Axiomatic
Düfte in Filmen und Serien
vor 3 Jahren - 24.08.2022
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Düfte in Filmen und Serien N°6

Liebe Krimi-Freunde, hier habe ich etwas aus der Hippie-Zeit der alten Bundesrepublik.

Und sogar in Schwarz-Weiß!

Und mit viel Cognac!

Eine skurrile Folge der Krimireihe „Der Kommissar“, quasi eine Art Proto-Derrick, mit Fritz Wepper als spundjungem Harry Klein in einer Nebenrolle.

Ein wahre Gaudi bietet aus der ersten Staffel die Folge 7: „Keiner hörte den Schuß“, gedreht 1969.

Die Erstausstrahlung war am 18.04.1969.

Es ermitteln in erfrischend verstaubter Altherren-Manier:

Erik Ode als Hauptkommissar Herbert Keller,

Reinhard Glemnitz als Inspektor Robert Heines,

und Günther Schramm als Inspektor Walter Grabert.

Zwischen angenehm kruden Lebensweisheiten, notorisch verqualmten Büros - gerne auch Pfeifenrauch - und gesunden Cognac-Rationen am helllichten Tage, schafft es unser Trio Infernale, jeden Verbrecher hinter Schloß und Riegel zu bringen.

Unterstützt werden sie von herzensguter Mutti Helma Seitz, unsere kaffeekochende Schreibmaschinen-Domteuse Käthe Rehbein, liebevoll Rehbeinchen betitelt.

Und Emely Reuer, so eine Art blonde Antwort auf Wonderwoman. Als Kriminalassistentin Helga Lauer ist sie nicht nur in Sachen Tatortsicherung, Beweisaufnahme und verständnisvolles Trostspenden versiert, ihr makelloser Alabasterkörper dient in manch einer Situation schonmal als Falle für einen Serienkiller. Aber nicht in dieser Folge.

Handlungsort ist selbstverständlich die heimliche Hauptstadt der alten Bundesrepublik, auch Bonner Republik genannt, unser putziges München im Baufieber.

Am Anfang der Folge werden wir Zeugen eines brutalen Raubmordes am helllichten Tag mitten in der Innenstadt. Ein Mann wird in seinem Alfa Romeo erschossen!

Durch den Baustellenlärm scheint niemand davon was bemerkt zu haben, erst ein parkplatzsuchender Autofahrer stellt mit Entsetzen fest, dass der Stellplatz-Blockierer mit einem Kopfschuss ab übern Jordan befördert wurde.

Wie sich herausstellen wird, hatte der Getötete, ein Angestellter eines Juweliers, jede Menge Rohdiamanten bei sich, um sie zu einer Diamantenschleiferei zu bringen.

Ach ja, schon der Abtransport der Leiche gibt uns einen netten Hinweis, dass wir es in dieser Folge mit schriller Mode zu tun haben werden. Kein Sarg mit Deckel und Griffe, nein, ein schicker, mit Raubkatzenfell-Muster versehener Teppich leistet gute Dienste im Morddezernat.

Die frische Witwe des Beraubten ist selbstverständlich Mannequin und führt Mode vor.

So, und jetzt bitte anschnallen, wir betreten nun eine mit Meskalin und LSD aufgemunterte Modeschau in der Völkerkunde-Abteilung des Münchner Stadtmuseums. Passend dazu spielt man im Hintergrund „On The Road Again“ von Canned Heat, die Hippie-Hymne schlechthin.

Die ekstatischen Models Pattie Boyd, Kari Ann Muller, Gil Gerroway und Amanda Lear führen eine Love & Peace Kollektion von Ossie Clark und Alice Pollock aus London vor. Beide betrieben zusammen mit Celia Birtwell die legendäre Boutique Quorum der Swinging Sixties. Sie waren mit ihren Entwürfen dermaßen revolutionär, dass sie sogar Yves Saint Laurent inspirierten.

Ach ja, bitte verzeihen Sie die sublime Charakterisierung des Veranstalters der Modeschau, noch gilt offiziell StGB § 175 in der Fassung von 1935, erst im Jahr der Handlung, 1969, wird er geringfügig abgemildert.

