Henriquatre

Henriquatre

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1 - 5 von 20
Henriquatre vor 14 Tagen 4 1
9
Flakon
8
Haltbarkeit
9
Duft
Einfach schön
Auf der stetigen Suche nach alten Schätzen bin ich neulich dank der Community auf dieses Wasser gestoßen. 1960, grün- würzig-blumig, eingeordnet sowohl für sie wie für ihn, noch zu realistischen Preisen zu haben? Muss her!

Ich muss hier gar nicht viel schreiben. Kommen tut er in einem Flakon, der sagt: ich hab's nicht nötig zu prollen, aber ich hab Stil. Duften tut er... sophisticated. Seifig. Blumig. Jetzt nicht mega-ausdifferenziert oder krachig, eher klassisch-chyprig. Und unisex. Bevor's das Wort überhaupt gab. Den trägt man auf, weil er... schön ist. Sorry für das einfache Wort. Aber manchmal ist einfach halt schön.
1 Antwort
Henriquatre vor 25 Tagen 4 3
9
Flakon
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Signore, c'è il sole!
Man wundert sich manchmal, was es so alles gibt, das sich offensichtlich seit Jahrzehnten bewährt hat (in dem Fall: schon knapp 80 Jahre lang) - und trotzdem findet man hier oder anderswo wenig dazu. Der 1946er "Silvestre (Eau de Cologne) | Victor" (nicht!! zu verwechseln mit "Pino Silvestre (Eau de Toilette) | Pino Silvestre" !!) ist schon seit ca. einem halben Jahr in meinem Besitz, weil ich den großen - nein, sorry: kleinen - Bruder (weil 3 Jahre jünger) "Acqua di Selva (Eau de Cologne) | Victor" so großartig fand. Deshalb musste ich rausfinden, was der unbekannte Meister, der damals DAS alt-italienische Parfum per il Signore komponiert hat, noch so erschaffen hat. Damals dachte ich mir: hey, gut! Sehr gut sogar! Aber der passt in den Frühling oder Sommer. Deshalb eingemottet - und jetzt, wo die Tage wärmer werden, mit Vorfreude wieder ausgepackt.

Zitrus! Das ist es erstmal, einfach eine satte Bergamotte, die von einigen Kräutlein sanft umspielt wird. Die Kiefer und mediterrane Gewürze gesellen sich schnell dazu, aber das Frisch-Zitrische tritt nie so ganz in den Hintergrund. So geht er weiter recht linear, aber erkennbar seinen Weg. Der italienische Signore, der seinen Martini an kälteren Tagen mit "Acqua di Selva (Eau de Cologne) | Victor" im Sakko an der Bar genießt, nimmt sein Getränk an den heißeren Sommertagen mit nach draußen, knöpft das Hemd auf und sitzt auf der Piazza, während "Silvestre (Eau de Cologne) | Victor" seine gentlemanige Aura auch an lauen Abenden überzeugend unterstreicht.

OKAY, genug der pseudo-prosaischen Bilder... klar, zu Düften muss man Bilder malen (Club10: you know what I'm talking about), weil wir zum Glück nicht nur aus Nase, Rezeptoren und Synapsen bestehen. Aber um's auch noch mal auf die technischen Details runterzubrechen:

