20.05.2019 - 02:58 Uhr
Maggy4u
293 Rezensionen
Maggy4u
Sehr hilfreiche Rezension
9
For Texas
Zur 2019er London Craft Week gab es nur drei Düfte, die mich aus der Jimmy Beaumont Perfume Collection tatsächlich gereizt haben. Da wäre Paul Schützes Duft zu nennen, der leider ein Unikat für eine Installation in der Lobby des Beaumont Hotels war. "The Great Gatsby" von Ormonde Jayne, den ich hier bereits besprechen konnte. (Hier finden sich auf mehr Informationen zur Idee hinter "Rebels and Rogues: Creating Bespoke Perfumes".)
Tja, und dann eben "The 300 Club" von Floris London, der Mary Louise "Texas" Guinan gewidmet wurde. Einer starken Frau, die in der Zeit der Prohibition sich nicht nur als Schauspielerin in Theater und Film einen Namen machte, sonder vor allem als die Königin der Nacht bekannt wurde.
Ihr 300 Club in New York war die Adresse für ausgelassenes Feiern - außerhalb der Legalität - mit allem, was dazu gehörte. Von Tänzerinnen - bis Alkohol. Sie begrüßte ihre gut betuchte, berühmte und ausgewählte Kundschaft mit ihrem zotigen "Hello Suckers" und erntete für ihre Toast und kurzen Reden tosenden Applaus und vor allem Respekt - in einer stark männlich dominierten Epoche. Was sich im Englischen hinter dem Credo und Club-Grundregel "speakeasy" versteckt - könnte man im Deutschen als "frei Schnauze" übersetzen. Es stand aber auch für eine vollständige Ablehnung staatlicher Zwänge. Sie ließ sich keine Vorschriften machen. Sagte frei heraus, was sie dachte und was ihr mißfiel. Lebte ihr Leben in vollen Zügen und starb zu früh, mit 49 Jahren. Eine Ikone ihrer Zeit - den "Roaring Twenties", aber vor allem auch eine starke Frau, die ihrer Zeit nicht nur in Fragen der Gleichberechtigung weit voraus war und auch heute noch - 100 Jahre später - keinesfalls in Vergessenheit geraten sollte.
Dafür sorgt Floris nun mit seinem Bespoke Duft - "The 300 Club" - zu Ehren Texas.
*
The 300 Club startet mit einer tiefwürzig-krautigen Stimmung. Diese liegt in einem sehr natürlichen Bereich von Basilikum, Muskatellersalbei und Oregano, etwas Nelke. Eine hautnahe Zitrone und etwas Wacholder steuern die notwendige Hesperiden zu, damit der Duft eine Chypre-DNA hat. Diese ist leicht düster, vielleicht einfach erwachsen und deutlich handwerklich durchdachter, als manche "Neo-Chypre" der heutigen Zeit. Natürlich ist die Duftrichtung Chypre eine, die mit dem größten Spielraum und damit mit steigender Komplexität, auch viel Raum zum Entdecken und Experimentieren läßt.
So wartet The 300 Club erst gar nicht mit einer wirklich wahrnehmbaren, dominanten Zitrik auf, sondern konzentriert sich voll auf seine Herz- und Basisnoten. Vielmehr noch, möchte ich diesem Duft unterstellen, eigentlich gar keinen Verlauf, gemäß einer Pyramide, zu besitzen, sondern gekonnt eine durchgängige Aura zu schaffen.
Dies gelingt vor allem durch den Lavendel, der eine Nuance von gutem Cologne und teurer Seife, ganz unterschwellige, einsteuert und mit der eher gedeckten Blüten, wie der oben erwähnten Nelke, harmonisch und herrlich unfloral wirkt.
Unter all diesem, sehr gereiften, Pour Homme-Akkorden, klingen dann noch sanfte Noten von Zeder und Wildleder, die erst im Verlauf ihre volle Schönheit ausspielen und nach ca. 3 Stunden wahrnehmbarer oder auch dominanter werden. Vor allem das Moos findet hier seinen Platz. Leichter Rauch rundet die Komposition ab.
"The 300 Club" ist ein dunkler, unzitrischer Chypre, der mit krautigen Akkorden eine bemerkenswerte Tragbarkeit und Gelassenheit mitbringt. Er wirkt stark und abgeklärt. Er ist in jedem Moment auf den Punkt und wirkt dabei wie ein Zeitreisender. Wie der Geist von Texas.