Zum Glück entgeht Inspektor Heines einer möglichen peinlichen Situation mit dem gestikulierenden Conférencier und flüchtet sich inmitten der charmanten Modevorführerinnen. Kommissar Keller mahnt väterlich den kleinen Schlingel zur Pflicht, schließlich sind sie ja dienstlich hier.

In der Garderobe erwartet sie keine andere als Erika Pluhar in ihrer Paraderolle des männerverschlingenden Vamps.

Scheinbar unberührt ob der traurigen Mitteilung des Mordes an ihrem Mann, fängt sie an, sich vor den beiden Ermittlern umzuziehen.

Während sie ihre zurückhaltende Perücke im Stile eines Nürnberger Weihnachtsmarkt-Christkindl und einer euphorischen Spaghetti-Eruption des Vesuvs ablegt, erblicken wir etliche Flakons auf ihrem Schminktisch.

Ich konnte mindestens drei Düfte ausmachen. Falls jemand mir weitere Hinweise geben könnte, werde ich selbstverständlich es hier einfügen.

Da wäre zunächst eine große Flasche J'aime Eau de Cologne als nette Erfrischung nach dem ermüdenden Catwalk.

Und ein gut sortiertes Nina Ricci Sortiment:

L'Air du Temps Eau de Toilette

und

Mademoiselle Ricci (1967)

Ich möchte auch nichts weiter verraten, die weitere Handlung ist ziemlich spannend und voller emotionaler Momente.

Also, viel Spaß bei der Aufklärung des Verbrechens!

