Florecilla
Florecillas Blog
vor 3 Jahren - 24.08.2021
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A Discovery of … Parle Moi de Parfum oder Die Neue Sachlichkeit

Die Parfummarke Parle Moi de Parfum habe ich auf meine To-Discover-Liste gesetzt, als ich auf der Seite einer Online-Nischenparfümerie gelesen habe, dass deren Duft Orris Tattoo/29 der vollkommene Irisbutterduft sein sollte. Zur Iris habe ich nämlich eine ganz spezielle Beziehung, aber darüber erzähle ich lieber später in meinem Duftkommentar zum Orris Tattoo (schaut rein in ein paar Tagen bei Interesse!).

Als Erstes begann ich mit einer kleinen Nachforschung zur Marke und deren Düften - ohne diese ausufern zu lassen, denn ich wollte die Balance zwischen „Informiert“ und „unvoreingenommen“ halten.

Ein ganz besonderer Dank gilt dabei der von mir sehr geschätzten Flaconesse. Sie hat nämlich in ihrem schönen Kommentar zum Duft Guimauve de Noël/31 die Marke ausführlich vorgestellt. https://www.parfumo.de/Parfums...
Außerdem existiert noch ein informativer Eintrag im Parfumoblog aus dem Jahre 2018, der sich ebenfalls mit der Marke und ihren damals 10 veröffentlichten Düften befasst. https://www.parfumo.de/Benutze...

Ihr findet ansonsten sicherlich auch weitere Reviews im Netz, auf deren Lektüre ich aber bewusst verzichtet habe, um nicht allzu sehr in meinem Urteil beeinflusst zu sein. Ich habe aber ein paar Interviews mit Michel Almairac anlässlich der Einführung der Marke gelesen, um seinen Standpunkt besser nachzuvollziehen und natürlich den Webauftritt von Parle moi de Parfum eingehend kennengelernt.

Parle Moi de Parfum versteht sich als ein Familienunternehmen, geschaffen 2016 von Benjamin Almairac (mit am Board seine Mutter und sein Bruder), um die Visionen seines Vaters, eines der erfolgreichsten „Nasen“ der Parfumindustrie, Michel Almairac, zu verwirklichen. Dank diesem Umstand kann Maitre Almairac den kreativen Prozess abseits der Auftragsarbeit frei und ungehindert gestalten – ohne zeitliche und finanzielle Zwänge. Hinter jedem Duft steht also eine mitunter langjährige Findungsgeschichte DER ultimativen olfaktorischen Formel. Die Nummer dieser finalen Formel besiegelt den Namen des Parfums.

Im Herzen von Paris befinden sich zwei Boutiquen der Marke. Die Stores werden auf der Webseite als helle, zur Straßenseite gewandte puristisch eingerichtete Räume präsentiert, die gleichzeitig als eine Art Werkstatt fungieren, wo die Besucher die Entstehung der Düfte „live“ verfolgen können. Das gehört zum Markenkonzept - von den Gründern wird ein hoher Wert auf Transparenz und Authentizität der Parfumentwicklung sowie auf den offenen ungezwungenen Austausch mit Kunden gelegt. Daher auch der Markenname: „Erzähl mir vom Parfum“.

Der Internetauftritt bestätigt meiner Meinung diese Botschaft: er vermittelt die Informationen zur Marke und zu den Düften unaufgeregt und trotzdem stillvoll. Die Parfums werden in schlichten runden Flakons a 50 ml bzw. 100 ml (95 € / 155 €) angeboten, zusätzlich durch runde in Schwarz gehaltene Etuis geschützt. Die Schwarz-Weiß-Optik unterstreicht das Simplicity-Konzept. Das Markenlogo (eine Blume, die aus fächerartig geordneten Teststreifen besteht) finde ich auch ganz gelungen.

Auf der Webseite von Parle Moi de Parfum kann man 2 Discovery-Sets erwerben – Les Signatures und Les Icones. Jedes Set enthält 6 Glasphiolen a 2 ml. Leider erschließt sich für mich nicht der Unterschied zwischen den beiden Sets (außer, dass die Düfte selbstverständlich je nach Set verschieden sind). Die „les Signatures“ werden als „emblematische“ Düfte und die „les Icones“ als „ikonische“ Düfte betitelt.