Was kriege ich? - Gemessen an dem, was er draufhat, aus meiner Sicht einen mysteriöserweise unterschätzten Cheapie, der wirklich etwas kann. Allerdings nicht das öfter ziterte "Monster" in Sachen Performance, Sillage, Compliments usw., sondern einen Allday-Signature für die wärmere Jahreszeit, der eher dir gefallen sollte als anderen - weil ihn die anderen womöglich eh nicht so stark mitbekommen.
Für wen? - Schon eher für Jungs, mutige Damen können ihn aus meiner Sicht aber auch tragen.
Für wann? - Auf Arbeit werde ich den gerne im Sommer auftragen, am Abend ist er aber sicher auch nicht verkehrt.
Wie schlägt er sich im Vergleich mit anderen? - Es ist halt ein Cologne... und zwar im klassischen Sinne: Direkt nach der Rasur aufgetragen, gibt er dir 2 Stunden eine Aura, von der du auf jeden Fall was hast. Das ist okay so, finde ich. (Man muss Düfte ja auch nicht zwingend daran messen, ob man 10 Stunden später immer noch Leute damit beglückt.)
Für wen ist der nichts? - So aus dem Bauch raus würde ich jetzt sagen: Für Menschen, die von einem Duft eine wahrnehmbare 1m-Aura und eine Duftspur durchs Treppenhaus erwarten, für Liebhaber der ab 2000 angesagten Noten (der fällt echt aus der Zeit), für Leute, die einen "Hammerduft" erwarten. Er ist fein und dezent. So dezent vielleicht, dass manche auch schon wieder meinen könnten, darauf könnte man dann gleich verzichten. Aber, meine Meinung: kann man dann irgendwie doch nicht. Weil, wie so oft: Das Subtile macht den Unterschied.
3 Antworten
Henriquatre vor 29 Tagen 5 3
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Adi Dasslers bleibendes Erbe!
Adidas. Ein Name wie Donnerhall – naja, zumindest wie ein Name von früher, alte Bundesrepublik des mittleren 20. Jahrhunderts halt. Neulich sorgte die Nachricht für mittlere, aber dann schnell wieder abebbende Erregung, dass ab jetzt der ewige Ami-Konkurrent NIKE, und nicht mehr die Adi Dassler adidas Sportschuhfabrik im fränkischen Herzogenaurach die Trikots unserer Nationalmannschaft gestalten wird. Zeiten ändern sich.

ADIDAS. Das steht konkret für ADolf DASsler, der vor dem 2. Weltkrieg zusammen mit seinem Bruder Rudolf Sportschuhe produzierte. Nach dem Krieg zerstritten sie sich, und der Bruder gründete den Konkurrenten PUMA. Sportfrage der 1950er bis 1990er: Welchen Turnschuh trägst du? Bist du Team Adi oder Team Rudi?

Nochmal kurz was zur Namensgebung: Man machte es sich auf sympathische Weise einfach in der jungen BRD, wenn man eine Firma gründete. Haribo? Süßwarenfabrik HAns RIegel, BOnn. Aldi? Gebrüder ALbrecht DIscount, Essen. Milupa? Konditorei EMIL LUis PAuly, Frankfurt. TESA? ElSA TEsmer, Beiersdorf / Hamburg. Achja, und da wäre natürlich die ebenfalls bis heute bestehende TRIkotwarenfabriken GEbrüder MAyer, Burladingen – kurz: Trigema. Adi Dassler fügte sich insofern stimmig ein in das anbrechende Wirtschaftswunder der 1950er. Welcher Alex Haferkamp irgendwo hierzulande würde es heute noch wagen, mit der ALHAKA Klamotten oder Lebensmittel welcher Art auch immer unter eigenem Namen anzubieten, und das unabhängig von Marktanalyse und vermuteten Kundenbedürfnissen? Wie gesagt, Zeiten ändern sich.

SO, genug Vortext bis hier. Was macht Adidas heute? Viel: Die drei Streifen sieht man immer noch auf beliebten Turnschuhen. Man macht Düfte mit sportlich-sympathischen Namen wie Victory League oder Pure Game. Was man nicht mehr macht: Den Ur-Duft, mit dem die Duftproduktion der Adi Dassler-Firma begann. 1985 war’s, man nannte ihn – wie? Na, wie wohl: Adidas halt.