Aktualisiert am 31.03.2023 - 09:06 Uhr
26 Antworten
ExUserExUser vor 2 Jahren
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1969 war ich 4 Jahre alt.. eine meiner Tanten benutzte unter anderen Parfums gerne "L'Air du Temps", den ich bis heute für sehr gelungen halte.. jedoch unbedingt in der EDP-Version ! 🕊✨
EveMistEveMist vor 3 Jahren
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Wie schön, das zu lesen... zu Serienbeginn bin ich gerade mal 1 Jahr alt gewesen und somit habe ich keine der Folgen gesehen oder habe sie mir später angeschaut. Ich weiß aber, dass meine Eltern keine Folge verpasst haben. Ich muss da jetzt ran, zumal ich mir den psychedelischen Trip nicht entgehen lassen kann... ;)
UnverdünntUnverdünnt vor 3 Jahren
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Natürlich habe ich nach der Folge gesucht und sie mir angeschaut.
Natürlich ploppten da etliche andere Folgen auf.
Natürlich musste ich mir die AUCH anschauen.
UnverdünntUnverdünnt vor 3 Jahren
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Update: Ich habe ALLE Folgen geschaut.
AxiomaticAxiomatic vor 3 Jahren
Ich kann nur sagen, dass jede Folge schon ihren Charme hat. Suchtfaktor!
AlliageAlliage vor 3 Jahren
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So toll und unterhaltsam geschrieben. Bin neugierig auf die Folge. Ich lieb ja alles was irgendwie "vintage" ist für eine Kindheit in den 1970er Jahren - egal ob Krimi oder Düfte. Muss ich mir unbedingt angucken ... danke!
AxiomaticAxiomatic vor 3 Jahren
Es freut mich, dass Du auch schmunzeln konntest.
AlliageAlliage vor 3 Jahren
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... geguckt - genauso, wie du es beschrieben hast ... genial😂
ErgoproxyErgoproxy vor 3 Jahren
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1969, da war ich gerade mal zwei.👼
ErgoproxyErgoproxy vor 3 Jahren
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Und vor allem wie man geduftet hat.
AxiomaticAxiomatic vor 3 Jahren
Na, da kannst Du ja sehen, was während Deiner Krabbelphase alles so passiert ist in München.
MelodyMelody vor 3 Jahren
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Sehr unterhaltsam geschrieben. :)
Ich mag diese alten Schinken ab und an gerne schauen. Tja, und die Mannequins ... 1969 war ich gerade mal kniehoch, aber ich denke, meine Oma hat den Auftritt sicher als „unschicklich“ empfunden. 😆
AxiomaticAxiomatic vor 3 Jahren
Unschicklich ist eine herrliche Äußerung!
😌
SchalkerinSchalkerin vor 3 Jahren
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München heimliche Hauptstadt ;)) da muss ich aber bisschen grinsen und mich kurz räuspern. Die war in NRW :) Kann mich bisschen an die Serie erinnern, aber da war ich noch sehr mini. Toll geschrieben mal wieder.
BelBel vor 3 Jahren
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„Heimliche Hauptstadt“ …. Super. Schön zu lesen. Danke!
PonticusPonticus vor 3 Jahren
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Echt Klasse wieder! Aus Ausschnitten kenne ich die Serie und vom Namen her einige Protagonisten! Mir macht es Freude zu lesen, wie Du auf die Düfte in den Filmen zu sprechen kommst und die Sitationen wunderbar charakterisierst!
ArneDArneD vor 3 Jahren
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Auch ich bin immer bei deinen tollen Geschichten dabei.
Edgar Wallace und Agatha Christie waren eher was für mich.
Auch "mit Schirm Charme und Melone" war für mich toll mit der so hübschen Diana Rigg
Danke für deine tolle Arbeit
MonsieurTestMonsieurTest vor 3 Jahren
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Was für ne Zeiten, von Meskalin bis Nina Ricci, war hakt L'Air du Temps.
Diese J'aime Cologne ist hier noch UNKOMMENTIERT! Ruf mal bitte Erika Pluhar an, sie möge das zügig nachtragen... :-) .
KailaniKailani vor 3 Jahren
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Hab ein paar Folgen von "Der Kommissar" als Wiederholung gesehen. Ob diese dabei war, weiß ich nicht. Ich staune über die gut erhaltene Bildqualität der alten Serien, wie z. B. Edgar Wallace. Und da ich L 'Air du Temps in meiner Sammlung habe, freue ich mich, dass dieser in der Folge einen Auftritt hatte. Hat Spaß gemacht zu lesen. Bin gespannt, was du als nächstes unter die Duftlupe nimmst. Lg
FrauKirscheFrauKirsche vor 3 Jahren
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Es ist ein Fest, deine Geschichten zu lesen:-) Ich liebe diese Serien immer noch. Der Kommissar, Derrick, Der Alte
(mit Siegfried Lowitz natürlich).
Jetzt muss ich schnell recherchieren ... in der Mediathek ;-)
Lavendel18Lavendel18 vor 3 Jahren
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Köstlich geschrieben, da ging es ja zu…😉 Ich erinnere mich an einige Folgen, die ich in späteren Jahren mal gesehen habe. L‘Air du Temps, der Klassiker schlechthin, erinnert mich an eine liebe Person, die aber leider schon gegangen ist…
PollitaPollita vor 3 Jahren
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Das war auch vor meiner Zeit. Aber liest sich so charmant, dass man gleich mitschauen möchte.
Petra66Petra66 vor 3 Jahren
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Mal wieder ein sehr schöner Artikel, den ich mit großem Vergnügen gelesen habe.
Helena1411Helena1411 vor 3 Jahren
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„Der Kommissar“ - Das war tatsächlich um einiges vor meiner Zeit. Ebenso die Düfte, auch wenn ich bei Vintage ja schnell schwach werde. Zumindest wesentlich schwächer als bei Erik Ode ;-)
TradescantiaTradescantia vor 3 Jahren
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Naja und das StGB ist noch heute nicht sehr reformfreudig, dafür kommt man wohl mit drei Kommentaren gut über die Runden.
TradescantiaTradescantia vor 3 Jahren
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Der Text ist ja der Knaller - Pattie Boyd , einst Ehefrau von Eric Clapton ,L'air du temps und gesunde Portionen Cognac und Tabak. Das gönne ich mir nur mal selten , am Wochenende.

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