07.12.2020 - 05:40 Uhr
Caligari
75 Rezensionen
Caligari
Top Rezension
24
trocken, wenig Schatten, karge Landschaft, Lagerfeuer, Pferd mit Ledersattel, kaum Gelegenheit sich zu waschen... Freiheit!
Desperado. Wie passend!
So riecht man, wenn man wochenlang in der Prärie umherzog und sich die Gerüche von Pferd, Leder, Lagerfeuer, Wüste, Holz und Harz in den Kleidern verfangen haben und die Patina aus diesen Gerüchen sich mit der Zeit in die Haut frisst.
Wer, wie ich es tue, der Natur in ihrer eher vegetationslosen, minimalistischen und niederschlagsarmen Form nahesteht, dem werden sich beim Genuss dieses Duftes entsprechende Bilder vor die Augen schieben. Die Schönheit einer "entkleideten", "ungarnierten" Landschaft, die die Sinne auf das Wesentliche reduziert und dadurch die Aufmerksamkeit wie einen Schirm aufspannen lässt. Der weitgehende Wegfall akustischer Reize lässt die Gerüche mit dem Sichtbaren verschmelzen. Ich befinde mich im Südwesten der USA, den Steppen Sibiriens oder der Wüste Gobi in der inneren Mongolei und die Sehnsucht nach diesen Orten macht sich in mir breit.
Die schweren, dunklen Ouds sind die Basis dieses lauten und unbequemen Duftes. Raffiniert ist die Beimengung von Zeder, Bergamotte, Zitrone und Ingwer, die aber nicht die Kraft haben, diese unerschütterliche Grundlage zu verändern. Sie ergänzen sie, in dem Sie einen scharfen Rauch generieren, wie man ihn von versotteten Kaminen her kennt.
Die Basis aus Amber, Sandelholz und Tolubalsam ist glücklicherweise angenehm schwach. Sie kappt nur die Spitzen dessen, was ansonsten zu laut verbrannt oder verglüht wäre. Darüber hinaus bewahren sie die von den potenten Ouds ausgehende Wärme, indem sie sie in ein trockenes Fell schlagen.
Durch das Guajakholz wird schlussendlich noch eine Schaufel feuchen Drecks bzw. Torfs ins Feuer geworfen. Die dadurch animalisch wirkenden Noten suggerieren das Vorhandensein von Zibet und Hyraceum.
Hans Georg Staudt hat einmal eine Geschichte zu einem Duft geschrieben, in der es um eine Figur geht, die monatelang durch den Orient und die Steppen Asiens zieht, um dabei Rohstoffe für seine Duftkreationen zu sammeln. Diese Figur erscheint vor meinem Auge, wenn ich dieses trockene, harsche und blumenlose Extrait genießen darf. Tagelang auf dem Rücken seines treuen Begleiters durch die trockene Steppe, nachts vorm Lagerfeuer und nur selten die Gelegenheit für eine ausgiebige Wäsche. Ich fühle mich an meine Reisen in die oben beschriebenen Gegenden zurückversetzt.
Vielen Dank für diese in Flaschen abgefüllten Erinnerungen und Sehnsüchte. Und danke, dass dem Meisterwerk Pallas nun die zweite Figur der Geschichte zur Seite gestellt wurde.
So riecht man, wenn man wochenlang in der Prärie umherzog und sich die Gerüche von Pferd, Leder, Lagerfeuer, Wüste, Holz und Harz in den Kleidern verfangen haben und die Patina aus diesen Gerüchen sich mit der Zeit in die Haut frisst.
Wer, wie ich es tue, der Natur in ihrer eher vegetationslosen, minimalistischen und niederschlagsarmen Form nahesteht, dem werden sich beim Genuss dieses Duftes entsprechende Bilder vor die Augen schieben. Die Schönheit einer "entkleideten", "ungarnierten" Landschaft, die die Sinne auf das Wesentliche reduziert und dadurch die Aufmerksamkeit wie einen Schirm aufspannen lässt. Der weitgehende Wegfall akustischer Reize lässt die Gerüche mit dem Sichtbaren verschmelzen. Ich befinde mich im Südwesten der USA, den Steppen Sibiriens oder der Wüste Gobi in der inneren Mongolei und die Sehnsucht nach diesen Orten macht sich in mir breit.
Die schweren, dunklen Ouds sind die Basis dieses lauten und unbequemen Duftes. Raffiniert ist die Beimengung von Zeder, Bergamotte, Zitrone und Ingwer, die aber nicht die Kraft haben, diese unerschütterliche Grundlage zu verändern. Sie ergänzen sie, in dem Sie einen scharfen Rauch generieren, wie man ihn von versotteten Kaminen her kennt.
Die Basis aus Amber, Sandelholz und Tolubalsam ist glücklicherweise angenehm schwach. Sie kappt nur die Spitzen dessen, was ansonsten zu laut verbrannt oder verglüht wäre. Darüber hinaus bewahren sie die von den potenten Ouds ausgehende Wärme, indem sie sie in ein trockenes Fell schlagen.
Durch das Guajakholz wird schlussendlich noch eine Schaufel feuchen Drecks bzw. Torfs ins Feuer geworfen. Die dadurch animalisch wirkenden Noten suggerieren das Vorhandensein von Zibet und Hyraceum.
Hans Georg Staudt hat einmal eine Geschichte zu einem Duft geschrieben, in der es um eine Figur geht, die monatelang durch den Orient und die Steppen Asiens zieht, um dabei Rohstoffe für seine Duftkreationen zu sammeln. Diese Figur erscheint vor meinem Auge, wenn ich dieses trockene, harsche und blumenlose Extrait genießen darf. Tagelang auf dem Rücken seines treuen Begleiters durch die trockene Steppe, nachts vorm Lagerfeuer und nur selten die Gelegenheit für eine ausgiebige Wäsche. Ich fühle mich an meine Reisen in die oben beschriebenen Gegenden zurückversetzt.
Vielen Dank für diese in Flaschen abgefüllten Erinnerungen und Sehnsüchte. Und danke, dass dem Meisterwerk Pallas nun die zweite Figur der Geschichte zur Seite gestellt wurde.
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