Das Les Signatures -Set enthält:

  • Gardens of India / 79
  • Haute Provence / 89
  • Chypre Mojo / 45
  • Tomboy Neroli / 65
  • Milki Musk / 39
  • Woody Perfecto / 107

    Das Les Icones -Set enthält:

    • Une Tonne de Roses / 8
    • Totally White / 126
    • Guimauve de Noël / 31
    • Orris Tattoo / 29
    • Papyrus Oud / 71
    • Cedar Woodpecker / 10

    An dem „ikonischen“ Set war ich besonders interessiert, vor allem wegen Orris Tattoo, Totally White, Une Tonne de Rose und Guimauve de Noël – allesamt Düfte, die ich an mir vorstellen konnte. Der Set-Preis beträgt 15 € zzgl. 5 € Versand, was für 6 Samples a 2 ml ein guter Schnitt ist. Der Kauf wurde allerdings immer wieder durch andere Parfumkäufe verhindert (ihr kennt so etwas sicherlich:)

    Letztendlich erwarb ich das Set nicht per eine schnöde Online-Order, sondern ganz klassisch in einer wunderbaren Nischenparfümerie (falls jemand irgendwann mal die schöne polnische Hansestadt Szczecin / Stettin besuchen sollte, hätte ich einen Tipp für euch).

    Witzigerweise habe ich das Set in alter Formation erhalten, und zwar noch mit dem Miles High/38 im Package. Dieser Umstand hat mich nicht wirklich gestört, da der Miles High als fruchtig-süß auf Parfumo beschrieben wurde, was für mich durchaus sympathisch klang. Ab Frühling 2021 wurde nämlich das Sample dieses Duftes im Les Icones-Set durch den Cedar Woodpecker/10 ersetzt.

    Also hielt ich letztendlich die Schachtel mit 6 Duftproben in meiner Hand. Die Schachtel ist aus leicht angerautem cremeweißem Karton gefertigt. Die Duftproben sind zusätzlich in einzelne schwarze Schächtelchen eingeschlossen, somit gut geschützt. Das Markenkonzept spiegelt sich also auch hier in der Ausführung und der Farbgebung wider. Was mir etwas gefehlt hat, ist eine Beigabe in Form einer Karte o.ä. mit Duftbeschreibungen bzw. Duftnotenverzeichnissen. Einerseits entspricht das nicht dem Konzept der proklamierten Authentizität und Offenheit, andererseits ist es möglicherweise genau umgekehrt – der Name des jeweiligen Parfums sollte für sich selbst sprechen.

    Zu den getesteten Düften würde ich gerne demnächst gesonderte Kommentare schreiben, daher hier für euch eine kurze Übersicht meiner Eindrücke, die ich als Statements verfasst habe:

    Orris Tattoo/29Orris Tattoo/29 – ein heller weicher wässriger Iriswurzelduft, cremig, leicht süß mit einem frischen Touch.

    Totally White/126Totally White/126ein heller strahlender süßer Blütenduft mit einem Hauch grüner Frische. Sehr authentischer Flieder, der aber nicht aufdringlich wirkt.

    Une Tonne de Roses/8Une Tonne de Roses/8 ein süßer relativ heller Rosenduft, mit frischer moderner Rose und spürbarem Patchouli. Nicht stechend, kann aber bei Überdosierung anstrengend sein.

    Guimauve de Noël/31Guimauve de Noël/31 – ein fröhlicher warmer süßer Marshmallow-Duft mit leichter angenehm-bitterer Neroli-Note und einem relativ linearen Verlauf. Sehr angenehm, besonders in der kalten Jahreszeit.

    Mile High/38Mile High/38 – ein spannender Duft, der die Frische der Ananas mit der Würze und Krautigkeit der Immortelle verbindet.Etwas anhänglich, mit präsenter Hautnote.

    Papyrus Oud/71Papyrus Oud/71 – ein angenehmer weicher rauchiger Duft mit etwas Süße, wirkt eher maskulin auf mich.

    Was ist denn mein Gesamteindruck von den Düften und der Marke?

