Inszenierung "Duft und Raum" im Schloss Hallwyl

Das Wasserschloss Hallwyl im Schweizer Kanton Aargau verwandelte sich vom 20. bis 25. September 2022 in ein Duftschloss. Fünf internationale Parfumeurinnen und Parfumeure zelebrierten in ausgewählten Räumen ihre zeitgenössischen olfaktorischen Kreationen zum Thema "Erinnerungen", sie fügten fünf Räumen der Dauerausstellung ein passendes Dufterlebnis hinzu. So wurden uns (M3000 und Bookie) Leben, Wirken und Sterben der Familie von Hallwyl zwischen Mitte des 16. Jahrhunderts bis Ende des 19. Jahrhunderts noch lebhafter und sinnlicher präsentiert. Die Duft- und Rauminszenierungen zeigen, dass Geschichte immer auch Duftgeschichte ist, denn jeder Mensch besitzt seine eigene "Duftbiografie": Wer erinnert sich nicht daran, wie es bei Grossmutter roch oder wie ein geliebter Mensch duftet? 

Begleitet wurde die Ausstellung von Spezialführungen, Workshops sowie weiteren Angeboten rund um Düfte und Geschichten.

Mitwirkende:

• Maya Njie, Parfumeurin (London)
• Ezra-Lloyd Jackson, Parfumeur (London)
• Alexander Lauber, Gründer Wiener Blut (Wien)
• Mark Buxton, Parfumeur (Paris)
• Luca Maffei, Parfumeur (Mailand)

(Teile dieser Beschreibungen habe ich aus dem Begleitheft übernommen, alle Fotos selbst aufgenommen)

Badestube

"Aquatisch" sagen wir unisono, als der Raum in Riechweite kommt und sich als Badestube herausstellte. Hier geht es um Forschung und Entdeckung eines Heilkundlers, der ein umfangreiches Rezeptbuch verfasste. Luca Maffei greift dies in seiner Interpretation eines Eau de Cologne auf. Er verbindet die markanten Noten Lavendel und Bergamotte mit Kardamom und Zimt, was dem Duft eine helle und klare Dreidimensionalität gibt. Ergänzt wird es durch Iris in der Herznote, die durch ihre pudrige Note einen beruhigenden Effekt hat, sowie Holznoten und Vetiver aus Java in der Basisnote, die einen rauchigen und in der Wahrnehmung fast historischen Aspekt hinzufügen. 

Fischerei

Die Fischzucht war eine wesentliche Ennahmequelle für die Herren von Hallwyl. Alexander Lauber und Mark Buxton haben sich zusätzlich von einer Zeichnung Gustav Klimts mit dem Titel "Fischblut" inspirieren lassen. Dieser hat darin seine Faszination für Wasser als Symbol für Leben und Tod zum Ausdruck gebracht, was die Duftexperten vielschichtig symbolisch auf das wirtschaftliche Überleben von Schloss und Region bezogen haben. - Nicht so fischig wie befürchtet! Buxton habe ich hier blind erkannt, diese Handschrift von natürlichen und deutlich synthetisch-chemisch wirkenden Stoffen kann er. 

Komponenten: Rhabarber, Aldehydnoten, Rosenoxid, Haselnuss, Veilchenblätter, Bitterorange, Magnolienblätter, Patchouli, Sandelholz, Moschus, Ambroxan

Salon

Dieser Inszenierung geben Alexander Lauber und Mark Buxton den Titel "Herzblut". Der Salon entführt in die Welt und Erziehung einer adligen unverheirateten jungen Frau, die Kenntnis von Musik, Tanz und Handarbeiten vermittelte, um aus ihr eine "salonfähige Dame" zu machen. 

Der Duft macht Verletzlichkeit und Schmerz sichtbar und erinnert an den Geruch von Verbandsmaterial, Metall und Haut. - Wir nehmen neben einer madamigen Floralität auch seifige Noten war, das Metallische wird uns deutlich. 

Komponenten: Geranium, Aldehydnoten, Rosenoxid, Cedre sur Iris, Olibanum, Seerose, Heliotrop, Sandelholz, Patchouli, Moschus, Tonkabohne

Kommen und Gehen

Dieser Stammhalter konzentrierte sich nicht auf Drill und Krieg, stattdessen auf Partys, Ausschweifungen, Alkohol und "Genüsse aller Art". Er beginnt eine Affäre mit der Frau eines ihm vorgesetzten Hauptmanns, aus der zwei Kinder entspringen. Später heiratet er eine andere Frau, kommt kränklich von einer Reise zurück und stirbt in eben diesem Zimmer. Seine Mutter stirbt einen Tag später. 

Der Parfumeur Ezra-Lloyd Jackson vereint in seinem Raumduft die Extreme Geburt (Lavendel) und Tod (Indol), frische Wäsche und Verwesung. - Diese Gegensätze nahmen wir deutlich war, eine Art muffiger Mundgeruch wurde gestört von stechenden Noten. 

Komponenten: Lavendel, Geranium, warmes Wasser, Milch, Haut, Lysol dissifectant, Indol, Rauch, Ton, Feuer, Schmalz, Schweiss

Kabinett

Eine reiche Erbin aus Schweden wird nach Hallwyl eingeheiratet - aus Liebe! Die Parfumeurin Maja Njie liess sich inspirieren von der Vorstellung, dass die Dame im Kabinett bei offenem Fenster sass und ihren Gedanken an ferne Länder nachhing. Düfte aus fernen Ländern kombinierte sie mit Früchten und Gewächsen aus den Gärten von Hallwyl. - Wir fanden zwischen leicht süssen Blumen eine säuerliche Rhabarbernote. 

Komponenten: Feigen, Melonen, Trauben, Mimosen. Aprikosen, Rhabarber, sibirische Iris, Zedernholz. 

Fazit: Diese Duftreise war für uns eine faszinierende Ergänzung der eh schon interessanten und gut kuratierten Ausstellung. Als in diesem Kontext ungewohnte dritte Dimension war das Riechen eine echte Bereicherung, die uns die alten Zeiten erfolgreich näher bringen konnte!