So, nach wie üblich langer Vorrede – jetzt zum Duft. Das Zeug bekommt man nur noch Vintage und zum zehnfachen damaligen Preis (Euro-Umstellung nicht mitgerechnet). Zeiten ändern sich. Wenn man es wagt… bekommt mal allerdings ein Stück Zeitgeschichte. Das Zeug ist aus meiner Sicht genial komponiert: EINERSEITS merkt man, dass hier voll das Duftgepräge der Zeit dominiert – viel kräuterige Würze, ein wenig Zitrus, Mitte aus meiner Sicht etwas fruchtig, Basis leicht erdig – und ANDERERSEITS bekommt man den Eindruck, dass hier ein sehr fähiger Mensch die Duftnoten der umliegenden Edelhäuser so zusammenkomponiert hat, dass mehr good vibrations rauskommen. Klar, "Jules (Eau de Toilette) | Dior" , "Antaeus (Eau de Toilette) | Chanel" usw. sind Meisterwerke – aber der hier benutzt ähnliche Stoffe, und trimmt sie mit ein wenig Beigaben auf sportlich. Aber sportlich nicht im Sinne von „hier bin ich“, sondern eher so: ruhig, lass mal machen. Da müssen wir durch, so isses halt, aber lass gut drauf sein dabei.

Bei keinem Duft bisher habe ich mich bisher so in meine 80er-Kindheit zurückversetzt gefühlt. Womöglich hat den irgendjemand um mich herum getragen, an den ich mich im Guten erinnere. Das verfälscht natürlich auch die Wahrnehmung. ICH SAGE deshalb. Geiles Zeug. Oder anders: Adi Dassler, lass mal mit der Nationalmannschaft. Is halt so, aber dein Duft bleibt.
3 Antworten
Henriquatre vor 2 Monaten 4 2
10
Flakon
8
Haltbarkeit
10
Duft
Anders als Jules, komplexer als Aramis, leiser als Antaeus... und leider eingestellt
Givenchy: Klassisches französisches Modehaus, 1952 gegründet, 1957 um Parfums erweitert. Soviel zur kurzen Einordnung. Ich bin nicht wirklich der Modetyp, angezogen wird, was dem Zweck enspricht. Aufgetragen wird aber, was gefällt und Freude macht - deswegen (wie auch in anderen Fällen) danke an Givenchy, dass ein Designerhaus seine für mich völlig irrelevante Mode um die für mich hochrelevante Duftwasserproduktion erweitert hat.

Es gibt da noch andere interessante Dinge zu entdecken - zum Beispiel den roten Xeryus-Bruder aus den 90ern, der noch a weng beliebter zu sein scheint als der Ur-Stoff. Der hier jedenfalls, Monsieur "Xeryus (Eau de Toilette) | Givenchy" , kam als im Miniflakon als Beifang zu einer neulichen Souk-Aktion zu mir. KRASS GEIL (anders als der Hauptduft im Päckchen... aber das liebe ich hier, so lernt man dazu). Zum ersten Mal konnte ich's nicht lassen und habe mir daraufhin übers Netz einen überteuerten Alt-Neuflakon von einem eingestellten Duft zugelegt. Musste sein! Punkt. (Und lieber 100+ für 50ml von einem eingestellten Schätzchen zahlen, als 250+ für 80ml eines Hype-Nischenprodukts, IMO.)

Letzte 2 Dinge vor meinen eigentlichen 2cents zum Duft: a) Das, was hier als offizielles Duftfoto abgebildet ist, war die kurzfristige Neuauflage von 2007, offensichtlich wieder eingestellt. Liebes Parfumo-Team: Der Ur-Flakon ist großartig ikonisch, der Neue kann nicht im entferntesten mithalten... wen's interessiert, der gucke auf die Fotos unten. b) Warum macht man so eine Ikone platt? Der "Xeryus (Eau de Toilette) | Givenchy" war, wenn ich es richtig sehe, der letzte direkt von Givenchy lancierte Duft, bevor die Marke ein Jahr später von LVHM aufgekauft wurde. Quality is not always that what in a big company counts, how me seems.

Und jetzt nur noch ein paar, im Verhältnis zum Bisherigen unverhältnismäßige Worte zu dieser Kreation. Aber mehr braucht's auch nicht. Wir haben hier ein Wasser, das grün-lavendelig startet, wobei man von Anfang an merkt, dass da noch einiges andere beigemischt ist. Ich meine, neben der Zitrik am Anfang auch Thymian rausriechen zu können (nicht gelistet). Der Auftakt ist ein mega-gelungener Gentleman-Splash, der dich wach macht und anderen zeigt, wer du bist. Aber das Gentlemanige überwiegt, anders als bei anderen Kandidaten der 80er, z. B. "Lapidus pour Homme (Eau de Toilette) | Ted Lapidus" , die stärker zeigen wollen, wo der Hammer hängt.

