende Bratensoße sofort nach dem Angießen und ersten Würzen schon einmal abschmeckt. Das ist dann ebenfalls so scharf-wässrig und man tut folglich gut daran, erst nach dem Durchziehen und Andicken zu probieren.
Der Ratschlag, besser zu warten, nützt beim Parfüm allerdings nur den sehr Geduldigen, denn es dauert sechs bis sieben Stunden, bis es wieder runder wird: Wenn dem Gewürz schlussendlich langsam die Puste ausgeht und es sich dadurch harmonischer in die anderen Noten einfügt.
Bei diesem Duft wurde meiner Meinung nach eine Chance vertan. Der Wacholder hatte sich mit der Orange nämlich für eine gute halbe Stunde sehr originell zusammengefügt. Aber das nebst dem passablen Schluss ist insgesamt einfach zu wenig.
Fazit: Schade um die verpasste Gelegenheit, aus dem Wacholder-Orange-Start so richtig was zu machen. Wer auf einen gewürz-starken Auftritt mit ordentlich Kawumm steht, sollte sich lieber mal mit der Muskatnuss-Rose-Dattel-Kombi in "Touaregh" von Il Profumo anlegen oder es mit der Koriander-Pfeffer-Packung aus ":P" von Nasengold aufnehmen.