Aus den 20ern, in die 20er, diesen Jahrhunderts.
PS: Für Interessierte: Der Duft ist auf Bestellung bei Floris unter https://www.florislondon.com/en_eur/fragrance-customisation-refill-offer für 220€ / 100ml erhältlich. Dort einfach bei der Gift-Message: The 300 Club angeben. :)
Tja, und dann eben "The 300 Club" von Floris London, der Mary Louise "Texas" Guinan gewidmet wurde. Einer starken Frau, die in der Zeit der Prohibition sich nicht nur als Schauspielerin in Theater und Film einen Namen machte, sonder vor allem als die Königin der Nacht bekannt wurde.
Ihr 300 Club in New York war die Adresse für ausgelassenes Feiern - außerhalb der Legalität - mit allem, was dazu gehörte. Von Tänzerinnen - bis Alkohol. Sie begrüßte ihre gut betuchte, berühmte und ausgewählte Kundschaft mit ihrem zotigen "Hello Suckers" und erntete für ihre Toast und kurzen Reden tosenden Applaus und vor allem Respekt - in einer stark männlich dominierten Epoche. Was sich im Englischen hinter dem Credo und Club-Grundregel "speakeasy" versteckt - könnte man im Deutschen als "frei Schnauze" übersetzen. Es stand aber auch für eine vollständige Ablehnung staatlicher Zwänge. Sie ließ sich keine Vorschriften machen. Sagte frei heraus, was sie dachte und was ihr mißfiel. Lebte ihr Leben in vollen Zügen und starb zu früh, mit 49 Jahren. Eine Ikone ihrer Zeit - den "Roaring Twenties", aber vor allem auch eine starke Frau, die ihrer Zeit nicht nur in Fragen der Gleichberechtigung weit voraus war und auch heute noch - 100 Jahre später - keinesfalls in Vergessenheit geraten sollte.
Dafür sorgt Floris nun mit seinem Bespoke Duft - "The 300 Club" - zu Ehren Texas.
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The 300 Club startet mit einer tiefwürzig-krautigen Stimmung. Diese liegt in einem sehr natürlichen Bereich von Basilikum, Muskatellersalbei und Oregano, etwas Nelke. Eine hautnahe Zitrone und etwas Wacholder steuern die notwendige Hesperiden zu, damit der Duft eine Chypre-DNA hat. Diese ist leicht düster, vielleicht einfach erwachsen und deutlich handwerklich durchdachter, als manche "Neo-Chypre" der heutigen Zeit. Natürlich ist die Duftrichtung Chypre eine, die mit dem größten Spielraum und damit mit steigender Komplexität, auch viel Raum zum Entdecken und Experimentieren läßt.
So wartet The 300 Club erst gar nicht mit einer wirklich wahrnehmbaren, dominanten Zitrik auf, sondern konzentriert sich voll auf seine Herz- und Basisnoten. Vielmehr noch, möchte ich diesem Duft unterstellen, eigentlich gar keinen Verlauf, gemäß einer Pyramide, zu besitzen, sondern gekonnt eine durchgängige Aura zu schaffen.
Dies gelingt vor allem durch den Lavendel, der eine Nuance von gutem Cologne und teurer Seife, ganz unterschwellige, einsteuert und mit der eher gedeckten Blüten, wie der oben erwähnten Nelke, harmonisch und herrlich unfloral wirkt.
Unter all diesem, sehr gereiften, Pour Homme-Akkorden, klingen dann noch sanfte Noten von Zeder und Wildleder, die erst im Verlauf ihre volle Schönheit ausspielen und nach ca. 3 Stunden wahrnehmbarer oder auch dominanter werden. Vor allem das Moos findet hier seinen Platz. Leichter Rauch rundet die Komposition ab.
"The 300 Club" ist ein dunkler, unzitrischer Chypre, der mit krautigen Akkorden eine bemerkenswerte Tragbarkeit und Gelassenheit mitbringt. Er wirkt stark und abgeklärt. Er ist in jedem Moment auf den Punkt und wirkt dabei wie ein Zeitreisender. Wie der Geist von Texas.
Aus den 20ern, in die 20er, diesen Jahrhunderts.
PS: Für Interessierte: Der Duft ist auf Bestellung bei Floris unter https://www.florislondon.com/en_eur/fragrance-customisation-refill-offer für 220€ / 100ml erhältlich. Dort einfach bei der Gift-Message: The 300 Club angeben. :)
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