Der Duft macht eine lineare, komplexe, aber zugleich stimmige Entwicklung durch. Er geht langsam immer mehr zurück, bis eine kräuterig-erdige Basis auf weiterhin hohem Niveau bleibt. Er ist dabei aus meiner Sicht nie aufdringlich, sondern immer souverän-zurückhaltend und doch für andere wahrnehmbar. Liebhaber der Kracher aus den 80ern mögen ihn als verhältnismäßig dezent empfinden.

Ich finde: Wir haben hier einen verdammtnochmal eingestellten Klassiker, der sich auf dem Level von "Jules (Eau de Toilette) | Dior" (aber in etwas lavendeliger), "Aramis (Eau de Toilette) | Aramis" (aber in etwas komplexer) oder "Antaeus (Eau de Toilette) | Chanel" (aber in ein gutes Stück dezenter) bewegt. Anders als diese herrschaftlichen Klassiker hat man ihn allerdings gekillt. Warum? Mei, der Markt wollte es halt so. Was zeigt: Der Markt ist manchmal ein A**.
2 Antworten
Henriquatre vor 3 Monaten 6 3
7
Flakon
8
Haltbarkeit
9
Duft
Hast du eine Muskatreibe? Bestreue die Zitronenscheibe.
Dunhill. Ursprünglich ein Londoner Tabakwarenhändler, der seine Kippen (die Ü40er werden sie von Partys und der Discounter-Kasse noch kennen) allerdings bereits in den 1960ern an British American Tobacco verkauft hat. Seither macht man dort Kleidung, Uhren, Handtaschen usw., und inzwischen gehört die Firma zusammen mit anderen einem größeren Konzern. BWL-Geschichtsexkurs Ende.

Jetzt aber zu diesem Wasser. Würzig-frisch angeblich, Muskat und Zitrus am Anfang, Blümeleien dazwischen, Tanne, Tonka und Vetiver am Ende. Sagt zumindest die Pyramide. Klingt ziemlich gewöhnlich, oder?

Soviel: Die Pyramide stimmt soweit. Aber: Die Kopfnote haut dir erst mal die Zitrusfrucht und den Muskat um die Ohren, dass es knallt. Das ergibt schon am Anfang einen krautigen, leicht dreckigen Ersteindruck, der mit aktuellen Riechgewohnheiten NICHTS, aber auch gar nichts zu tun hat. Aber geil. Die Blumen in der Mitte steuern dezent unterschwellig ein bisschen subtile Noten bei. Tanne und Vetiver sorgen für einen Finaleindruck, der das anfängliche Kräuterspiel aufnimmt und es in ein bisschen was anderes verwandelt. Ohne dass Zitrus und Muskat sich verabschieden.

1984? Hätte ich im Blindtest nie drauf getippt. Klar, es gibt gewisse Parallelen zu den grün-krautigen Powerdüften der 1980er. Aber hier ist das Ganze mal völlig anders umgesetzt. Der Duft erinnert eher an die Kandidaten, die in England im 19. Jahrhundert (!) das Chypre-Game mitbegründet haben, "Marlborough (Cologne) | Geo. F. Trumper" etwa, oder "Astor (Cologne) | Geo. F. Trumper" . Hier traute man sich nämlich noch, mit Störnoten wie Muskat, Kümmel oder ähnlichen Gewürzschrankzutaten zu arbeiten, bei denen man sich heute denkt: "Hää?! ... Na klar!!"

Fällt völlig raus, ist nichts für jeden Tag. Wird vermutlich bald eingestellt. Genießen wir ihn, solange es ihn noch gibt.
3 Antworten
1 - 5 von 20