    Keiner der Düfte hat bei mir einen schlechten Eindruck hinterlassen, keinen wollte ich von meiner Haut abwaschen:). Die Sillage sowie die Haltbarkeit mit ca. 8 Stunden (oder drüber) sind gut und meines Erachtens komfortabel (bis auf den Une Tonne de Roses, der etwas penetrant sein kann). Meine Favoriten sind der Orris Tattoo und der Totally White. Beide Düfte haben eine wunderschöne positive Ausstrahlung und lassen den Träger sich einfach gut fühlen. Diesen zwei folgen der Une Tonne de Roses und der Guimauve de Noël, die zu bestimmten Anlässen und in bestimmten Gemütslagen durchaus angenehme Begleiter sein können. Wobei mir der Guimauve de Noël besser gefällt, weil er etwas Fröhliches und Unkompliziertes an sich hat.

    Zwei Außenseiter sind der Papyrus Oud und der Mile High. Den erstgenannten – ohne ihm seine Qualitäten abzusprechen – kann ich an mir nicht vorstellen, da er meinen momentanen Vorlieben nicht entspricht. Den zweiten, obwohl er viel Kritik auf Parfumo einstecken muss – mochte ich überraschenderweise ganz gut. Ich finde ihn witzig und spannend (spannender als andere Düfte).

    Und beim Wort „spannend“ sind wir schon bei dem Stein des Anstoßes bezüglich der Einschätzung der Marke. Es ist mir nicht entgangen, dass "Parle Moi de Parfum" bei der Parfumo-Community nicht auf allgemeine Begeisterung stößt. Die Düfte werden mitunter als flach und langweilig empfunden, die Marke selbst manchmal als überschätzt und gar seltsam wahrgenommen. Die Leistung von Michel Almairac bliebe unter Erwartungen zurück und wäre nicht innovativ. Dass diese Bewertungen wie alle Parfumbewertungen subjektiv sind, ist mir klar. Aber ist da dennoch etwas Wahres dran?

    Eigentlich erfüllt die Marke – für mein Dafürhalten - genau das, was sie mit der Kernaussage auf ihrer Webseite verspricht. Den Gründern geht es um Klarheit, Schlichtheit und Authentizität. Michel Almairac, der Schöpfer der Dufte, bekennt sich zur gewollter Einfachheit in seinen Kreationen, was die Auswahl der Duftstoffe und ihre Zusammenstellung angeht. Angestrebt von ihm werden der Verzicht auf Effekthascherei und die Entwicklung von intimen, minimalistischen Düften. Wenn man sich das Markenportfolio anschaut, dann merkt man, dass es eine Art olfaktorisches Einmaleins oder Basics für Jedermann darstellt: ein Rosenduft, ein Gourmandduft, ein Weißblütenduft, ein Oudduft, ein Irisbutterduft, ein Chipreduft, ein Vanilleduft etc. Diese Simplizität und Unaufgeregtheit kann selbstverständlich manch anspruchsvolle Nase enttäuschen:).

    Im Grunde stimme ich dem Urteil von Flaconesse zu: die Duftkompositionen von Parle Moi de Parfum muten lakonisch, gradlinig, schnörkellos und dezent an – so, wie das durchaus schlüssige Konzept der Marke lautet. Der Kunde bekommt das, was auf dem Flacon steht – eine Tonne Rosen oder eben ein Pfund Irisbutter:)

    Wegen meiner eher ungeübten Nase und meiner (noch) geringen Erfahrung mit Nischendüften fällt mein Urteil natürlich vorerst dilettantisch aus. Nichtsdestotrotz fand ich die Marke interessant, ich habe es nicht bereut, Geld für das Discovery-Set ausgegeben zu haben. Nicht alle Düfte haben mich umgehauen, aber alle kamen eher positiv an und mindestens 2 würde ich sehr gerne tragen und weitere 1-2 bei Gelegenheit.

    Da ich nur ein Discovery-Set getestet habe, statt beide, beansprucht mein Review keine Vollständigkeit. Unterwegs zu mir ist noch eine Abfüllung vom Gardens of India/79, da werde ich ein kleines Update für euch machen. Oder ich mache ein Update in ein paar Monaten, wenn ich mein olfaktorisches Horizont erweitert habe:) Es wäre wahrscheinlich interessant, die Eindrücke von heute zu revidieren.

    Aber schreibt doch, welche Düfte der Marke, die ich noch nicht getestet habe, ihr noch empfehlen würdet und welche PMdP-Parfums ihr generell gut oder schlecht findet! Und was haltet ihr von der Marke im Allgemeinen? Eure Rückmeldungen würden mich sehr, sehr freuen!

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